ZGR Nr. 29-30; 31-32/2006-2007 Partea III
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Ana-Stanca Tabarasi<br />
ungekünstelte und ungeometrische Landschaft beschrieben hatte 16 ; dadurch<br />
strebten sie eine Darstellung des Landschaftsgartens als wiederhergestelltes<br />
irdisches Paradies an.<br />
Diese englische Vorgeschichte der „Gartenrevolution“ war Brockes wohlbekannt. Die<br />
„Patriotische Gesellschaft“, die dieser zusammen mit Michael Richey und Johann<br />
Albert Fabricius 1723 gründete, gab 1724-1726 die moralische Wochenschrift Der<br />
Patriot heraus, die an der bürgerlichen Ethik der englischen Periodika anknüpfte.<br />
Während seiner Ausbildungsreise (1703/04) hatte Brockes selber geplant, in London,<br />
dessen Verfassung nach der Glorious Revolution mit der Idee der „Republik<br />
Hamburg“ überein zu stimmen schien, in Hofdienste zu treten. Er kannte Miltons<br />
Paradise lost (Teile davon sollte er später ins Deutsche übersetzen), die Naturgedichte<br />
Abraham Cowleys, möglicherweise auch Popes Windsor Forest. Später sollte er<br />
dessen Essay of Man (1740), Thomsons Seasons (1740-1745), einige Gedichte Addisons<br />
(1740) und Bruchstücke aus Shaftesburys Characteristicks of Men, Manners,<br />
Opinions, Times übersetzen und als Anhang seines Irdischen Vergnügens in Gott<br />
publizieren; kurzum, die wichtigsten Modelle der literarischen „Gartenrevolution“.<br />
Den Spectator besaß er in einer französischen Übersetzung. 17<br />
In der Einleitung zu Hrn. B.H. Brockes, ... Aus dem Englischen übersetzter Versuch<br />
vom Menschen, des Herrn Alexander Pope (1740) erwähnt Brockes’ Freund B.J.<br />
Zinck auch den Twickenhamer Garten, den Pope „mit mäßigen Kosten angeleget,<br />
den alle Kenner bewundern, und weit kostbareren Gärten vorziehn, welche mehr<br />
den Reichtum, als den guten Geschmack ihrer Besitzer oder Eigener bezeugen.“ 18 Es<br />
besteht daher kein Zweifel daran, dass auch Brockes von diesem berühmten Vorbild<br />
aller Landschaftsgärten wusste.<br />
In der moralischen Wochenschrift Der Patriot <strong>Nr</strong>. 26 (Donnerstag, den <strong>29</strong>. Junii,<br />
1724) beschreibt der fiktive Herausgeber den Garten seines Vetters Belander 19 , dessen<br />
Vorbild Brockes selbst gewesen zu sein scheint. Die Anlage steht in der<br />
Horazischen Tradition und erinnert durch ihre Einfachheit an einen frühen Landschaftsgarten<br />
(so wie ihn sich z.B. Addison vorstellte):<br />
270<br />
Ich fand überhaupt gantz nichts von kleinstädtischen Kostbahrkeiten und unnatürlichen<br />
Künsteleyen, wie ich wohl auff andern Gärten bemerckt hatte. Alles war ungezwungen,<br />
16 Vgl. Milton (1975), S. 84.<br />
17 Vgl. Zelle (1990), S. 2<strong>32</strong>.<br />
18 Pope (1740), S. [23].<br />
19 Wolfgang Martens weist darauf hin, dass diese Gartenbeschreibung zu Brockes’ Hamburger Garten<br />
„der Ross“ passt, und dass Brockes in der Hamburger „Teutsch-übenden Gesellschaft“ den Gesellschaftsnamen<br />
Belisander trug. Er vermutet auch, dass Brockes einer der Autoren dieser Gartenbeschreibung ist.<br />
Vgl. den Kommentar in Der Patriot (1970), Bd. 4, S. 117f.<br />
<strong>ZGR</strong> 1-2 (<strong>29</strong>-<strong>30</strong>) / <strong>2006</strong>, 1-2 (<strong>31</strong>-<strong>32</strong>) / <strong>2007</strong>