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ZGR Nr. 29-30; 31-32/2006-2007 Partea III

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Cornelia Eşianu<br />

Schiller Bezug zu nehmen. Wären sie für Schiller zu modern, ja postmodern, gewesen?<br />

Erst später, nach Schillers Tod, wird Schiller in Friedrich Schlegels Literaturgeschichte<br />

gewürdigt.<br />

Andererseits ist es nicht schwer sich vorzustellen, dass allgemein gesehen die Schlegelschen<br />

Schiller-Rezensionen von 1796-1797 für den Herausgeber der Horen unangenehme<br />

Sticheleien darstellten. Schlegels Ton mutet keck und belehrend an. Es<br />

drängt sich eine andere Lesart dieser Rezensionen auf: sie postmodern als eine Art<br />

von Graffitis oder Übermalungen des Bildes von Schiller zu betrachten.<br />

3. Ein weiteres Beispiel, welches als Veranschaulichung eines postmodernen Zugs an<br />

Schlegel gewählt wurde, bezieht sich auf Schlegels experimentellen Umgang mit Lessing<br />

als literarische Persönlichkeit. Durch die Art und Weise wie er es versteht, Lessings<br />

„Gedanken und Meinungen“ dem Lesepublikum in Form einer Anthologie zu<br />

vermitteln, hinterfragt Schlegel indirekt gängige Regeln und Möglichkeiten des Edierens<br />

eines bedeutenden Autors. Schlegels Lessing-Auswahl von 1804 ist der Versuch<br />

einer nicht orthodoxen Umgangsweise mit einem Schriftsteller und dessen<br />

Werk. Thomas Höhle spricht von Schlegels „herausgeberische(r) Willkür“ 25 und charakterisiert<br />

das dreibändige Werk als „eine Mischung aus Edition, Kommentar und<br />

Weiterdichtung“ 26 .<br />

Die Dimension des Fragmentarischen erscheint in diesem Werk nicht nur in der<br />

Form der Anthologie, die das Werk des edierten Autors zunächst verkürzt, sondern<br />

auch in der Wahl der jeweiligen für die Publikation gedachten Texte. Lessing selbst<br />

meldet sich zu Wort in den drei Bänden durch Bruchstücke aus Briefen, durch<br />

Fragmente dramaturgischen, literarischen und polemischen Inhalts. Auch werden<br />

nur einige Dichtungen von Lessing gewählt, wie die Erziehung des Menschengeschlechts,<br />

Ernst und Falk und Nathan der Weise im dritten Band der Auswahl.<br />

Lessing selbst stellte für Schlegel eine „fragmentarische Universalität“ dar. Er ist das<br />

Symbol einer „formlosen Form“. Nicht von ungefähr widmete ihm Schlegel schon in<br />

seinem Abschluß des Lessing-Aufsatzes (1801) unter dem Titel „Eisenfeile“ eine Auswahl<br />

von alten – sowohl Lyceums- als auch Athenäums-Fragmenten – und vier neu<br />

produzierten Fragmenten. Unter den neuen findet sich auch eines, das Lessing, und<br />

indirekt Schlegel, entspricht: nämlich das Thema der Kritik.<br />

Aber in der Lessing-Anthologie von 1804 wird Lessing von seinem Herausgeber<br />

Schlegel selbst inszeniert, es ist Schlegels Lessing. Doch nicht Lessing, wie man er-<br />

25 HÖHLE, in: Weimarer Beiträge (1977), S. 12.<br />

26 Ebd. S. 127.<br />

<strong>29</strong>0<br />

<strong>ZGR</strong> 1-2 (<strong>29</strong>-<strong>30</strong>) / <strong>2006</strong>, 1-2 (<strong>31</strong>-<strong>32</strong>) / <strong>2007</strong>

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