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Der Dritte Weg auf dem Prüfstand

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Günther Schanz<br />

Nun läuft dieser Kommentar keineswegs <strong>auf</strong> ein Plädoyer für den – wohlgemerkt:<br />

idealtypischen – Standpunkt der „Kulturingenieure“ hinaus. Die Vorstellung von<br />

einer weitestgehenden Mach- und Beherrschbarkeit von Unternehmenskulturen<br />

ist schlicht naiv und ignorant, denn sie übersieht die Bindungskraft von<br />

Traditionen, die prägende Wirkung der Geschichte (hier: von Sozialsystemen)<br />

also. Aber wir können es uns leisten, den Kulturingenieuren mit Gelassenheit zu<br />

begegnen, denn als Protagonisten radikaler und schneller Eingriffe in kulturelle<br />

Netzwerke müssen sie mit praktischer Erfolglosigkeit rechnen.<br />

Was nun könnte eine überzeugende Alternative zu den beiden Standpunkten sein?<br />

Sie muss irgendwo dazwischen liegen, darf aber natürlich keinen faulen Kompromiss<br />

darstellen. Es geht also weniger darum, den (berühmt-berüchtigten)<br />

„goldenen Mittelweg“ einzuschlagen, sondern eine realistische Perspektive<br />

bezüglich der Möglichkeiten <strong>auf</strong>zuzeigen, wie sich Unternehmenskulturen aktiv<br />

gestalten lassen.<br />

Dabei ist zunächst einmal der erwähnten Bindungskraft von Tradition und Geschichte<br />

Rechnung zu tragen. Ein schlagartiger Wandel wird sich daher zwar nicht<br />

herbeiführen lassen, Kurskorrekturen aber sehr wohl. Man hat sich also, mit<br />

anderen Worten, von der Vorstellung eines evolutionären Prozesses leiten zu<br />

lassen, und es steht durchaus nicht fest, dass dabei auch immer exakt das<br />

herauskommt, was ursprünglich angestrebt wurde. Wer mit Theorie und Praxis<br />

der Organisationsentwicklung vertraut ist, 21 wird gegen die hier vorgetragene<br />

Argumentation vermutlich wenig einzuwenden haben. Zu<strong>dem</strong> muss mit Widerständen<br />

gerechnet werden, denn Veränderungen ist nun einmal ein nicht zu<br />

unterschätzendes Bedrohungspotenzial inhärent. Immanuel Kant war gewiss nicht<br />

der erste, der dies wusste, aber er hat es klar ausgesprochen: „Alle Veränderung<br />

macht mich bange“ 22 schrieb er in einem Brief an einen Freund und verlieh damit<br />

einem (damals wie heute) weit verbreitetem Gefühl Ausdruck.<br />

Instrumente der Kulturentwicklung<br />

Damit stellt sich ganz zwanglos die Frage, mit Hilfe welcher Instrumente sich<br />

Unternehmenskulturen gestalten bzw. entwickeln lassen. Sie öffnet die Tür zu<br />

einem weiten Feld möglicher Interventionsstrategien und -maßnahmen, das hier<br />

allerdings nur exemplarisch skizziert werden kann.<br />

Obwohl man im ersten Moment vielleicht geneigt sein wird, zwischen „Kultur“<br />

(einem organisationalen „Softwarefaktor“) und „Struktur“ (tendenziell zur organisationalen<br />

„Hardware“ zählend) etwas ausgesprochen Gegensätzliches zu sehen,<br />

können strukturelle Regelungen durchaus in den Dienst der Kulturentwicklung<br />

21 Vgl. Schanz 1994 (Anm. 4), S. 382 ff.<br />

22 Zitiert nach Ch. Helferich, Geschichte der Philosophie, Stuttgart 1985, S. 185.

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