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Der Dritte Weg auf dem Prüfstand

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<strong>Dritte</strong>r <strong>Weg</strong> und Tarifvertrag<br />

unmittelbar aus <strong>dem</strong> Tarifvertragsgesetz ergeben würde. Offenbar fürchten sie<br />

jedoch, sich dadurch säkularen Einwirkungen <strong>auf</strong> ihr Selbstverständnis in<br />

Glaubens- und Gewissensfragen sowie ihre Kirchenautonomie auszusetzen mit<br />

der Folge, dass die kirchliche Dienstgemeinschaft gefährdet würde. Dass <strong>dem</strong><br />

indessen nicht so ist, zeigen bereits die zahlreichen bestehenden Tarifverträge mit<br />

Kirchen und ihren Einrichtungen. Denn sog. kirchengemäße Tarifverträge<br />

zeichnen sich gerade dadurch aus, dass sie das Kirchliche Proprium, die Dienstgemeinschaft,<br />

respektieren. Im übrigen sind sie nicht gezwungen Tarifregelungen<br />

zuzustimmen, die das nicht tun. Ihre Möglichkeit, <strong>auf</strong> den <strong>Dritte</strong>n <strong>Weg</strong> auszuweichen,<br />

bleibt ihnen sowohl kirchenrechtlich als auch verfassungsrechtlich (Art.<br />

140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV), d.h. durch säkulares Recht garantiert.<br />

Auch ihr Plädoyer für Mitbestimmung durch Tarifverträge im säkularen Bereich<br />

wäre glaubwürdiger, wenn sie sich in ihren eigenen Angelegenheiten dazu<br />

bekennen würden. Deshalb noch einmal: Warum dieser ganze rechtliche Aufwand<br />

um die normative Wirkung kirchlicher Arbeitsvertragsordnungen, wenn mit<br />

kirchengemäßen Tarifverträgen bei ungleich geringerem Aufwand das Gleiche zu<br />

erreichen wäre?<br />

Die Gründe sind relativ einfach: 46 Nur die normative Wirkung kirchlicher Arbeitsvertragsordnungen<br />

kann deren gleichmäßige Geltung für alle kirchlichen Arbeitsverhältnisse<br />

garantieren. Diese aber wiederum ist Voraussetzung für die Bewältigung<br />

des wirtschaftlichen und sozialen Strukturwandels, <strong>dem</strong> namentlich kirchliche<br />

Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens ausgesetzt sind. Andererseits<br />

ist die Furcht der Kirchen durchaus verständlich, der Abschluss von kirchengemäßen<br />

Tarifverträgen könnte den <strong>Dritte</strong>n <strong>Weg</strong> ein für alle Mal irreversibel<br />

versperren. Denn sie wissen aus eigener Erfahrung am besten, dass Glaubenswahrheiten<br />

für gläubige Menschen unverrückbare Gewissheiten darstellen, von<br />

Nicht- oder Andersgläubigen aber jederzeit in Frage gestellt werden können. Ob<br />

dies indessen tatsächlich so sein muss, ist zu prüfen. Zunächst aber zur Bedeutung<br />

der normativen Wirkung kirchlicher Arbeitsvertragsordnungen und dann erst zur<br />

Frage, wie den Kirchen und ihren Einrichtungen hinsichtlich der Bewahrung ihrer<br />

kirchlichen Eigenart auch durch Tarifverträge Gewissheit gegeben werden kann.<br />

Auch kirchliche Einrichtungen sind, zumal unter <strong>dem</strong> Diktat leerer Staatskassen,<br />

das die Kostenträger zu massiven Einsparungen zwingt, <strong>dem</strong> freien Wettbewerb<br />

ausgesetzt, der kirchliche wie säkulare Arbeitgeber zur „Tarifflucht“, in diesem<br />

Fall aus der Geltung kirchlicher Arbeitsvertragsordnungen, verleitet. Die damit<br />

verbundene Zersplitterung der Arbeitsbedingungen wirkt indessen nicht nur<br />

gegenüber der kirchlichen Dienstgemeinschaft, sondern auch gegenüber notwendigen<br />

Produktivitätssteigerungen durch Organisations-, Personal- und Kostenentwicklung<br />

kontraproduktiv. Nicht Sparen schlechthin, d.h. um jeden, auch den<br />

Preis von Personalabbau, Entgelt- oder Leistungskürzungen, ist angesagt, sondern<br />

46 Vgl. dazu auch o. Abschn. 1.<br />

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