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Der Dritte Weg auf dem Prüfstand

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sozialen Vernunft in den jeweiligen Arbeitsrechtlichen Kommissionen sind, deren<br />

Partizipationsprinzip sich angesichts der ökonomischen Lage zu bewähren hat.<br />

Dass der „<strong>Dritte</strong> <strong>Weg</strong>“ nicht notwendig in einer Abkehr vom allgemeinen Tarifvertragsrecht<br />

ausgestaltet werden muss, ist die Kernaussage von Ulrich Hammers<br />

Beitrag, der in Hildesheim Verfassungs-, Arbeits- und Sozialrecht lehrt. Nach<br />

seiner Darstellung stellt das Beharren <strong>auf</strong> einem eigenen kirchlichen Arbeitsrecht<br />

ein „permanentes Paradoxon“ dar, das beide großen Kirchen in Deutschland<br />

angesichts der gesellschaftlichen Verhältnisse nicht nur in Erklärungsnot bringt,<br />

sondern <strong>auf</strong>grund aktueller Wettbewerbserfordernisse auch dazu führt, das<br />

Qualitätsniveau kirchlicher Einrichtungen dauerhaft abzusenken. In seiner Kritik<br />

am „<strong>Dritte</strong>n <strong>Weg</strong>“ hebt Hammer hervor, dass dessen Charakter als Einzelvertragsrecht<br />

einseitig die Arbeitnehmerrechte schwächt, zumal in den Arbeitsrechtlichen<br />

Kommissionen höchstens von einer numerischen, nicht aber von einer<br />

materialen Parität die Rede sein kann. Deshalb stellt nach Hammer die<br />

Annäherung kirchlicher Arbeitsvertragsverordnungen an das Tarifvertragsrecht<br />

„eine unabdingbare betriebwirtschaftliche Notwendigkeit dar.“ Aber auch die das<br />

kirchliche Arbeitsrecht konstituierende Gemeinschaftsidee könne <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Weg</strong><br />

tarifvertraglicher Interessensregelung wirklichkeitsgerechter gestaltet werden als<br />

über eine alleinige Orientierung am Verfahrensmodus Arbeitsrechtlicher Kommissionen.<br />

Weil Hammer in der Trennung von kirchlichem und staatlichem<br />

Rechtskreis keine Bereichs-, sondern lediglich eine Funktionstrennung erblickt,<br />

erscheint deshalb ein integriertes Tarif- und Kommissionsmodell, dessen Grundlagen<br />

Hammer abschließend skizziert, sehr wohl möglich. Seine Umsetzung durch<br />

die Kirchen würde dokumentieren, „dass die Kirchen die Anerkennung der<br />

Gewerkschaften als unverzichtbare gesellschaftliche Kraft“ nicht nur im<br />

Gemeinsamen Sozialwort der Kirchen (1997) für die Allgemeinheit fordern,<br />

sondern auch für ihre eigene arbeitsrechtliche Praxis anerkennen.<br />

<strong>Der</strong> Begriff der „Dienstgemeinschaft“ ist mehr als ein arbeitsrechtlicher Terminus<br />

– eben darum kann er die Brücke schlagen zwischen einem theologischen und<br />

einem rechtlich-institutionellen Verständnis von Kirche. Weil „Dienstgemeinschaft“<br />

jedoch primär ein Begriff sozialer Verhältnisse ist, hängt seine Plausibilität<br />

vornehmlich an einer Wirklichkeit kirchlich-diakonischer Arbeitsbeziehungen,<br />

deren christlicher Gemeinschaftscharakter auch erfahrbar sein muss. Aus der Sicht<br />

unterschiedlicher Praxisperspektiven in kirchlichen Leitungsorganen und<br />

Einrichtungen in Niedersachsen diskutieren Manfred Freyermuth, Peter Fündeling und<br />

Lothar Stempin die Frage, inwiefern die Rede von einer „Dienstgemeinschaft“ als<br />

Ausdruck des kirchlichen Propriums diakonischer Arbeit noch geeignet ist,<br />

aktuelle Konflikte bei der Gestaltung von Arbeitsverhältnissen zu moderieren.<br />

Dabei zeigt sich u.a., dass die Frage nach der Ersetzung des Begriffs der<br />

„Dienstgemeinschaft“ durch die gesellschaftlich eingeübte Formel der<br />

„Solidarität“ nicht einfach nur ein Streit um Worte ist, sondern in das Zentrum<br />

des Problems christlicher Identität diakonischen Handelns führt. Konkret: Ist<br />

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