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Das nördliche Torgebäude<br />
(Jastrow, Bildermappe zur Religion<br />
Babyloniens und Assyriens,<br />
Taf. 15 No. 52) und hat sich<br />
Jahrtausende hindurch fast unverändert<br />
erhalten. Das kann<br />
man von den phantastischer gestalteten<br />
Mischbildungen der<br />
babylonisch- assyrischen Kunst<br />
nicht sagen. Diese, der geflügelte<br />
Stier mit Menschenkopf<br />
und ähnliche, sind zudem nicht<br />
lebensfähig, während die Haupteigenschaften<br />
unseres, auf den<br />
ersten Blick allerdings ebenfalls<br />
phantastisch anmutenden Tieres Abb. 30. Der unterste Drache an der Südwand des Nordtores links.<br />
mit denjenigen einiger vorweltlicher Saurier ihrem Charakter nach derart übereinstimmen, daß<br />
man diesem Kunstgebilde die ihm innewohnende Lebensfähigkeit nicht absprechen kann. Das<br />
Schuppenkleid schließt das gleichzeitige Vorkommen von Haaren nicht aus. Triceratops serratus<br />
(Stromer v. Reichenbach, Paläozoologie II Fig. 90) hatte zwei knöcherne Hörner auf dem Stirnbein<br />
und nach hinten verlängerte und nach oben aufgebogene Parietalia. Den kleinen Kopf,<br />
den langen Hals, den langen Schwanz und namentlich die ausgesprochene Differenzierung der<br />
Vorder- und Hinterextremitäten hat unser Drache mit vielen Dinosauriern gemein (Brontosaurus<br />
excelsus, a. a. O. Fig. 88, Allosaurus fragilis: Fig. 87). Den vierzehigen Vogelfuß, mit drei Zehen<br />
nach vorn und einer nach rückwärts, finden wir bei Anchisaurus dananus und Anch. colurus<br />
(a. a. O. Fig. I 7). Iguanodon bernissartensis (a. a. O. Fig. I 9) zeigt deutlich die Vogelklauen<br />
der Hinterfüße bei quadrupedoidem Tarsalgelenk und die fünffingrigen Vordertatzen.<br />
Wenn man eine Bildung wie die unseres Sirrusch in natura fände, würde man sie der Ordnung<br />
der Dinosaurier, und zwar deren Unterordnung der Ornithopoden zuzählen müssen. Der<br />
Iguanodon aus der belgischen Kreide ist der nächste Verwandte des Drachen von Babylon.<br />
Über den eigenartigen Reliefstil, der gegenüber den meist flächigen assyrischen Reliefs<br />
als ein im wesentlichen glyptischer zu bezeichnen ist, habe ich mich im Wiedererstehenden<br />
Babylon S. 29 bereits geäußert.<br />
Jeder Stein der emaillierten Darstellungen ist auf der Oberfläche durch, in schlechter farbloser<br />
Glasur hergestellte Zeichen markiert. Das System ist, soweit es sich während der<br />
Auffindung der Bruchstücke erkennen ließ, ähnlich dem bei den Ornamenten vom Thronsaal<br />
der Südburg verwendeten (vgl. Das wiedererstehende Babylon, S. Io5).<br />
Wie viel Reihen reliefierter Darstellungen übereinander am Tor angebracht waren, wird<br />
sich erst beurteilen lassen, wenn die Reliefs wieder zusammengesetzt sind. Auf der Ruine<br />
haben die Grabungen 1oooo Bruchstücke emaillierter Ziegel zutage gefördert. Es ist aber<br />
außerdem bei den im Jahre 19I3-19I4 vorgenommenen abschließenden Ausgrabungen der<br />
Prozessionsstraße noch eine Anzahl von Bruchstücken gefunden, die ebenfalls den Stieren und<br />
Drachen angehören.<br />
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