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Baugeschichtc<br />
gewesen zu sein, wenigstens habe ich keinerlei Farbenreste oder -spuren darauf feststellen<br />
können. Die nun eintretende Änderung der Technik machte die Farbengebung auch überflüssig.<br />
Nur diese eine Reihe - eine Stierreihe -- ist in der beschriebenen Weise ausgeführt.<br />
Die Reihe unmittelbar darüber zeigt eine Reihe Stiere in flacher Emaille<br />
Was zu dieser Änderung der Technik während der Bauausführung Veranlassung gegeben<br />
hat, können wir nur vermuten. Das Vertrauen zur Haltbarkeit des Farbenauftrags<br />
auf den Ziegelreliefs kann nicht groß gewesen sein. Die Flachemaille war zu Nebukadnezars<br />
Zeit zwar nichts Neues. Wir haben ältere Arbeiten dieser Art in Assur gefunden, und Sargon<br />
(722-705) hat sie in Khorsabad reichlich verwendet. Dabei hätte man auf das Relief verzichten<br />
müssen, denn es ist nicht so ganz einfach, ein Herabfließen der schmelzenden Farbe von<br />
den erhabeneren Teilen eines Reliefs zu vermeiden. Das gelang erst beim weiteren Fortschreiten<br />
des Ischtar-Tor-Baues. Die älteren Arbeiten scheinen auch nicht sehr haltbar gewesen sein. I)ie<br />
Emaille ist bei diesen Produkten in ausgedehntem Maße abgesplittert. Die Anwendung einer<br />
solchen mäßigen und wenig monumentalen Technik muß daher für unseren Bau nicht besonders<br />
rätlich erschienen sein. Dagegen kommt ein Abspringen der Emaille bei Nebukadnezar<br />
kaum vor. Ich möchte daher annehmen, daß gerade zu der Zeit, von der wir eben<br />
sprechen, also um 580 v. Chr., die Glasschmelzer Nebukadnezars ein neues Verfahren gefunden<br />
hatten, welches die Brillanz der Glasfarben mit einer Haltbarkeit vereinigte, die man bis dahin<br />
nicht gekannt hatte. So fiel das Relief zugunsten der strahlenden Farbe auf der Fläche.<br />
Ausgeführt in farbiger Fläche ist wahrscheinlich nur eine Stierreihe und eine I)rachenreihe.<br />
Sie wirkten großartig - noch in den Resten, die sich iiber 2o00 Jahre an Ort und<br />
Stelle erhalten hatten. Es muß sich indessen doch bald herausgestellt haben, daß diese<br />
glänzenden Farben mit dem unterhalb befindlichen Rohbau, auch wenn er bemalt gewesen wäre,<br />
nicht übereinstimmen wollten. Man mußte sich für das eine oder für das andere entscheiden.<br />
Daher verschwanden die geraspelten Stiere. Sie wurden mit einer Gipsschicht überzogen,<br />
sodaß nunmehr die emaillierte Wand auf einen blendend weißen Sockel zu stehen kam, der<br />
die Farbenwirkung zweifellos in eindrucksvollster Weise hob.<br />
Es ist nicht wahrscheinlich, daß der Bau in der alten Rohbautechnik einmal höher als<br />
die noch erhaltene Stierreihe hinauf ausgeführt und dann etwa danach wieder abgerissen worden<br />
wäre, um durch die Emailtechnik ersetzt zu werden. In solchem Falle hätte man wohl auch die<br />
unterste Stierreihe nicht bestehen lassen. Es wird sich vielmehr um eine Änderung der Technik<br />
während der Bauausführung handeln.<br />
Ungefähr in dieselbe Zeit, wohl nicht viel später - genauere Zahlen lassen sich bei diesen<br />
relativen Zeitbestimmungen unmöglich geben -, fällt die Elrrichtung der zweiten Kaimauer,<br />
welche Nebukadnezar in geringer Intfernung von der vorigen erbaute. Auch sie (endigt in zwei<br />
an die älteren sich unmittelbar anschmiegenden Bastionen an der Straße. Sie setzte sich östlich in<br />
der Ebene nur eine geringe Strecke, an der zwei stark vortretende Türme liegen, fort und bricht<br />
hier glatt ab. Auf der anderen Seite endigt sie wiederum in einer starken Bastion, an welche die<br />
nach Süden streichende Euphrat-Kaimauer ansetzt. Diese Vormauer einschließlich ihrer Bastionen<br />
muß, wenigstens eine Zeitlang, mit der älteren gleichzeitig in Gebrauch gewesen sein.<br />
Eine ziemlich beträchtliche Veränderung im westlichen und nördlichen Vorgelände der Südburg<br />
brachte die um diese Zeit stattfindende Errichtung des großen Kastells westlich der Südburg<br />
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