Protokoll der 8. Sitzung - Evangelische Landeskirche in Württemberg
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13. <strong>Evangelische</strong> Landessynode <strong>8.</strong> <strong>Sitzung</strong> 2<strong>8.</strong> November 2002 305<br />
(Stellv. Präsident<strong>in</strong> Knodel)<br />
Wir können sofort <strong>in</strong> die zweite Lesung e<strong>in</strong>treten: „Kirchliches<br />
Gesetz zur Vere<strong>in</strong>barung zur Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>barung<br />
zwischen <strong>der</strong> <strong>Evangelische</strong>n <strong>Landeskirche</strong> <strong>in</strong> <strong>Württemberg</strong><br />
und dem Diakonischen Werk <strong>der</strong> evangelischen<br />
Kirche <strong>in</strong> <strong>Württemberg</strong> e.V. vom 2<strong>8.</strong> November 2002.“ „Die<br />
Landessynode hat das folgende kirchliche Gesetz<br />
beschlossen, das hiermit verkündet wird:“ mit Artikel 1, bei<br />
dem Sie bitte das Datum e<strong>in</strong>setzen mögen: vom 29. Oktober<br />
und 11. November 2002“. Ich erbitte Ihre Zustimmung<br />
zu diesem Gesetz mit den Artikeln 1 und 2. – Damit ist das<br />
Gesetz so beschlossen. Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen?<br />
– Zwei Enthaltungen. Dann ist das Gesetz mit<br />
zwei Enthaltungen so beschlossen.<br />
Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 12: Gesetz zur<br />
Än<strong>der</strong>ung des Kirchlichen Gesetzes zur Erprobung <strong>der</strong><br />
Bildung zweier Dekanatsbezirke <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kirchenbezirk.<br />
Der Oberkirchenrat hat dem Ständigen Ausschuss dieses<br />
Gesetz gemäß § 29 <strong>der</strong> Kirchenverfassung schon vorgelegt,<br />
weil es um e<strong>in</strong>e eilige Entscheidung g<strong>in</strong>g. Der Ständige<br />
Ausschuss hat <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er <strong>Sitzung</strong> am 17. September<br />
2002 darüber beraten und dieses Gesetz e<strong>in</strong>stimmig verabschiedet.<br />
Es wird jetzt <strong>der</strong> Synode vorgelegt, damit diese<br />
das Gesetz bestätigt.<br />
Ich bitte den Berichterstatter aus dem Ständigen Ausschuss,<br />
den Synodalen Schubert.<br />
Schubert, Gerhard: Frau Präsident<strong>in</strong>, liebe Synodale!<br />
Auf se<strong>in</strong>er <strong>Sitzung</strong> am 17. September 2002 hat <strong>der</strong> Ständige<br />
Ausschuss als Tagesordnungspunkt 1 e<strong>in</strong>e Anordnung<br />
gemäß § 29 <strong>der</strong> Kirchenverfassung e<strong>in</strong>stimmig beschlossen.<br />
Geän<strong>der</strong>t wurde damit das Gesetz zur Erprobung <strong>der</strong><br />
Bildung zweier Dekanatsbezirke <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kirchenbezirk.<br />
Konkret geht es dabei um den Kirchenbezirk Ravensburg,<br />
dem die Möglichkeit gegeben werden soll, die Erfahrungen<br />
aus <strong>der</strong> Erprobungsphase nun möglichst zügig<br />
umzusetzen. Zu den E<strong>in</strong>zelheiten verweise ich auch auf die<br />
schriftliche Begründung, die Ihnen zugegangen ist. Für den<br />
Kirchenbezirk Ravensburg wird mit dieser Regelung vorweggenommen,<br />
was die bei <strong>der</strong> Sommersynode e<strong>in</strong>gebrachte<br />
Vorlage des Oberkirchenrats zur Regelung <strong>der</strong><br />
Stellvertretung im Dekanatamt auch für an<strong>der</strong>e Kirchenbezirke<br />
<strong>in</strong> Zukunft vorsieht.<br />
Inhaltlich geht es dabei <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie darum, dass nicht<br />
mehr zwei abgegrenzte Dekanatsbezirke <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es<br />
Kirchenbezirks gebildet werden, son<strong>der</strong>n dass die Aufgaben<br />
funktional durch e<strong>in</strong>e Geschäftsordnung zwischen den<br />
Dekanen aufgeteilt werden sollen. Die betroffenen Stellen<strong>in</strong>haber<br />
s<strong>in</strong>d mit dieser Regelung e<strong>in</strong>verstanden. Die<br />
Bezirksynode <strong>in</strong> Ravensburg hat sie am 6. Juli zustimmend<br />
zur Kenntnis genommen.<br />
Der Rechtsausschuss hat sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er <strong>Sitzung</strong> am<br />
30. September 2002 mit diesem Gesetz beschäftigt. Der<br />
Vorsitzende des Rechtsausschusses hat mich beauftragt,<br />
Ihnen mitzuteilen, dass <strong>der</strong> Rechtsausschuss dieser<br />
Anordnung bzw. diesem geän<strong>der</strong>ten Gesetz nach Inhalt<br />
und Verfahren zustimmt. Ich bitte nun im Namen des Ständigen<br />
Ausschusses die Synode, ebenfalls diesen<br />
Beschluss des Ständigen Ausschusses zu bestätigen. Vielen<br />
Dank.<br />
Stellv. Präsident<strong>in</strong> Knodel: Vielen Dank für den Bericht<br />
aus dem Ständigen Ausschuss.<br />
Dann frage ich nach Wortmeldungen zu diesem Gesetz.<br />
– Ich sehe ke<strong>in</strong>e Wortmeldungen und erbitte aus diesem<br />
Grund die Zustimmung <strong>der</strong> Synode zur Entscheidung des<br />
Ständigen Ausschusses. Wer kann <strong>der</strong> Entscheidung des<br />
Ständigen Ausschusses, so wie sie vorgetragen wurde,<br />
zustimmen? – Das ist e<strong>in</strong>e große Mehrheit. Gibt es Gegenstimmen?<br />
– Enthaltungen? – E<strong>in</strong>e Enthaltung. Dann ist die<br />
Entscheidung des Ständigen Ausschusses mit e<strong>in</strong>er Enthaltung<br />
so bestätigt.<br />
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf: Zwangsarbeiter<br />
<strong>in</strong> Kirche und Diakonie. Wir haben darüber im<br />
Bischofsbericht schon gehört und auch immer wie<strong>der</strong> gesehen<br />
und gelesen, dass <strong>in</strong> vergangener Zeit E<strong>in</strong>ladungen<br />
stattgefunden haben. Der Herr Landesbischof hat <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Synode am 4. Juli im Bischofsbericht darauf h<strong>in</strong>gewiesen,<br />
dass auch Kirche und Diakonie während <strong>der</strong> Zeit des<br />
Nationalsozialismus Zwangsarbeiter<strong>in</strong>nen und Zwangsarbeiter<br />
beschäftigt hatten. Diese kamen überwiegend aus<br />
Osteuropa. <strong>Landeskirche</strong> und Diakonie haben sich nach<br />
den Beschlüssen <strong>der</strong> Kirchenkonferenz <strong>der</strong> EKD und des<br />
F<strong>in</strong>anzbeirats am Entschädigungsfonds <strong>der</strong> deutschen<br />
Wirtschaft beteiligt, mit <strong>in</strong>sgesamt rund 600000 Euro. Um<br />
die Geschichte <strong>der</strong> Zwangsarbeiter <strong>in</strong> Kirche und Diakonie<br />
zu untersuchen, wurde e<strong>in</strong>e Kommission e<strong>in</strong>gesetzt aus<br />
Vertretern des Diakonischen Werks <strong>der</strong> <strong>Landeskirche</strong>.<br />
Diese Kommission berichtet uns heute, und ich darf Herrn<br />
Oberkirchenrat Timm bitten, den Bericht zu geben.<br />
Oberkirchenrat Timm: Frau Präsident<strong>in</strong>, liebe Synodale!<br />
Sie erhalten zwei Papiere, zum e<strong>in</strong>en den Bericht <strong>der</strong> Kommission<br />
und zum an<strong>der</strong>en e<strong>in</strong>en Anhang mit Daten, Zahlen<br />
und Fakten für Ihre Handakte, wenn Sie <strong>in</strong> den Kirchenbezirkssynoden<br />
gefragt werden, wenn Sie Zahlen benötigen.<br />
Ich lese heute <strong>in</strong> <strong>der</strong> „Stuttgarter Zeitung“, dass die Firma<br />
Bosch die erste ehemalige Zwangsarbeiter<strong>in</strong> e<strong>in</strong>geladen<br />
hat, und das wird als „Ereignis“ gefeiert. Vor zweie<strong>in</strong>halb<br />
Jahren, am 19. Mai 2000 – ich überspr<strong>in</strong>ge e<strong>in</strong>iges aus<br />
me<strong>in</strong>em Bericht – haben wir als Diakonie <strong>Württemberg</strong> als<br />
bundesweit erster Landesverband <strong>der</strong> Öffentlichkeit mitgeteilt,<br />
dass auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Diakonie <strong>in</strong> <strong>Württemberg</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit<br />
des Nationalsozialismus Männer und Frauen als Zwangsarbeiter<strong>in</strong>nnen<br />
und Zwangsarbeiter hier beschäftigt waren.<br />
Nach über fünfzig Jahren haben wir uns also diesem traurigen<br />
Teil unserer Geschichte gestellt.<br />
Wir waren und s<strong>in</strong>d uns im Klaren darüber, dass wir<br />
durch die Teilnahme am Zwangswirtschaftssystem des<br />
Nationalsozialismus schuldig geworden s<strong>in</strong>d. Kurz davor,<br />
im Jahr 1999, als wir von dieser Art Verstrickung nur etwas<br />
ahnten, aber noch nicht so <strong>in</strong>tensiv etwas wussten, haben<br />
wir <strong>in</strong> unserem Leitbild <strong>der</strong> Diakonie formuliert, dass wir<br />
durch Selbstgenügsamkeit und stummes Wegschauen bei<br />
staatlichem Machtmissbrauch schuldig geworden s<strong>in</strong>d.<br />
Diese bittere Erfahrung <strong>der</strong> Schuldverstrickung war und ist<br />
für die Diakonie immer wie<strong>der</strong> Ansporn, e<strong>in</strong>en Neubeg<strong>in</strong>n<br />
zu wagen und sich bewusst auch politisch für Ausgegrenzte<br />
und Hilfebedürftige e<strong>in</strong>zusetzen. Daher war es für uns<br />
e<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit, uns <strong>der</strong> Geschichte zu stellen.<br />
Zusammen – die Frau Präsident<strong>in</strong> hat es bereits gesagt<br />
– haben wir uns dann überlegt, wie wir weiter mit dieser<br />
Erkenntnis umgehen sollten. Denn dass auch die Kirche