Vollversion (6.59 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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20 FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 9, HEFT 4. 1996<br />
der Umweltbewegung sehr stark die einschlägigen<br />
Fachwissenschaften beteiligt. 2<br />
Zum anderen<br />
wird im Zuge staatlicher Umweltpolitik<br />
der Zustand der Umwelt beeinflußt, der<br />
wiederum den Ausgangspunkt neuer Deutungen<br />
und eventuell auch Mobilisierungen der<br />
Umweltbewegung bildet. Damit schließt sich<br />
der zentrale Wirkungskreislauf, der in der Abbildung<br />
durch die fett markierten Pfeile gekennzeichnet<br />
ist.<br />
Im Zentrum der Modellüberlegungen steht<br />
somit eine dominante Kausalkette. Sie nimmt<br />
von Umweltproblemen, welche von Umweltbewegungen<br />
thematisiert werden, ihren Ausgang,<br />
um über drei vermittelnde Faktoren auf<br />
staatliche Umweltpolitik einzuwirken, welche<br />
ihrerseits den Hauptfaktor 3<br />
zur Veränderung<br />
von Umweltproblemen bildet. Da kein enger<br />
Zusammenhang zwischen dem objektiven<br />
Ausmaß des Problems (hier Umweltprobleme)<br />
und der Bewegungsmobilisierung (hier:<br />
Umweltbewegung) zu vermuten ist, wie die<br />
Bewegungsforschung immer wieder gezeigt<br />
hat, können wir bei der Bewegungsmobilisierung<br />
ansetzen. In Hypothesenform läßt<br />
sich die der erwartete Zusammenhang folgendermaßen<br />
formulieren: Je stärker der Druck<br />
der Umweltbewegung, desto stärker fällt die<br />
Unterstützung von Umweltanliegen durch öffentliche<br />
Meinung, individuelle Einstellungen/<br />
Verhaltensweisen und grüne Parteien (bzw.<br />
deren Substitute) aus und desto eher wird<br />
staatliche Umweltpolitik Maßnahmen zum<br />
Schutz der Umwelt ergreifen, die den materiellen<br />
Zustand der Umwelt positiv beeinflussen.<br />
Daß diese Hypothese nicht ganz trivial<br />
ist, wird daraus ersichtlich, daß der behauptete<br />
Zusammenhang unter bestimmen Randbedingungen<br />
empirisch weit komplexer, vielleicht<br />
sogar gegenläufig ausfallen kann. Zum<br />
ersten vermag öffentliche Meinung, wie bereits<br />
oben angedeutet, den Druck sozialer <strong>Bewegungen</strong><br />
auch abzuschwächen oder gar zu<br />
konterkarieren, sofern beispielsweise die Forderungen<br />
als zu radikal erscheinen oder von<br />
deren Erfüllung negative Folgewirkungen auf<br />
andere zentrale Politikfelder befürchtet werden.<br />
Zum zweiten ist denkbar, daß eine starke<br />
grüne Partei bewegungsförmige Mobilisierung<br />
untergräbt, weil viele potentielle Bewegungsanhänger<br />
dadurch glauben, ihre Interessen<br />
würden ohnehin wirksam vertreten.<br />
Zum dritten ist nicht auszuschließen, daß<br />
staatliche Umweltpolitik der Einsicht vieler<br />
Bürger zeitlich und sachlich vorauseilt. So<br />
ist daran zu erinnern, daß im Rahmen der Vereinten<br />
Nationen bereits Anfang der 1970er<br />
Jahre für einschneidende Maßnahmen zum<br />
Schutze der Umwelt plädiert wurde, ohne daß<br />
bereits in vielen Ländern vitale Umweltbewegungen<br />
existiert hätten.<br />
3.2 Operationalisierungsmöglichkeiten<br />
und Datenlage<br />
Zu den bereits benannten Problemen der Wirkungsanalyse<br />
gesellt sich die Schwierigkeit,<br />
den Druck von Umweltbewegungen und das<br />
Ausmaß der Responsivität staatlicher Umweltpolitik<br />
zu bestimmen. Die nachfolgenden<br />
Vorschläge sind nicht schon im einzelnen daraufhin<br />
kalkuliert, welche Daten verfügbar sind<br />
bzw. welche Messsungen unter pragmatischen<br />
Gesichtspunkte besonders einfach sind, sondern<br />
markieren zunächst einen Anspruchshorizont.<br />
3.2.1 Druck von Umweltbewegungen<br />
Der von Umweltbewegungen ausgehende<br />
Druck setzt sich aus dem Umfang und der<br />
Intensität umweltbewegter Mobilisierung zusammen.<br />
Beide Faktoren können im Prinzip<br />
mit den Mitteln der Protestereignisforschung<br />
gemessen werden. Hierbei kann bislang nur<br />
auf eine breit angelegte vergleichende Erhebung<br />
zurückgegriffen werden (Kriesi et al.