Vollversion (6.59 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 9, HEFT 4, 1996 29<br />
des' diese Konsolidierungsprozesse beinhalten.<br />
Der vorliegende Artikel widmet sich Umweltverbänden<br />
und versucht zu klären, inwiefern<br />
sie sich an den Funktionen (Allokation<br />
von Ressourcen, konzertierte Abstimmung<br />
tragfähiger Politiken und Sicherung gesellschaftlicher<br />
Akzeptanz) und Arbeitsformen<br />
(Lobbying, PR, Networking) von Interessenverbänden<br />
strategisch ausrichten. Es läßt sich<br />
dann klarer bestimmen, ob ihnen dieser Schuh<br />
paßt und ob eine Bewegungskomponente als<br />
konstitutives Element ihrer Arbeit und ihres<br />
Selbstverständnisses (noch) auszumachen ist.<br />
So geht es im folgenden weniger um eine Bewertung<br />
der Entwicklungsdynamik der Ökologiebewegung<br />
als vielmehr um einen augenfälligen<br />
Aspekt, der sich am besten durch eine<br />
nähere Beschäftigung mit Umweltverbänden,<br />
ihren Organisations- und Aktionsformen, ihrer<br />
Rolle und Position im Politikprozeß herausarbeiten<br />
läßt, und dies am Beispiel der Luftreinhaitepolitik<br />
im Ländervergleich von BRD,<br />
Frankreich, Großbritannien und den USA.<br />
2 Pol iti kprozesse und Verbandsarbeit<br />
Entsprechend der theoretischen Debatte innerhalb<br />
der sozialen Bewegungsforschung<br />
lassen sich drei verschiedene Faktorensets<br />
nennen, die diese Institutionalisierung und<br />
Professionalisierung sozialer <strong>Bewegungen</strong><br />
vorantreiben. Erstens resultieren diese Tendenzen<br />
aus der Entwicklungsdynamik der<br />
Ressourcenmobilisierung selbst. Innerhalb<br />
sozialer Bewegungsindustrien (Zald/McCarthy<br />
1987) gilt ein kompetitiver Überlebenskampf.<br />
Dabei entscheiden nicht nur die Inhalte<br />
und Ziele über den Bestand bestimmter<br />
Organisationen und dem Verfall anderer, denn,<br />
so wird argumentiert, "organizational maintenance"<br />
wird zu einem Selbstzweck und zu<br />
einer Aufgabe rationaler Planung. Insofern<br />
sind auch die richtigen Organisationsstrukturen,<br />
Mobilisierungs- und Managementkom<br />
petenzen von Bedeutung, die eine 'rationalutilitaristische'<br />
Grundlage der Professionalisierung<br />
und Institutionalisierung sozialer <strong>Bewegungen</strong><br />
schaffen. Zweitens bedingen "politische<br />
Gelegenheitsstrukturen" (Tarrow<br />
1991) das Ausmaß und die Form der Institutionalisierung<br />
und Professionalisierung sozialer<br />
<strong>Bewegungen</strong>, denn sie stecken ab, welche<br />
Formen der politischen Repräsentation und<br />
Interessenvertretung, welche Organisationsund<br />
Aktionsformen, welche professionellen<br />
Fertigkeiten und Zirkel überhaupt realisierbar<br />
und erfolgreich sind. Institutionalisierung<br />
und Professionalisierung ist demnach eine<br />
Frage der strategischen Anpassung an kompetitive<br />
Märkte einerseits, an politische Gelegenheitsstrukturen<br />
andererseits. Diese Strategien<br />
werden drittens durch die Identitäten<br />
und Diskurse der sozialen <strong>Bewegungen</strong> vermittelt,<br />
wodurch 'realistische' Strategiediskussionen<br />
stets unter dem Aspekt 'moralischer'<br />
Legitimitätsdiskurse stattfinden. Formen und<br />
Möglichkeiten der Institutionalisierung und<br />
Professionalisierung sozialer <strong>Bewegungen</strong><br />
werden innerhalb dieser (spannungsreichen)<br />
Faktoren festgelegt; denn was von Mobilisierungsgesichtspunkten<br />
aus sinnvoll wäre,<br />
muß nicht innerhalb der politischen Gelegenheitsstrukturen<br />
möglich bzw. vom Standpunkt<br />
der Bewegungsprogramme und -identitäten<br />
denkbar oder wünschbar sein.<br />
Umweltverbände orientieren sich an den<br />
Funktionen und Arbeitsformen 'intermediärer<br />
Instanzen' (strategisch) und passen sich<br />
an diese an, wodurch eine bevorzugte Berücksichtigung<br />
politischer Gelegenheitsstrukturen<br />
unverzichtbar sein wird. Allerdings wird<br />
die Institutionalisierungs- und Professionalisierungsannahme<br />
nur bruckstückhaft erfaßt,<br />
wenn in der üblichen Konzeptionierung von<br />
Gelegenheits- oder Chancenstrukturen verfahren<br />
wird. Gegen die allzu starke Ausrichtung<br />
an Staatlichkeit (Tarrow 1996) läßt sich dann