Vollversion (6.59 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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das auch von Politikern nicht länger<br />
übersehen werden konnte.<br />
Selten zuvor hat eine Konferenz<br />
so große Beachtung in der Öffentlichkeit<br />
gefunden, wie der<br />
'Weltkongreß gegen kommerzielle<br />
sexuelle Ausbeutung von<br />
Kindern'. Vom 27. bis 31. August<br />
1996 trafen sich in Stockholm<br />
1.200 Expertinnen, Vertreterinnen<br />
internationaler Nicht-Regierungsorganisationen<br />
(NRO),<br />
UN-Unterorganisationen und<br />
Regierungsvertreterinnen aus<br />
über 120 Ländern, um über Maßnahmen<br />
zum Schutz von Kindern<br />
vor sexueller Ausbeutung zu<br />
beraten.<br />
Bereits im Vorfeld des Weltkongresses<br />
haben die Medien großes<br />
Interesse am Thema gezeigt.<br />
Zum absoluten Medienereignis<br />
wurde die Konferenz aber, als<br />
Meldungen über die Verbrechen<br />
an Kindern in Belgien und die<br />
Verhaftung von Marc Dutroux<br />
bekannt wurden. Plötzlich war<br />
das Thema in allen Nachrichtensendungen<br />
und Tageszeitungen<br />
präsent, diskutierten Experten -<br />
und solche, die sich dafür halten<br />
- das Thema des sexuellen<br />
Mißbrauchs von Kindern. Für die<br />
Nicht-Regierungsorganisationen<br />
war mit dem Beginn des Weltkongresses<br />
ein wichtiges Etappenziel<br />
ihrer Arbeit erreicht. Es<br />
waren insbesondere NRO, die<br />
das Thema der sexuellen Ausbeutung<br />
von Kindern, der Kinderprostitution<br />
und des Sextourismus<br />
einer breiten Öffentlichkeit<br />
bekannt gemacht haben. Organisatoren<br />
des 'Ersten Weltkongresses<br />
gegen kommerzielle se<br />
FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 9, Hrrr 4. 1996<br />
xuelle Ausbeutung von Kindern'<br />
waren die schwedische Regierung,<br />
UNICEF, ECPAT und die<br />
NRO-Gruppe ECOSOC bei den<br />
Vereinten Nationen.<br />
Die Vorgeschichte<br />
Im Jahre 1990 beschlossen Teilnehmerinnen<br />
einer internationalen<br />
Konferenz in Chiang Mai/<br />
Thailand die Gründung der internationalen<br />
Kampagne 'End<br />
Child Prostitution in Asian Tourism'<br />
(ECPAT). Mittlerweile arbeiten<br />
Initiativen aus Asien, Lateinamerika,<br />
Europa, Nordamerika<br />
und Japan in der internationalen<br />
Kampagne mit. 3<br />
Im März<br />
1991 wurde von mehr als 40<br />
NRO die 'Deutsche Kampagne<br />
gegen Kinderprostitution' gegründet,<br />
die 1994 in der 'Deutschen<br />
Arbeitsgemeinschaft gegen<br />
Kinderprostitution im Sextourismus'<br />
aufgegangen ist. 4<br />
Der deutschen Kampagne ist es<br />
in den letzten Jahren gelungen,<br />
ein bis dahin tabuisiertes Thema<br />
einer breiteren Öffentlichkeit bekannt<br />
zu machen. Mehr noch:<br />
• Auf Initiative der deutschen<br />
Kampagne gegen Kinderprostitution<br />
und mit Unterstützung<br />
von Abgordneten aller Fraktionen<br />
des Deutschen Bundestages<br />
wurde zum 1. September<br />
1993 eine Gesetzesnovelle<br />
durchgesetzt. Nach der Neuregelung<br />
kann ein Bundesbürger<br />
nun nach Paragraph 5 Ziffer<br />
8 StGB auch dann nach<br />
deutschem Recht bestraft werden,<br />
wenn er im Ausland Kinder<br />
mißbraucht.<br />
• 1992/93 führte die Kinderhilfsorganisation<br />
terre des hommes,<br />
Mitglied der deutschen Kampagne,<br />
Verhandlungen mit verschiedenen<br />
deutschen Reiseveranstaltern.<br />
Ziel war es, die<br />
Reiseunternehmen auf das<br />
Phänomen der Kinderprostitution<br />
aufmerksam zu machen.<br />
Nach anfänglichen Schwierigkeiten<br />
und einer längeren<br />
Kampagnen-Phase, die durch<br />
Aktionen ehrenamtlicher Mitarbeiter<br />
unterstützt wurde,<br />
konnte erreicht werden, daß<br />
die zwölf führenden deutschen<br />
Reiseveranstalter eine Vereinbarung<br />
unterzeichneten. Gegenstand<br />
der Vertrages: Verbot<br />
von Kinderprostitution in<br />
den Vertragshotels deutscher<br />
Reiseveranstalter (Verstöße<br />
werden mit Aufkündigung des<br />
Vertrages bestraft), Bereitstellung<br />
von Informationen für<br />
Reisende über die Auswirkungen<br />
der Kinderprostitution;<br />
Schulung von Reiseleiterinnen<br />
und Einkaufspersonal, um Verstöße<br />
gegen den Vertrag aufzudecken.<br />
Der Weltkongreß in<br />
Stockholm<br />
Im Mittelpunkt des Weltkongresses<br />
in Stockholm stand die Verabschiedung<br />
einer Resolution sowie<br />
die Annahme eines internationalen<br />
Aktionsplanes. In Workshops,<br />
an denen auch Interpol-<br />
Vertreter, FBI-Beamte, Sexualforscher,<br />
Regierungsbeamte und<br />
Sozialarbeiter teilnahmen, wurden<br />
Einzelaspekte der Bekämpfung<br />
sexueller Ausbeutung und<br />
Fragen der Prävention diskutiert.<br />
Der Kongreß beschäftigte sich