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34 FORSCHUNGSJOURNAL NSB, JG. 9, HEFT 4, 1996<br />

unter betroffenen Kreisen zumeist die von der<br />

staatlichen Regulierung betroffenen Kreise,<br />

im Falle der stationären Quellen die Betreiber<br />

und Unternehmen gemeint sind. Auf der<br />

Basis dieser konzertierten Abstimmung etabliert<br />

sich ein "Genehmigungskartell" (Stark<br />

1996) mit deutlich neo-korporativen Merkmalen.<br />

Insofern, als die deutsche Luftreinhaltung<br />

verstärkt auf ordnungsrechtliche Instrumente<br />

des "command & controll" setzt, wirken<br />

diese neo-korporativen Strukturen als<br />

eine Vermeidung von Vollzugsdefiziten, die<br />

durch gerichtliche Klagen und betriebliche<br />

Widerstände ausgelöst werden könnten.<br />

Dieses Konsensmodell kann institutionell jedoch<br />

nur bestehen, wenn es sich gegenüber<br />

dem tagespolitischen Geschäft als auch gegen<br />

den demokratischen Wettbewerb immunisiert<br />

und sich statt dessen auf 'objektiven'<br />

Sachverstand gründet. Die eigentlich zentralen<br />

Aspekte der Luftreinhaltepolitik betreffen<br />

nämlich nicht das Bundesimmissionsschutzgesetz,<br />

das in seinen Zielen und Begrifflichkeiten<br />

sehr allgemein bleibt, im übrigen<br />

aber auf den Verwaltungsvorschriften und<br />

-Verordnungen einerseits, auf den Stand der<br />

Technik andererseits verweist. In diesen Bereichen<br />

werden, sowohl bei der Politikformulierung<br />

als auch bei der Implementation,<br />

Fachbeamte (bspw. in den Ministerien und<br />

beim Länderausschuß für Immissionschutz)<br />

und Techniker (bspw. bei der 'Kommission<br />

Reinhaltung der Luft' des Vereins Deutscher<br />

Ingenieure und bei den Genehmigungsbehörden)<br />

von zentraler Bedeutung. Dieser Sachverstand<br />

wird also von spezifischen Professionen<br />

verwaltet und erlaubt es, einen politikrelevanten<br />

Konsens treuhänderisch zu formulieren,<br />

der nicht nur die Politikpraxis durch<br />

Gutachten und Vorschläge, professionelle Orientierungen<br />

und Kontakte vorstrukturiert und<br />

determiniert, sondern gleichsam diese Politikpraxis<br />

auf das Prinzip einer sachlichen<br />

Konsens- und Synthesefindung zu verpflichten<br />

strebt.<br />

Für die befragten Umweltverbände (BUND,<br />

BBU und Greenpeace) wird demnach die Beteiligung<br />

an dieser Konsensfindung zu einer<br />

immer wichtigeren Option (Stark 1996). Dies<br />

entspricht auch handelsüblichen Lobby-Techniken,<br />

die in einer 'technischen' Beratung und<br />

'sachlichen' Mitarbeit im 'vor-' und 'nach-'<br />

politischen Raum ein entscheidendes Mittel der<br />

Interessenvertretung sehen. Damit wird die Sicherung<br />

des benötigten Sachverstands und eines<br />

entsprechenden professionellen Habitus zu<br />

einer zentralen Aufgabe verbandlicher Arbeit -<br />

unabhängig davon, ob das vornehmlich intrinsisch<br />

oder strategisch motiviert ist. Dies geschieht<br />

entweder durch die Einholung von Gutachten<br />

und Expertisen von unabhängigen und<br />

angesehenen Forschungsinstituten (bspw. von<br />

Greenpeace), durch die Einrichtung ständiger<br />

Arbeitskreise (etwa am Beispiel von BUND)<br />

und/oder die Mobilisierung und Koordinierung<br />

von Mitgliedern (im Falle vom BBU), über die<br />

diese professionelle Qualifizierung, Kontaktaufnahme<br />

und institutionelle Einbindung dann laufen<br />

kann. Immer wird hierdurch die eigene Interessenvertretung<br />

auf einen sachlichen Geltungsanspruch<br />

gegründet, sowohl was die Lobbying-Arbeit<br />

als auch was die öffentlichen Kampagnen<br />

betrifft. Es gilt, Politik und Verwaltung,<br />

Betreiber und Öffentlichkeit mit Argumenten zu<br />

überzeugen und die Politik dann auch auf eine<br />

sachliche, damit politisch 'un-interessierte', objektive<br />

Grundlage zu stellen.<br />

3.4 Die Vereinigten Staaten<br />

von Amerika<br />

Für die USA wurde wiederholt von einem pluralistischen<br />

Wettbewerb ausgegangen, der<br />

sich auf alle Aspekte des Politikprozesses erstreckt<br />

(Jauß 1996). Das gilt bereits für den<br />

Staatsaufbau, wo das System der 'checks and

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