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Anthropozentrisches Weltbild? - Katholische-theologie.ph-gmuend.de

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14<br />

wor<strong>de</strong>n... Die Umläufe <strong>de</strong>r Sonne, <strong>de</strong>s Mon<strong>de</strong>s und <strong>de</strong>r übrigen Gestirne<br />

gehören zwar zu <strong>de</strong>m Ganzen <strong>de</strong>r Welt, aber sie gewähren auch ein Schauspiel<br />

für die Menschen; <strong>de</strong>nn keine Gattung von Dingen bietet so unerschöpflichen<br />

Genuß, ist so schön und in vernünftiger und kunstvoller Einrichtung ihnen<br />

gleich zu stellen; ihr abgemessener Lauf zeigt <strong>de</strong>n Wechsel, die Verän<strong>de</strong>rung<br />

und die Reife <strong>de</strong>r Zeit: da aber nur die Menschen dies verstehen, so kann es<br />

auch nur für die Menschen gemacht sein. Wenn dann die Er<strong>de</strong> mit Früchten und<br />

allerlei Arten Gemüse be<strong>de</strong>ckt, und dies mit größter Freigebigkeit ausgeschüttet<br />

ist, sollte man da glauben, es sei für die wil<strong>de</strong>n Thiere und nicht für die<br />

Menschen geschehen?"<br />

Gleiches gilt bei Cicero für die Weinstöcke und Oliven, für die Schafe, die<br />

Hun<strong>de</strong>, die Ochsen - ihr Nacken ist für das Joch gebil<strong>de</strong>t -, für Maulesel und<br />

Esel... und schließlich auch für das Schwein, "<strong>de</strong>nn wozu an<strong>de</strong>rs als zur Speise<br />

könnte es dienen? Chrysipp selbst sagt von ihm, daß es eine Seele nur <strong>de</strong>shalb<br />

erhalten habe, damit es nicht faule." 20 Das Schwein erscheint Cicero <strong>de</strong>mnach<br />

nur als leben<strong>de</strong> Konserve.<br />

Menschliche Entwicklung und Geschichte zeigen, daß <strong>de</strong>r Mensch die Ten<strong>de</strong>nz<br />

hat, sich selbst, seine Gruppe o<strong>de</strong>r die Menschheit als Ganze in <strong>de</strong>n Mittelpunkt<br />

zu setzen. Die Relativierung bzw. Zurücknahme dieser Setzung ist notwendig,<br />

kann aber unter Umstän<strong>de</strong>n für das eigene Selbstwertgefühl auch schmerzlich<br />

sein. Allein dies sollte uns schon skeptisch machen gegen jedwe<strong>de</strong> Behauptung<br />

eines "Anthropozentrismus": Sie steht unter einem negativen Anfangsverdacht,<br />

da man davon auszugehen hat, daß es in <strong>de</strong>r "Natur" <strong>de</strong>s Menschen liegt, sich<br />

eine be<strong>de</strong>utsamere Rolle im Weltgeschehen zuzuschreiben, als es ihm tatsächlich<br />

zukommt.<br />

20<br />

Marcus Tullius Cicero, Drei Bücher über die Natur <strong>de</strong>r Götter. Übersetzt und erläutert von<br />

J. H. v. Kirchmann, Leipzig 1874, 169-171 (2. Buch, Kap. 62).

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