Anthropozentrisches Weltbild? - Katholische-theologie.ph-gmuend.de
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43<br />
Erkenntnisgewinnung ist von seiten <strong>de</strong>r Theologie nichts einzuwen<strong>de</strong>n. Wo<br />
dieser Standpunkt allerdings absolut gesetzt und unsere gesamte Wirklichkeit<br />
("alles, was ist") auf die <strong>ph</strong>ysikalisch beschreibbare Wirklichkeit reduziert wird,<br />
liegt eine Deutung <strong>de</strong>r Wirklichkeit vor, die sich <strong>ph</strong>ysikalischer Verifikation<br />
entzieht und die in Konkurrenz zu an<strong>de</strong>ren Deutungen tritt. Hier kann darum<br />
auch eine theologische Kritik einsetzen und die Reduktion allen Seins auf das<br />
<strong>ph</strong>ysikalisch Erfaßbare zurückweisen.<br />
Dies führt mich dazu, daß über die bei<strong>de</strong>n genannten Standpunkte hinaus noch<br />
ein dritter möglich sein muß:<br />
{ methodischer Positivismus 69 ist <strong>de</strong>mnach vereinbar mit teleologischer<br />
Deutung: auch als Physiker kann man eine teleologische Betrachtungsweise<br />
akzeptieren, sofern diese die <strong>ph</strong>ysikalische Erkenntnis nicht leitet,<br />
son<strong>de</strong>rn ihr <strong>de</strong>utend - d. h. jenseits naturwissenschaftlich verifizierbaren<br />
Anspruchs - nachfolgt. Was <strong>de</strong>m Physiker (als Physiker) Ausdruck <strong>de</strong>r<br />
Geltung <strong>de</strong>r Naturgesetze ist, kann ihm darüber hinaus zugleich als<br />
Ausdruck absichtsvollen göttlichen Wirkens erscheinen. Konsequente<br />
wissenschaftliche Einstellung und (schöpfungs)theologische Interpretation<br />
müssen sich nicht wi<strong>de</strong>rsprechen, son<strong>de</strong>rn können sich gegenseitig ergänzen.<br />
69<br />
Unter Positivismus versteht man im allgemeinen "eine Richtung <strong>de</strong>r Philoso<strong>ph</strong>ie und<br />
Wissenschaft, die vom 'Positiven', d. h. vom Gegebenen, Tatsächlichen, Sicheren, Zweifellosen<br />
ausgeht, ihre Forschung und Darstellung darauf beschränkt und meta<strong>ph</strong>ysische<br />
Erörterungen für theoretisch unmöglich, praktisch nutzlos ansieht" (Philoso<strong>ph</strong>isches<br />
Wörterbuch, begrün<strong>de</strong>t von H. Schmidt, neu bearbeitet von G. Schischkoff, Stuttgart 1974,<br />
520). In seinem Vortrag beschränkte Prof. Staudt die Physik zwar auf die Forschung und<br />
Darstellung <strong>de</strong>s 'Positiven', erklärte aber meta<strong>ph</strong>ysische Erörterungen we<strong>de</strong>r für theoretisch<br />
unmöglich noch für praktisch nutzlos. Die Bezeichnung "methodischer<br />
Positivismus" scheint mir darum auch seine Position angemessen auszudrücken: Die<br />
Physik hat sich methodisch ausschließlich auf das 'positiv' Gegebene zu beziehen und darf<br />
nur diesbezügliche Theorien aufstellen. Diese methodische Einstellung ist keinesfalls<br />
notwendig mit einer meta<strong>ph</strong>ysischen o<strong>de</strong>r antimeta<strong>ph</strong>ysischen Haltung verbun<strong>de</strong>n. Die<br />
Entscheidung über diese Haltung liegt jenseits <strong>ph</strong>ysikalischer Forschung.