Anthropozentrisches Weltbild? - Katholische-theologie.ph-gmuend.de

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IV._Neuere theologische Bestimmungen der Stellung des Menschen im
Kosmos:
These 9:
In unserem Jahrhundert zeichnete sich in der Theologie im Rahmen einer
vorsichtigen Neubewertung der neuzeitlichen Philosophie zunächst eine
positive Beurteilung einer "wahren Anthropozentrik" (K. Rahner), die auf
"Theozentrik" hingeordnet ist, ab.
1957 fällt das Urteil über Anthropozentrik im "Lexikon für Theologie und
Kirche" - jetzt ist Karl Rahner der Autor - deutlich differenzierter aus. Rahner
unterscheidet zwischen einer Anthropozentrik, die "falsch, häretisch und unsittlich
ist" und einer "wahren Anthropozentrik" 44 . Erstere sei gegeben im Atheismus,
im Unglauben und in einer angemaßten Autonomie, die den Menschen
Gott gegenüber verschließt. "Richtige und wahre Anthropozentrik" steht hingegen
für Rahner nicht im Gegensatz zu Theozentrik. Der Mensch muß Subjekt
sein, "bei sich" sein, um sich Gott gegenüber öffnen zu können. Rahner macht
so zwischen Anthropozentrik und Theozentrik ein gegenseitiges Bedingungsverhältnis
aus.
Dies gestattete es insbesondere der katholischen Theologie, wieder von einer
"christlichen Anthropozentrik" zu sprechen. Ohne die Erkenntnisse der modernen
Astrophysik zu leugnen, erklärte das Zweite Vatikanum in der Pastoralkonstitution
"Gaudium et spes": "Es ist fast einmütige Auffassung der Gläubigen
und Nichtgläubigen (sic!), daß alles auf Erden auf den Menschen als seinen
44
Karl Rahner, Art. Anthropozentrik, Lexikon für Theologie und Kirche, 1957 (2. Auflage),
Bd. II, Spalte 632f.