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Anthropozentrisches Weltbild? - Katholische-theologie.ph-gmuend.de

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23<br />

mit apodiktischer Gewißheit abgeleitet" 31 . Bei <strong>de</strong>r in unserem Alltag bewährten<br />

Euklidischen Geometrie ist die Winkelsumme im Dreieck 180 Grad. Aber schon<br />

im 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt stand eben nicht mehr "a priori mit apodiktischer Gewißheit"<br />

fest, ob <strong>de</strong>m <strong>ph</strong>ysikalischen Raum im allgemeinen am zweckmäßigsten die<br />

Euklidsche o<strong>de</strong>r eine unanschauliche gekrümmte Struktur zugrun<strong>de</strong>gelegt<br />

wer<strong>de</strong>n soll. Anschaulichkeit kommt später we<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r speziellen noch <strong>de</strong>r allgemeinen<br />

Relativitätstheorie mehr zu. Konstanz <strong>de</strong>r Lichtgeschwindigkeit<br />

unabhängig vom Bezugssystem, Relativierung <strong>de</strong>r Gleichzeitigkeit, Bezugssystemabhängigkeit<br />

von Längenverhältnissen und Zeitintervallen, relativistische<br />

Massenverän<strong>de</strong>rlichkeit und erst recht gekrümmte Räume wi<strong>de</strong>rsprechen<br />

unserer tagtäglichen Erfahrung und sind anschaulich nicht vorstellbar. Heutige<br />

Physiker haben sich zwar längst an diese Konsequenzen z. B. <strong>de</strong>r Relativitätstheorie<br />

gewöhnt, es ist ihnen gera<strong>de</strong>zu selbstverständlich gewor<strong>de</strong>n, damit<br />

umzugehen, aber genauso selbstverständlich verzichten sie in diesem Zusammenhang<br />

in <strong>de</strong>r Regel auf anschauliche Vorstellungen. Physikalische Erscheinungen<br />

können einsichtig sein, ohne anschaulich zu sein, und umgekehrt kann<br />

Anschaulichkeit sehr wohl trügen. 32<br />

Es ist festzuhalten: Im Rahmen <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Physik hat zunächst mit <strong>de</strong>r<br />

Relativitätstheorie und etwas später mit <strong>de</strong>r Quantentheorie eine auf unmittelbarer<br />

Anschauung beruhen<strong>de</strong> Gewißheit ihre Überzeugungskraft verloren und<br />

damit die alltäglich erfahrbare Welt <strong>de</strong>s Menschen relativiert. Was bezogen auf<br />

menschliche Größenordnungen gilt, ist nur ein Grenzfall von allgemeineren und<br />

31<br />

Immanuel Kant, Kritik <strong>de</strong>r reinen Vernunft. Nach <strong>de</strong>r ersten und zweiten Original-Ausgabe<br />

neu hrsg. v. Raymund Schmidt, Hamburg 1956, 68 (B 39).<br />

32<br />

Zum Begriff <strong>de</strong>r "Anschaulichkeit" in <strong>de</strong>r Physik vgl. Günter Kröber, Art.<br />

Anschaulichkeit, in: Philoso<strong>ph</strong>isches Wörterbuch, hrsg. v. G. Klaus und M. Buhr, Leipzig<br />

1975, Bd. 1, 77-80; Bertrand Russell, Das ABC <strong>de</strong>r Relativitätstheorie. Neu herausgegeben<br />

von Felix Pirani, Hamburg 1972 (Die Originalausgabe erschien 1925), 170f; Hans<br />

Reichenbach, Axiomatik <strong>de</strong>r relativistischen Raum-Zeit-Lehre, Braunschweig 1965<br />

(Nachdruck von 1924),156; Carl Friedrich von Weizsäcker, Zum <strong>Weltbild</strong> <strong>de</strong>r Physik. Mit<br />

neuem Vorwort: Rückblick nach 46 Jahren, Stuttgart 1990 (13. Aufl.), 27-32 und 81-85.

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