Anthropozentrisches Weltbild? - Katholische-theologie.ph-gmuend.de

20
unbedeutend und klein ist und auch durch die Gestirne hin eilt." 27 Weiter
schreibt Kepler: "Mein Ziel ist es zu zeigen, daß die himmlische Maschine nicht
eine Art göttliches Lebewesen ist, sondern gleichsam ein Uhrwerk." 28 Mit dieser
Aufgabenstellung war der Emanzipation der neuzeitlichen Naturwissenschaft
von der Bevormundung durch die Theologie der Weg gewiesen.
Damit verbunden war auch die Preisgabe einer ausgezeichneten Position des
Menschen und seiner Erde im Universum. Einerseits wurde dabei die Erde in
Relation zum Universum immer kleiner, andererseits nahm sie einen immer
beliebigeren Ort im Universum ein. Die Relativierung der Stellung des
Menschen im Kosmos erfolgte dabei in mehreren Schritten und in unterschiedlicher
Hinsicht:
(1) Relativierung der Position der Erde:
(a) Der erste Schritt vollzog sich in der sogenannten kopernikanischen Wende
vom geozentrischen zum heliozentrischen Kosmos. Genau genommen hatte
allerdings schon das ptolemäische System den aristotelischen Zentrismus aufgegeben,
indem es Exzenter- und Ausgleichspunkte annahm und damit die Erde
etwas aus dem Kosmosmittelpunkt gerückt hatte. Ein entscheidender Einwand
gegen das als Alternative angebotene neue heliozentrische System blieb lange
Zeit, daß es einerseits keine besseren Prognosen der Planetenbewegungen
erlaubte und andererseits ein unwiderlegbarer Beweis der Erdbewegung um die
Sonne noch fehlte (erst 1838 gelang es dem Astronomen Bessel, dies mit der
Messung einer Fixsternparallaxe zu beweisen, und erst 1851 zeigte Foucault
mit Hilfe eines Pendels, daß die Erde eine tägliche Rotationsbewegung
vollführt).
27
Zit. in: Jürgen Teichmann, Wandel des Weltbildes, 97.
28
Zit. a. a. O.