Herbsttreffen 2011 - GRH
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Wolfgang Kluge<br />
Mein 13. August und die Berliner Mauer<br />
Am Sonntag, den 13. August,<br />
zum Frühstück hatte ich<br />
fast noch nichts gewusst.<br />
Doch zu Mittag war es mir klar:<br />
Das wird sicherlich auch mein<br />
schwerster Tag in diesem Jahr.<br />
Als Volkspolizisten und Grenzer<br />
traten wir in Bautzen an,<br />
faßten Waffen und Munition.<br />
Der Einsatzbefehl kam mit zittrigem Ton,<br />
nicht überheblich, nicht scharfmacherrich,<br />
eher nachdenklich.<br />
Dann saßen wir auf,<br />
auf LKW’s ohne Plane.<br />
Im Winde flatterte unsre<br />
blaue und rote Fahne;<br />
und auf den Lippen hatten wir,<br />
auch ganz bewusst,<br />
das Lied von den Rosen im August.<br />
Die Mauer war später der hohe Zaun,<br />
auch um meinen Garten,<br />
wo wir schon recht wertvolle<br />
Pflanzen hatten:<br />
Arbeit, Kultur, Bildung, Freizeit, Sport.<br />
Und die Ausbeutung des Menschen<br />
durch den Menschen<br />
war auch schon allseitig fort.<br />
Niemals wollte ich Spekulantentum,<br />
unbestrafte Kriegsverbrecher,<br />
alte und neue Nazis, reich und arm,<br />
Krieg, Profitmacherei – ja Kapital:<br />
So blieb, trotz Mängel und auch Ärger,<br />
die DDR stets meine erste Wahl.<br />
Ja, ich schäme mich nicht,<br />
ich sage es laut:<br />
„Die Berliner Mauer<br />
habe ich irgendwie mitgebaut.“<br />
Das Wetter war sommerlich warm,<br />
keinesfalls kalt.<br />
An der Autobahnraststätte Finow<br />
machten wir erstmalig Halt.<br />
Hier viele Reisende ringsumher<br />
und wir mittendrin mit Gewehr.<br />
Die Gesichter gespannt,<br />
Wie an diesem Tag wohl im ganzen Land.<br />
Doch angefeindet wurden wir nicht.<br />
Ich hörte Worte, wie Grenze dicht,<br />
und auch, so ziemlich breit:<br />
„Das wurde allerhöchste Zeit.“<br />
Dann fuhren wir weiter,<br />
noch weiter über Berlin hinaus,<br />
und nach etwa zehn Tagen<br />
war unser Einsatz aus.