DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien
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Wirklichkeit“, welche jegliche Formen der Kommunikation bestimmten. 25 Das führte so weit,<br />
dass sich die Politik in Kriegszeiten von internationalen PR-Agenturen helfen ließ, um das<br />
Bild ihres Staates in anderen Ländern nach ihren Vorstellungen zu formen. Im Fall von<br />
Kroatien und Bosnien war es die amerikanische Agentur „Ruder Finn Global Public Affairs“,<br />
welche im Auftrag der kroatischen und bosnischen Regierungen maßgeschneiderte und gezielt<br />
emotionalisierende Gräuel-Nachrichten erfand, inszenierte und verbreitete. 26 Diese gingen<br />
auch weit über die von serbischen Milizen nachgewiesenen und tatsächlich begangenen Taten<br />
hinaus. Serbien hatte überdies bereits eine Zusage des Londoner PR-Büros „Saatchi &<br />
Saatchi“, jedoch musste das Land auf Grund des wirtschaftlich auferlegten Embargos auf<br />
professionelle PR-Strategien verzichten. 27 Zwar konnte die serbische Regierung ihre Politik<br />
auf internationaler Ebene nicht vermarkten, doch die „innere“ Propagandamaschinerie<br />
arbeitete und übte damit zumindest auf die eigene Bevölkerung großen Einfluss aus.<br />
Dabei schreckten selbst angesehene Intellektuelle nicht davor zurück voreilige Urteile zu<br />
fällen, wie etwa der Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Viktor #mega$. In einem offenen Brief<br />
an die Zeitschrift “Literatur und Kritik” bezieht er eine eindeutige Position: “Wer den Krieg<br />
begonnen hat, weiß hier jedermann aus eigener Erfahrung, und namentlich wissen das die<br />
Bewohner von Vukovar und Dubrovnik.” 28 Mit hier ist die Rede von Kroatien, welches von<br />
#mega$ als reines Kriegsopfer dargestellt werden soll. Das ergibt sich wiederum daraus, dass<br />
er die LeserInnen mit jenen zwei Städten, die zu Symbolen der serbischen Aggression gegen<br />
Kroatien wurden, konfrontiert. Somit war auch die Berichterstattung der Medien in den<br />
einzelnen Teilstaaten „einseitig, oberflächlich, tendenziös und voreingenommen informiert<br />
und unsorgfältig recherchert [sic!]“ 29 .<br />
Die breite Öffentlichkeit, welche naturgemäß über die Medien Informationen zum<br />
Kriegsgeschehen einholt, konnte von dieser Art der Manipulation während der Kriegsjahre<br />
kaum etwas ahnen. Das durch die Medien vorgeformte Schwarz-Weiß-Bild schien zu passend,<br />
als dass man daran etwas angezweifelt hätte. “Auch wenn seit einiger Zeit immerhin die<br />
Kroaten als Mittäter entdeckt wurden, ist das Schema der gängigen Täter-Opfer-Darstellung<br />
25 Mira Beham: Kriegstrommeln. S. 200.<br />
26 Vgl. Kurt Gritsch: Peter Handke und “Gerechtigkeit <strong>für</strong> Serbien”. S. 140-142.<br />
27 Vgl. Wolfgang Reiter: „Der Journalismus hat versagt“. Was aber, wenn Peter Handke am Ende recht behalten<br />
sollte? – In: Thomas Deichmann (Hg.): Noch einmal <strong>für</strong> Jugoslawien: Peter Handke. – Frankfurt am Main:<br />
Suhrkamp Verlag. 1999. (=Suhrkamp Taschenbuch Verlag. 29006.) S. 143.<br />
28 Viktor $mega#. - In: Literatur und Kritik. April 1993/2. S. 106.<br />
29 Sonja Gerstl: „Stecken Sie sich Ihre Betroffenheit in den Arsch!“. S. 49.<br />
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