DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien
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ebenfalls vorsichtig umgehen, da sie mit dieser einseitigen Sicht auf die Medien die<br />
Opposition einer unmittelbar wahrnehmbaren Wirklichkeit eröffnen. Diese lässt jedoch die<br />
Medialität und Konstruktivität jeglicher Wahrnehmung außer Acht.<br />
Dennoch besteht die Möglichkeit der Manipulationskraft der Medien und dem daraus<br />
resultierenden Blick entgegen zu wirken, um Wahrnehmung und Erkenntnis zu gewährleisten.<br />
In der Analyse der ausgewählten Werke werde ich im Detail auf Handkes und Ugre!i"s<br />
Umgang mit den Medien eingehen und ihr Gegenprogramm, welches in Opposition zu den<br />
medialen Wahrnehmungsschemata gestellt wird, darstellen.<br />
2.2.1. Der literarische Text und Wahrnehmung<br />
Grundsätzlich gehören literarische Texte zu jenen Medien, „deren Sprechweisen die<br />
größtmöglichste Blickunsicherheit zu erzeugen im Stande sind.“ 125 Welche „Blicke“ das<br />
Sprechen eines Textes erzeugt kann nicht vorausgesagt werden. Es stellt jedoch einen<br />
produktiven Moment dar. Die bereits erwähnten Schemata ermöglichen Blicke,<br />
Unterscheidungs- und Bezeichnungswege in eine oder mehrere Wirklichkeiten. „Die Wege zu<br />
den Wirklichkeiten sind immer Wahrnehmungswege.“ 126<br />
Im Zusammenspiel von Wahrnehmung und Literatur sei die Kategorie der Perspektive, die<br />
Fokalisierung, erwähnt. Dabei werde ich mich an den Termini und der Vorgehensweise von<br />
Katja Thomas orientieren, welche von der Kategorie des Erzählers Abstand nimmt und<br />
stattdessen von BeobachterInnen bzw. WahrnehmendeN ausgeht. Wenn nun der Erzähler als<br />
Kategorie entfällt, muss man sich zwangsläufig auch von der Erzählperspektive im Sinne der<br />
traditionellen Erzähltextanalyse distanzieren. Wenn man nämlich das Wahrnehmungspotential<br />
eines Textes beschreibbar machen möchte, erweisen sich die Erzähltextanalysen als zu<br />
schematisch. Text und Welt könnten zu schnell ineinander aufgehen. Bernd Stiegler fordert<br />
deshalb, dass der Schwerpunkt auf die Perspektive als optische Kategorie gesetzt werden<br />
sollte:<br />
„Perspektive [ist] vor allem eine optische Kategorie, [die] nur durch räumliche<br />
Organisation oder genauer die räumliche Vorstellung, die ein Text einem Leser zuweist,<br />
produziert wird. Daher ist auch die Unterscheidung zwischen Innen- und<br />
Außenperspektive aufzugeben. Es kann keinen Blick von außen auf das Geschehene<br />
125 Katja Thomas: Poetik des Zerstörten. S. 12.<br />
126 Ebd. S. 12.<br />
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