DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien
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Vorwort<br />
Seit dem Ausbruch der Sezessionskriege auf dem Territorium der ehemaligen Sozialistischen<br />
Föderativen Republik Jugoslawien (SFRJ) sind bereits zwei Jahrzehnte vergangen. In den<br />
90er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde durch die mediale Okkupation aus einem<br />
Kriegsgebiet ein Kriegsschauplatz, auf den das westliche Europa mit großer Neugier seinen<br />
Blick richtete. Im Fokus der westlichen Berichterstattung spiegelte sich der weitgehend<br />
einheitliche Konsens über die Opfer- und Täterrolle dieses Bürgerkrieges wider, der sich zum<br />
Teil bis heute halten konnte. Diese Konformität legte fest, was und vor allem auch wie, über<br />
den Zerfall des Vielvölkerstaates gesprochen bzw. berichtet werden sollte. Das galt <strong>für</strong> die<br />
Presse, ebenso wie <strong>für</strong> jegliche literarische Auseinandersetzung mit den Geschehnissen. Wer<br />
sich einer anderen Sprache oder anderer Bilder als die von den Medien über Jahre hinweg<br />
reproduzierten bediente, begab sich auf politisches Glatteis. Wie etwa der US-amerikanische<br />
Journalist Peter Brock, welcher von den Berichten zum Jugoslawienkrieg veranlasst wurde in<br />
der weltweit renommierten Zeitschrift <strong>für</strong> internationale Politik „Foreign Policy“ 1993 jene<br />
Kriegsberichterstattung einer Medienanalyse zu unterziehen:<br />
„Die Nachrichten kamen im vollen Kampfanzug der knalligen Schlagzeilen, der<br />
seitenweise ausgebreiteten, bluttriefenden Fotos und grausigen Videofilme daher. Dahinter<br />
steckte die klare Absicht, Regierungen zu militärischem Eingreifen zu zwingen. Die<br />
Wirkung war unwiderstehlich, aber war das Bild vollständig?“ 1<br />
In bahnbrechende Analyse konnte Brock eine Vielzahl von politisch folgenschweren<br />
Falschmeldungen und Tatsachenverdrehungen bei der Berichterstattung nachweisen.<br />
Das Erscheinen des Artikels löste großes Aufsehen und Empörung aus, weniger über die<br />
Leichtfertigkeit der Medien Halbwahrheiten zu verbreiten, als über Peter Brock selbst 2 . Die<br />
öffentliche Erregung weitete sich nach ihrem entstehen in den USA schließlich auch auf<br />
Europa aus, nachdem die Züricher „Weltwoche“ den Artikel Anfang 1994 ebenfalls<br />
veröffentlicht hatte. Der verantwortliche Auslandsredakteur der Züricher „Weltwoche“<br />
Hanspeter Born kommentiert die Ereignisse nach der Veröffentlichung:<br />
1 Peter Brock: Dateline Yugoslavia: The Partisan Press. In: Foreign Policy. 93/1993-94. S. 153. Zitiert nach:<br />
Sonja Gerstl: “Stecken Sie sich Ihre Betroffenheit in den Arsch!”. S. 38.<br />
2 Vgl. Mira Beham: Kriegstrommeln. Medien, Krieg und Politik. - München: Deutscher Taschenbuch-Verlag.<br />
1996. S. 208.<br />
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