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DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien

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dem anderen” (KdL, 112) gleichen. Auf beiden Seiten werden dieselben Informationen zu<br />

eigenen Gunsten verbreitet. In der Berichterstattung spiegeln sich Kroatien und Serbien,<br />

wobei lediglich die Täter- und Opferrollen getauscht werden. Einmal sind es die Kroaten,<br />

welchen einen Genozid an der serbischen Bevölkerung planen, dann ist wieder die Rede von<br />

den serbischen Schlächtern. Die zu vermittelnde Botschaft bleibt aber dieselbe.<br />

Die von den Medien produzierten Wahrnehmungsschemata werden allzu gern von der<br />

Bevölkerung angenommen, zumal sie bereits vor Beginn des Krieges durch die “Großen<br />

Manipulatoren und ihre wohlgerüsteten Teams (Schriftsteller, Journalisten, Soziologen,<br />

Psychiater, Philosophen, Politologen, Kollegen also, und Generale [sic!])” (KdL, 59) Eingang<br />

in die Medien fanden und sich diese Schemata beim Ausbruch des Krieges zu bestätigen<br />

schienen. Die Manipulatoren und ihre Teams, auf allen Seiten der Fronten, trugen an der<br />

Konstruktion der Wahrnehmungsschemata bei. Sobald es zu einer neuen Entwicklung in<br />

einem Staat kam, wurden diese im anderen auch eingeführt, wohl unter der Prämisse etwas<br />

Neues zu sein. So entwickelte sich bald auch ein neues ideologisches Vokabular, welches<br />

zuerst in den Medien, dann in der Alltagssprache Einzug fand. Es “verbreitete sich allmählich<br />

die Definition ethnisch rein (<strong>für</strong> Gebiete, Mannschaften, Teams, Unternehmen) als Gegensatz<br />

natürlich zu ethnisch unrein.” (KdL, 60) Da sich dieser Wandel innerhalb der Medien bereits<br />

vor dem Krieg vollzog, entwickelt die Beobachterin die These, dass dem realen Krieg ein<br />

Medienkrieg vorausging. Deshalb fragt sie sich auch: “Können die Medien einen Krieg<br />

auslösen? (KdL, 109) Schließlich übertrugen sich die kleinen Wörter “rein und unrein [...]<br />

bald auf den schmutzigen Krieg und seine begleitenden Syntagmen (Säuberung eines<br />

Terrains, ethnische Säuberung u.ä.).” (KdL, 60-61) Nachdem die serbische<br />

Medienpropaganda in den kroatischen Medien Entgegnung fand, “da konnte der eigentliche<br />

Krieg beginnen.” (KdL, 111) Bei Handke verhält es sich genau umgekehrt. Er nimmt den<br />

Einzug der gewalttätigen Sprache des Krieges in die Sprache der Berichterstattung wahr.<br />

Deshalb setzt auch Handkes Kritik nicht erst beim “Was” und “Wie” der medialen<br />

Berichterstattung an, sondern er geht noch einen Schritt zurück: “Es geht ihm um die<br />

Wahrnehmungsformen der Medien, die Themenwahl und Art der Berichterstattung prägen<br />

und von ihnen wiederum geprägt wird.” 177 Der Beobachter stellt fest, dass die Massenmedien<br />

den “immer gleichgereimte[n] Jugoslawien-Artikel” (WR, 47) abdrucken und somit “über die<br />

177 Katja Thomas: Poetik des Zerstörten. S. 24.<br />

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