DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien
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„Widerspiegelung“ als äußerst problematisch dar. Dieser suggeriert eine Analogie zwischen<br />
der Wahrnehmung und der treuen Wiedergabe der Wirklichkeit. Dabei ist die Wirklichkeit<br />
nach Goldstein, „das Ergebnis einer gefilterten Verarbeitung der physikalischen Welt durch<br />
unser Wahrnehmungssystem“ 51 . Die Wahrnehmung der Wirklichkeit bzw. der uns<br />
umgebenden Umwelt hängt somit nicht nur von den Eigenschaften der Objekte, die wir darin<br />
vorfinden, sondern vom wahrnehmenden Subjekt ab. 52 Julian Hochberg stellt ebenfalls in<br />
„Kunst, Wahrnehmung, Wirklichkeit“ fest, dass Wahrnehmung eine zielgerichtete Tätigkeit<br />
ist. Durch die Analyse von spezialisierten und folgerichtigen Verhaltensformen können<br />
kognitive Steuerungsstrukturen erfasst werden, welche wiederum Reaktionssequenzen<br />
erzeugen. 53 In diesem Zusammenhang ist die Selektivität auch von Bedeutung, insofern nur<br />
bestimmte Aspekte der Umwelt <strong>für</strong> die Wahrnehmung relevant sind und dementsprechend<br />
auch nur erfasst werden können.<br />
Irvin Rock räumt zunächst ebenfalls in der Einführung mit dem Irrglauben auf, dass<br />
Wahrnehmung als eine Art Fotografieren der Umwelt aufzufassen ist, denn „unser Geist<br />
[schafft] ein eigenständiges Bild der Welt […], anstatt ein bloßes Abbild wiederzugeben.“ 54<br />
Genauso wie Goldstein geht Rock davon aus, dass sich die Wahrnehmung qualitativ von der<br />
physikalischen Welt unterscheidet, da „wir sie nur innerhalb der Grenzen unserer Sinne<br />
erfassen können.“ 55 Dennoch nehmen wir nicht völlig willkürlich wahr, sondern man spricht<br />
hier von wirklichkeitsgetreuen Eindrücken, die wir auf Grund der gefilterten Informationen<br />
der Sinnesorgane erlangen. Diese können auch nur dann etwas wahrnehmen, wenn von außen<br />
ein Input auf die Sinnesorgane gegeben ist.<br />
Der Reiz aus der Umwelt selbst stellt deshalb eine weitere unentbehrliche Komponente des<br />
Wahrnehmungsprozesses dar. „Eingehende Daten stehen immer am Anfang der<br />
Wahrnehmung, denn wenn es keine eingehenden Daten gibt, so gibt es auch keine<br />
Wahrnehmung.“ 56 Somit handelt es sich bei der Wahrnehmung um eine bewusst sensorische<br />
Erfahrung. Ohne diese eingehenden Daten bzw. Reize von außen würde der Mensch jeglichen<br />
Kontakt zur Außenwelt verlieren und im Extremfall in der Isolation enden. „Der<br />
51 E. Bruce Goldstein: Wahrnehmungspsychologie. Eine Einführung. – Heidelberg: Spektrum Akademischer<br />
Verlag. 1997. S. 24. – zitiert nach Carlo Avventi. S. 27.<br />
52 Ebd. S. 22.<br />
53 Ernst H. Gombrich: Kunst, Wahrnehmung, Wirklichkeit. – Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag. 1977. S. 76.<br />
54 Rock Irvin: Wahrnehmung. S. 3.<br />
55 Ebd. S. 3.<br />
56 E. Bruce Goldstein: Wahrnehmungspsychologie. S. 8.<br />
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