Leben im Vierkanthof Leben im Vierkanthof - Österreich Journal
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. 110 / 02. 08. 2012<br />
Innenpolitik<br />
13<br />
Die Attraktivität und hohe Qualität der<br />
he<strong>im</strong>ischen Medizinausbildung zeige sich<br />
auch daran, daß viele junge Menschen aus<br />
dem Ausland zum Medizinstudium nach <strong>Österreich</strong><br />
kommen möchten. Aktuell sind 75<br />
Prozent der Plätze für StudienanwärterInnen<br />
mit österreichischem Reifeprüfungszeugnis<br />
reserviert, 20 Prozent für jene aus EU-Ländern<br />
und 5 Prozent für jene aus Drittstaaten.<br />
Bekanntlich hat die EU-Kommission <strong>im</strong><br />
November 2007 <strong>Österreich</strong> ein Moratorium<br />
zur Aussetzung eines möglichen Vertragsverletzungsverfahrens<br />
wegen dieser Quotenregelung<br />
gewährt. Dieses Fünf-Jahres-Moratorium<br />
würde <strong>im</strong> November auslaufen. „Wir<br />
sind betreffend Verlängerung in ständigem<br />
und sehr gutem Kontakt mit der EU-Kommission“,<br />
unterstreicht der Minister. Die<br />
Studie zeige: Es brauche eine Quotenregelung,<br />
um die medizinische Versorgung in<br />
<strong>Österreich</strong> sicherstellen zu können. Denn:<br />
laut Umfragen wollen 75 Prozent der deutschen<br />
Medizinstudierenden nach ihrem<br />
Studium in <strong>Österreich</strong> ins Ausland.<br />
Die vorliegende Studie zeigt aus Sicht des<br />
Wissenschaftsministers weiters, daß – gerade<br />
auch <strong>im</strong> Hinblick auf die sehr hohe Ärztedichte<br />
– Opt<strong>im</strong>ierungspotentiale in anderen<br />
Bereichen des Gesundheitswesens außerhalb<br />
der universitären Zuständigkeit genutzt werden<br />
müssen. Weiters sollen die Rahmenbedingungen<br />
für AbsolventInnen verbessert<br />
werden, um der Abwanderung entgegen zu<br />
wirken und als Standort attraktiv zu bleiben.<br />
Wechselberger: Bessere Arbeitsbedingungen<br />
für Mediziner unabdingbar<br />
Für Artur Wechselberger, Präsident der<br />
<strong>Österreich</strong>ischen Ärztekammer (ÖÄK),<br />
bestätige die Studie jahrelange Warnungen<br />
der ÖÄK. „Auch wenn die beiden vorliegenden<br />
Berechnungsmodelle eine große Bandbreite<br />
aufweisen, zeigen doch beide, daß es<br />
nicht fünf, sondern zwei vor zwölf ist. Die<br />
Gesundheitspolitik hat noch etwa 15 Jahre<br />
Zeit, das Ruder herumzureißen. Das sind<br />
nicht einmal zwei vollständige Mediziner-<br />
Ausbildungszyklen.“<br />
Im besten Fall, so die Studie, wäre der<br />
Mangel an FachärztInnen und AllgemeinmedizinerInnen<br />
erst in etwas mehr als zehn Jahren<br />
österreichweit und fächerübergreifend<br />
spürbar. Im zweiten, ebenso realistischen Szenario<br />
ginge die Schere zwischen Angebot<br />
und Bedarf an Ärzten bereits in den nächsten<br />
Jahren auf. Spätestens 2030 wäre dann die<br />
ärztliche Versorgung der Bevölkerung auf Basis<br />
des heutigen Niveaus nicht mehr gesichert.<br />
Regional und fachspezifisch klafften<br />
allerdings schon heute große Lücken, erklärte<br />
der ÖÄK-Präsident. Viele Landgemeinden<br />
müßten längst ohne niedergelassene ÄrztInnen<br />
auskommen und sogar in den Landeshauptstädten<br />
blieben Kassenstellen unbesetzt.<br />
Unabdingbar sei daher für Wechselberger<br />
die Verbesserung der Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen<br />
für Mediziner. Das betreffe<br />
erstens die Sicherstellung der verpflichtenden<br />
einjährigen Lehrpraxis sowie den<br />
sinnvollen Einsatz von Turnusärzten, der<br />
Bestandsanalyse<br />
Generell hat <strong>Österreich</strong> <strong>im</strong> internationalen<br />
Vergleich mit rd. 4,7 berufsausübenden<br />
Ärztinnen und Ärzten pro<br />
1000 Einwohner (Stand: 2009) die<br />
höchste Ärztedichte Europas und eine<br />
der höchsten weltweit, die in den vergangenen<br />
Jahrzehnten auch noch eine<br />
maßgebliche Steigerung erfahren hat<br />
(OECD 2011).<br />
Die Zahl der berufsausübenden ÄrztInnen<br />
steigt permanent. Insgesamt weist<br />
<strong>Österreich</strong> mittlerweile fast viermal so<br />
viele Ärztinnen und Ärzte auf wie vor<br />
40 Jahren (1960 bis 2010: plus 257 %).<br />
Dabei ist die Zahl der FachärztInnen<br />
deutlich stärker gestiegen (plus 470 %)<br />
als jene der AllgemeinmedizinerInnen<br />
(plus 115 %). Seit dem Jahr 2000 ist die<br />
Gesamtzahl der berufstätigen ÄrztInnen<br />
in <strong>Österreich</strong> um 30 Prozent gestiegen.<br />
Die höchsten prozentuellen Zuwächse<br />
gab es bei den WohnsitzärztInnen und<br />
<strong>im</strong> Wahlarztbereich.<br />
Die große Zahl an WahlärztInnen bietet<br />
bei Bedarf eine Ressource für die<br />
Nachfolge von frei werdenden Kassenvertragsstellen.<br />
Insgesamt waren Ende 2008 in <strong>Österreich</strong><br />
rund 41.000 ÄrztInnen bzw.<br />
ZahnärztInnen berufstätig, 27.000 davon<br />
angestellt, 19.000 <strong>im</strong> niedergelassenen<br />
Bereich und 2000 als WohnsitzärztInnen.<br />
Rund 6000 waren sowohl<br />
angestellt als auch niedergelassen tätig.<br />
In diesen Zahlen sind allerdings auch<br />
jene rund 8000 enthalten, die sich noch<br />
in Ausbildung zum/zur Allgemeinmediziner/in<br />
bzw. zum Facharzt/zur Fachärztin<br />
befinden.<br />
Es gab eine Steigerung <strong>im</strong> stationären<br />
Bereich in den letzten zehn Jahren bei<br />
operativen und nichtoperativen Leistungen<br />
um 32,3 Prozent und bei Spitalsentlassungen<br />
um 15,9 Prozent.<br />
sich auf die ärztlichen Ausbildungserfordernisse<br />
konzentrieren müsse.<br />
Zweitens müßten die Arbeitszeitgesetze<br />
<strong>im</strong> Spital strikt eingehalten werden bzw. brauche<br />
man ein praktikables Gruppenpraxengesetz,<br />
das den niedergelassenen Ärzten flexiblere<br />
Arbeitszeitmodelle ermögliche. Eine<br />
einigermaßen ausgeglichene Work-Life-<br />
Balance sei Basisvoraussetzung für die<br />
Berufsentscheidung von JungmedizinerInnen,<br />
so Wechselberger.<br />
Einen Rückgang gab es bei der Bettendichte<br />
(akutstationäre Betten je 1000<br />
EW: minus 5,9 %) sowie bei der Aufenthaltsdauer<br />
(minus 10,8 %). Über die<br />
Leistungsentwicklung <strong>im</strong> außerstädtischen<br />
Bereich stehen keine validen<br />
Daten zur Verfügung.<br />
Der Frauenanteil ist weiter <strong>im</strong> Steigen<br />
begriffen, und zwar sowohl bei den berufstätigen<br />
ÄrztInnen als auch bei den<br />
TurnusärztInnen.<br />
Bereits jetzt verläßt ein Teil der Medizin-UniversitätsabsolventInnen<br />
das<br />
Land (vor allem nach Deutschland und<br />
in die Schweiz).<br />
Um den medizinischen Nachwuchs in<br />
<strong>Österreich</strong> zu sichern, wird daher als<br />
zentrale Aufgabe erkannt, die AbsolventInnen<br />
österreichischer Medizin-<br />
Universitäten auch in den hiesigen Arbeitsmarkt<br />
zu bringen.<br />
Für die Abschätzung des künftigen Ärztebedarfs<br />
ist neben den reinen Personenzahlen<br />
auch deren Tätigkeitsausmaß von Bedeutung.<br />
Im außerstädtischen Bereich erfolgt<br />
diese Erfassung über Vollzeitäquivalente<br />
(VZÄ), während <strong>im</strong> Bereich der niedergelassenen<br />
VertragsärztInnen sowie bei<br />
den selbstständigen Ambulatorien auf die<br />
seitens des Hauptverbandes der österreichischen<br />
Sozialversicherungsträger ermittelten<br />
ärztlichen ambulanten Versorgungseinheiten<br />
(ÄAVE) zurückgegriffen wird.<br />
Da zur Versorgungswirksamkeit der WahlärztInnen<br />
bislang keine validen Daten zur<br />
Verfügung stehen, kamen zur Einschätzung<br />
dieses Versorgungsbereichs zwei Berechnungsvarianten<br />
zum Einsatz. Demnach<br />
waren Ende 2008 in <strong>Österreich</strong>s<br />
Krankenanstalten rund 20.000 VZÄ beschäftigt<br />
und <strong>im</strong> außerstädtischen Bereich<br />
– je nach Wahlarztvariante – zwischen<br />
11.400 und 12.600 ÄAVE. •<br />
Quelle: Studie der Gesundheit <strong>Österreich</strong> GmbH<br />
»<strong>Österreich</strong> <strong>Journal</strong>« – http://www.oesterreichjournal.at