Leben im Vierkanthof Leben im Vierkanthof - Österreich Journal
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. 110 / 02. 08. 2012<br />
Kultur<br />
80<br />
Friedrich Gauermann war ein sehr populärer<br />
Landschaftsmaler der Biedermeier-<br />
Zeit. Er löste sich von der durch Figuren belebten<br />
Vedutenmalerei und orientierte sich<br />
an der Altniederländischen Malerei. Dadurch<br />
gelang es ihm, einen neuartigen<br />
Wiener Landschaftsnaturalismus zu begründen.<br />
1826 stellte er erstmals seine durch<br />
Licht- und St<strong>im</strong>mungseffekte geprägten Bilder<br />
aus. Nach einem großen Ausstellungserfolg<br />
1830 begann er seine Wald- und<br />
Berglandschaften mit Tieren zu bevölkern,<br />
was typisch für Gauermanns Bilder werden<br />
sollte. Bis in die 1840er Jahre erhielt er von<br />
der Wiener Aristokratie (Fürst Metternich,<br />
Schwarzenberg, Liechtenstein) zahlreiche<br />
Aufträge für Bilder dieser Art, an denen er<br />
auch hervorragend verdiente. Als sich der<br />
Zeitgeschmack nach 1848 allmählich änderte,<br />
ließ der Erfolg nach und die Gönner wurden<br />
weniger. Zudem verfiel er unter dem<br />
Einfluß der Münchner Schule einer süßlichen<br />
Älpler-Manier, was aber nicht seine<br />
ursprüngliche Bedeutung für die österreichische<br />
Landschaftsmalerei des Biedermeier<br />
schmälert. Gauermann studierte seine Motive<br />
in freier Natur. Seine Tierdarstellungen<br />
ragen in der österreichischen Malerei in ihrer<br />
Art hervor. Die kunsthistorische Bedeutung<br />
lag in seiner zeichnerischen und koloristischen<br />
Meisterschaft.<br />
Er hinterließ 1185 Ölbilder und 174<br />
Zeichnungen. Sein Nachlaß wurde versteigert,<br />
jedoch zerrann der Erlös seiner Witwe,<br />
die schon zu seinen Lebzeiten nicht gut mit<br />
Geld umgehen hatte können, das Geld zwischen<br />
den Fingern und sie endete <strong>im</strong> Armenhaus.<br />
Zu den faszinierendsten Aspekten der<br />
Kunst gehört der kreative Prozeß, der von<br />
der ersten Idee zur endgültigen Gestalt eines<br />
Werkes führt. Obwohl die Künstler schon<br />
<strong>im</strong>mer gerne den Anschein erwecken wollten,<br />
der Großteil dieses Prozesses bestünde<br />
in der Inspiration, so verhält es sich in der<br />
Realität häufig doch ganz anders. Wieviel<br />
Arbeit konkret hinter der Entstehung eines<br />
Gemäldes stecken kann, zeigen die vielen<br />
Zeichnungen und Ölstudien, mit deren Hilfe<br />
Friedrich Gauermann seine Bilder vorbereitete.<br />
Natürlich wäre es mit dieser „Arbeit“<br />
allein – ohne das „Ingenium“, die Fähigkeit<br />
künstlerisch kreativ zu sein – nicht getan.<br />
Am Beginn des Arbeitsprozesses stehen die<br />
zahlreichen Naturstudien, die Gauermann<br />
praktisch nie aus der Hand gab, da sie für ihn<br />
künstlerisches Kapital darstellten. Wie<br />
begehrt solche Studien waren, beweist die<br />
Tatsache, daß kein Geringerer als Ferdinand<br />
Foto: Land Niederösterreich / Christoph Fuchs<br />
Friedrich Gauermann, »Felspartie«, um 1831, 42,8 x 31 cm, Öl auf Leinen<br />
Georg Waldmüller sich 1828 sieben davon<br />
auslieh und später wohl auch einige erwarb.<br />
Naturstudien konnten als Zeichnung oder<br />
als Ölstudie – graphisch oder farbig – ausgeführt<br />
werden, je nach Priorität. Wichtig war<br />
die Aufnahme eines Gegenstandes direkt vor<br />
Ort. Im nächsten Schritt gestaltete Gauermann<br />
aus dem Gesehenen eine Komposition,<br />
wobei er mit den Vorlagen frei umging,<br />
Details hinzufügte oder wegließ. Dann wurde<br />
das Ergebnis verändert und weiter verbessert,<br />
bis Gauermann oder sein Auftraggeber<br />
damit zufrieden war. Kurz vor der endgültigen<br />
Ausführung eines Entwurfes als Ölgemälde<br />
entstand meist noch eine malerisch<br />
frei gehaltene Ölstudie. Einige der berühmtesten<br />
Kompositionen Gauermanns sind in<br />
der Ausstellung ausschließlich durch Studien<br />
»<strong>Österreich</strong> <strong>Journal</strong>« – http://www.oesterreichjournal.at<br />
aus dieser Stufe des künstlerischen Prozesses<br />
vertreten.<br />
Etwas anders verhält es sich mit einer<br />
Reihe von Skizzenbuchblättern, Zeichnungen,<br />
Aquarellen oder Karikaturen, in denen<br />
Friedrich Gauermann Szenen aus seiner<br />
He<strong>im</strong>at Miesenbach und aus dem <strong>Leben</strong> seiner<br />
Nachbarn und Freunde schilderte. Werke<br />
dieser Art waren autonom, nicht Zwischenschritte<br />
in einem Entstehungsprozeß. Sie<br />
stellten für Friedrich Gauermann zumeist<br />
persönliche Erinnerungsstücke dar, von denen<br />
er sich nicht trennte. Auch sie wurden<br />
erst durch die Versteigerung seines Nachlasses<br />
der Öffentlichkeit bekannt. •<br />
http://www.landesmuseum.net<br />
Quelle des <strong>Leben</strong>slaufs:<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Gauermann