Akademische Vorlesungen über das Neue ... - Licht und Recht
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§ 1. Von dem Leben <strong>und</strong> der Person des Apostels Johannes. 15<br />
von Christo angetroffen, als sie gerade ihre Netze flickten; auf seinen Ruf verließen sie ihren Vater<br />
Zebedäus, <strong>das</strong> Schiff <strong>und</strong> die Schiffsknechte. Der Name des Vaters, hebr. זב¦ד¤י wird öfters (Mt. 4,21;<br />
10,2; 20,20) dem Namen der Söhne zugesetzt, da es besonders bei dem so sehr häufigen Namen des<br />
Jakobus dieser Unterscheidung von Andern bedurfte. Ein Jakobus ברזבדי wird auch im Talmud, Bereschit<br />
Rabba, genannt, welchen Cappellus für den Apostel hält. Die Mutter der Söhne Zebedäi, Salome<br />
(nicht eine Schwester der Mutter Jesu, (cf. Mt. 27,56 mit Mk. 15,40; 16,1) folgte oftmals Jesu<br />
nach; aus ihren Mitteln unterstützte sie mit andern Frauen den Herrn <strong>und</strong> kaufte Spezereien zu seinem<br />
Begräbnis. (Lk. 8,3. Mk. 15,41.) Sie tat die Bitte an den Herrn, <strong>das</strong>s ihre beiden Söhne zu seiner<br />
<strong>Recht</strong>en <strong>und</strong> Linken sitzen möchten in seinem Reich. Mit Petrus <strong>und</strong> Andreas waren Jakobus<br />
<strong>und</strong> Johannes Zunftgenossen (κοινωνοί ,(ח©ב¦ר¤ים vielleicht aus demselben Flecken, Bethsaida, oder<br />
dem benachbarten Kapernaum. Die Familie war nicht unbemittelt, <strong>und</strong> wenn auch Johannes Alles<br />
verlassen um des Herrn willen, so ist ihm doch ein väterliches Erbe verblieben; nach der Auferstehung<br />
begab er sich mit Petro an sein altes Handwerk zurück, <strong>und</strong> die Mutter Jesu hat er nach Joh.<br />
19,27 εἰς τὰ ἵδια zu sich genommen. Bei ihrer Vorliebe der selbst erwählten Armut lassen dagegen<br />
die Kirchenväter den Joh. in großer Dürftigkeit leben, <strong>und</strong> τὸἴδια erklärt Ambrosius davon, <strong>das</strong>s<br />
Joh. bonus verbi sapientiaeque possessor gewesen sei, Augustin aber von den officiis propria dispensatione<br />
exsequendis.<br />
Weil nach Joh. 18,15 ein Jünger, den man gemeiniglich, doch mit nicht hinreichenden Gründen,<br />
für den Joh. hält, – ἄλλος μαθητής nicht ὁ ἄλλος – γνωντὸς ἦν τῷ ἀρχιερεῖ, so hat schon Hieronymus<br />
daraus schließen wollen, der Apostel sei edlen Geschlechts gewesen. Propter generis nobilitatem<br />
notus erat pontifici et Judaeorum insidias non timebat. Vielfach ist auch die Frage behandelt<br />
worden, ein wie hoher Grad von Bildung dem Apostel zugeschrieben werden könne. Wenn nun einerseits<br />
gewiss ist, <strong>das</strong>s er ἀγράμματος <strong>und</strong> ein ἰδιώτης gewesen, von den Schriftgelehrten verachtet<br />
als ein Galiläer <strong>und</strong> der die Schrift nicht schulgemäß erlernt habe – so ist doch andererseits nicht zu<br />
bezweifeln, <strong>das</strong>s er die Schriften Mosis <strong>und</strong> der Propheten gekannt <strong>und</strong> selbst gelesen <strong>und</strong> in seinem<br />
Geiste nach ihrem Verständnis gesucht hat. Des Hebräischen muss er nicht unk<strong>und</strong>ig gewesen sein,<br />
da er mehrmals nicht nach der LXX., sondern dem hebr. Texte zitiert; <strong>das</strong> Griechische hat er, wie es<br />
damals im Handel <strong>und</strong> Wandel die ganz gewöhnliche Sprache war, auch als Fischer lernen können,<br />
denn griechische Städte in Menge waren am galiläischen Meer: Gadara, Hippos, Dora, Tiberias,<br />
Scythopolis etc. Die Gesetze wurden in römischer <strong>und</strong> griechischer Sprache bekannt gemacht. Jos.<br />
ant. 14, 10, 2. Der Herr selbst unterhält sich mit einer Griechin Mk. 7,26; mit einem Zenturio Mt.<br />
8,5.<br />
Dass der Herr gerade diese Galiläer <strong>und</strong> Fischer zu seinen Aposteln erwählt hat, kann nicht ohne<br />
Gr<strong>und</strong> gewesen sein; sie sollten Zeugen dessen sein, was er tun <strong>und</strong> lehren würde in Israel – sie<br />
mussten also Bedürfnis für Wahrheit <strong>und</strong> Trost des heiligen Geistes haben <strong>und</strong> zu denen gehören,<br />
welche <strong>das</strong> Evangelium μακαρίους nennt. Was damals in Judäa sich selbst für fromm <strong>und</strong> in der<br />
Schrift gelehrt hielt, hatte <strong>das</strong> Zeugnis des Täufers nicht angenommen, diese Fischer aber hatten<br />
ihre Sünden bekannt <strong>und</strong> indem sie sich gleich heidnischen Proselyten taufen ließen, eingestanden,<br />
<strong>das</strong>s sie, obwohl aus Abrahams Geschlecht, dennoch ihrem Herzen <strong>und</strong> Wesen nach ohne Gott <strong>und</strong><br />
Hoffnung seien in der Welt gleich den Heiden. Als Jünger <strong>und</strong> Gefährten des Täufers hatten sie <strong>das</strong><br />
ganze Land herbeikommen <strong>und</strong> Alle ihr Sünden-Elend aufdecken sehen. In tiefem Schmerzgefühl<br />
<strong>über</strong> des Volkes Gottes Schmach <strong>und</strong> Entfremdung, <strong>über</strong> die Herrschaft <strong>und</strong> heuchlerische Frömmigkeit<br />
der Pharisäer <strong>und</strong> Synagogen-Vorsteher – waren ihre Erwartungen aufs höchste gespannt<br />
worden, indem der Täufer sie mit den tiefsten Fragen <strong>und</strong> Bedürfnissen ihres Lebens auf die Erscheinung<br />
dessen hingewiesen hatte, mit dem <strong>das</strong> Königreich Gottes eintreten werde gerade in ihren