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Akademische Vorlesungen über das Neue ... - Licht und Recht

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§ 4. Die Angriffe gegen die Echtheit des Evangeliums aus inneren Gründen. 35<br />

Gegen diese Kritiker verteidigten Luthardt, Godet, Beyschlag, Weiss <strong>und</strong> Keil die johanneische<br />

Abfassung. Namentlich hat letzterer in seinem Komm. <strong>das</strong> große apologetische Material glücklich<br />

geordnet. Im Allgemeinen macht der kritische Protestantismus in der Gegenwart ein so greisenhaftes<br />

Gesicht, <strong>das</strong>s, was veraltet ist, auch seinem Ende nahe sein wird.<br />

Die stärksten Zweifel werden immer aus der Differenz mit den Synoptikern hergenommen. Wo<br />

sie selbst gleiche Begebenheiten berichten, da sei wenigstens einmal, in Betreff des Todestages<br />

Jesu, ein unauflöslicher Widerspruch. In Betreff des historischen Stoffes <strong>über</strong>haupt berichten die 3<br />

ersten Evangg. nur Taten Jesu während seines Aufenthaltes in Galiläa, – sie wissen nur von einer<br />

Reise, der letzten nach Jerusalem, – während Joh. von drei Paschahreisen berichte <strong>und</strong> meistens in<br />

Jerusalem <strong>und</strong> Judäa Vorgefallenes erzähle. Die Synoptiker erzählen einmütig eine Menge W<strong>und</strong>er<br />

– Joh. nur wenige <strong>und</strong> zwar diese wenige in einer Art <strong>und</strong> Weise, als ob es die einzigen gewesen. In<br />

einigen dieser Erzählungen treffe er mit den anderen Evangg. zusammen, verbreite dann aber <strong>über</strong><br />

dieselben ein ganz anderes <strong>Licht</strong>; andererseits erzähle er ein W<strong>und</strong>er, die Auferweckung des Lazarus,<br />

wor<strong>über</strong> <strong>das</strong> Schweigen der Andern unerklärlich sei. Der Hauptinhalt aber des 4. Evang. seien<br />

lange Reden Jesu, deren Form <strong>und</strong> Inhalt der Redeweise Jesu in den Synoptikern ganz entgegen sei.<br />

Dort lege er <strong>das</strong> Gesetz aus in kurzen Sprüchen <strong>und</strong> rede in vielen παραβολαῖς von der βασιλεία τοῦ<br />

θεοῦ – die Reden aber bei Joh. seien dem ganz ähnlich, wie Joh. selbst in seinen Briefen lehre, <strong>und</strong><br />

ihr Gesamt-Inhalt habe den einen Mittelpunkt, <strong>das</strong>s Christus die Herrlichkeit Seines Namens als des<br />

Sohnes Gottes behaupte, während er dort den Jüngern sogar verbiete, von ihm als dem Messias zu<br />

dem Volk zu reden. So erscheine also Christus als ein ganz anderer hier <strong>und</strong> dort.<br />

Diese Reden scheinen aber auch in sich selbst wenig wahrscheinlich; sie seien unförmig <strong>und</strong><br />

dunkel, <strong>und</strong> es entspreche der Lehrweisheit Christi sehr wenig, <strong>das</strong>s er durch diese Dunkelheit der<br />

Reden <strong>über</strong>all Missverständnisse bei den Hörern hervorrufe. Es zeige sich in ihnen nicht recht ein<br />

geschichtlicher Verlauf; die Juden werden von vornherein in einer Leidenschaftlichkeit dargestellt,<br />

die sich erst nachher ausgebildet; endlich liege diesen Reden eine polemische Tendenz zu Gr<strong>und</strong>e,<br />

welche wohl Joh., nicht aber Christus selbst gehabt – nämlich die Tendenz, die Göttlichkeit Christi<br />

gegen Ebioniten <strong>und</strong> Andere zu verteidigen.<br />

Am wohlsten fühlt sich die Kritik bei ihren tausendfachen Zweifeln, wenn sie sich in einem mystischen<br />

Dunkel <strong>über</strong> den Ursprung des Evang. verstecken kann – während die Aufgabe der Theologie<br />

ist, sich wirkliche Klarheit <strong>über</strong> alle diese Fragen zu verschaffen.<br />

§ 5. Authentie, Zweck <strong>und</strong> Charakter des Evangeliums.<br />

I. Innere Merkmale der Echtheit.<br />

Eben so wenig tritt die Person des Verfassers im 4. Evang. hervor, wie in den 3 übrigen – ganz<br />

wie es dem Charakter apostolischer Predigt angemessen ist. Der Schreibende erzählt aber als Augenzeuge,<br />

als welcher er sich selbst c. 19,35 aufs deutlichste bezeichnet (c. 1,14 steht ἐθεασάμεθα,<br />

vergl. 1. Joh. 1,1-3). Auch c. 20,30 ist offenbar, <strong>das</strong>s der Erzähler als Augenzeuge Dinge berichtet,<br />

welche Christus ἐνώπιον τῶν μαθητῶν αὐτοῦ getan hat. Das entschiedenste Zeugnis findet sich aber<br />

am Schlusse des ganzen Buches c. 21,24. Die Auslegung selbst wird zeigen, <strong>das</strong>s diese Worte dem<br />

Apostel am füglichsten zugeschrieben werden. Danach ist also ausdrücklich gesagt, <strong>das</strong>s von Jesu<br />

ein Solcher dies Evangelium geschrieben habe, der sein Jünger gewesen, <strong>und</strong> den Jesus lieb gehabt.<br />

Diese Tatsache wird durch folgende Indizien bestätigt:

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