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Akademische Vorlesungen über das Neue ... - Licht und Recht

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Vorwort.<br />

<strong>Akademische</strong> <strong>Vorlesungen</strong> haben nicht den Zweck, einen vollständigen Kommentar zu ersetzen,<br />

sondern sie sollen nur <strong>Licht</strong>ungen in den dunklen Wald der Exegese schlagen <strong>und</strong> so anleiten, sich<br />

in demselben zurechtzufinden. Dies wird auch diese Vorlesung <strong>über</strong> <strong>das</strong> Evang. Joh. leisten, die von<br />

allen denen, die die Wahrheit mehr lieben als die Verwirrungen der Lüge, gerne angenommen werden<br />

wird. Meine Erfahrung ist, <strong>das</strong>s die <strong>Vorlesungen</strong> von Wichelhaus <strong>über</strong>all da mit Segen gebraucht<br />

wurden, wo man, ermattet an dem Gezänke <strong>und</strong> den tausendfachen Widersprüchen der gewöhnlichen<br />

Exegese, nach Einfalt <strong>und</strong> Gewissheit verlangte. Ob sie dabei von den Tonangebern<br />

vernachlässigt wurden, hatte geringe Bedeutung in einer Zeit, wo Gottes Ernst dem sogenannten<br />

wissenschaftlichen Protestantismus sein Wort genommen 1 <strong>und</strong> ihn in eine chaotische Finsternis dahingegeben<br />

hat, aus deren nächtlichen Schlingen er nicht mehr herauskommen wird. Es war für Luther<br />

noch möglich, aus den Abgründen des Papsttums aufzusteigen, da ihm die Autorität der Schrift<br />

feststand <strong>und</strong> er nur die verschüttete Quelle neu aufzugraben brauchte – wir haben die gef<strong>und</strong>ene<br />

Quelle vergiftet <strong>und</strong> werden kein Heilmittel gegen diesen Schaden finden. Eine nähere Beschäftigung<br />

mit dem reichen Material der Erklärungen des Evang. Joh. hat mir wieder den Beweis geliefert,<br />

<strong>das</strong>s es ein ganz vergebliches Bemühen ist, Zeitgenossen, die mit den dämonischen Kräften<br />

steten Widerspruchs <strong>und</strong> erfindungsreicher, listig unermüdlicher Kritik ihr heilloses Spiel treiben,<br />

noch die Wahrheit gleichsam wissenschaftlich beweisen zu wollen. Was ist unsere exegetische Wissenschaft?<br />

Ein Sandhaufen, der bald von diesem oder jenem Windstoß in spielendem Wechsel <strong>und</strong><br />

vielfachen Formen in die Luft getrieben wird. Nichts steht mehr fest – alles wird bestritten – alles<br />

fast ebenso wieder behauptet.<br />

Man kann es bei der kritischen Vielgeschäftigkeit der Gelehrten begreifen, <strong>das</strong>s die sachliche Exegese<br />

sehr wenig gefördert wird <strong>und</strong> es kaum nötig war, in dieser Hinsicht Zusätze zu diesem Kommentar<br />

zu machen. Glaube <strong>und</strong> stille Versenkung fördern allein die Erklärung. Sie fehlen uns. Man<br />

schreibt vielfach die Alten ab, deren Gründlichkeit <strong>und</strong> Einfalt man nicht besitzt. Dafür wiederholen<br />

die Einen bis zum Überdruss ihre ledernen <strong>und</strong> ausgepressten Gedanken von Alexandrinismus oder<br />

Gnostizismus, von Anti-Judaismus <strong>und</strong> Dualismus, die Anderen, die hierin <strong>das</strong> Geheimnis nicht finden,<br />

wissen nicht die Grenze zu treffen zwischen dem Originalsinn Jesu <strong>und</strong> seinen johanneischen<br />

Verschleierungen <strong>und</strong> Auffassungen – <strong>und</strong> wenn sie ehrlich sind, müssen sie sagen, <strong>das</strong>s in ihnen<br />

dieselben Zweifel an W<strong>und</strong>er <strong>und</strong> Weissagung festsitzen, wie bei den Übrigen. Denn wenn ein ganzes<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert an rätselhafte Machttaten Gottes nicht mehr glauben kann, woher haben die Apologeten<br />

die Gabe, daran festzuhalten? Ein so vortrefflicher Geist wie Ranke weist die bestbezeugten<br />

W<strong>und</strong>er der heil. Schrift zurück (Niederlage Sanheribs, Bekehrung Pauli), 2 woher käme es uns<br />

Theologen, tapferer zu sein als er?<br />

Zu wirklichen Ergebnissen ist es bei aller kritischer Arbeit bis jetzt noch nirgends gekommen.<br />

Nachdem man <strong>das</strong> ergiebige <strong>und</strong> bequeme Würfelspiel mit den Nummern Matthäus, Markus <strong>und</strong><br />

Lukas lange getrieben hat ohne eine rechte Zusammensetzung zu finden, wendet man sich jetzt wieder<br />

(Wetzel) müde des grausamen Spiels 3 der alten Traditionshypothese zu. Nachdem man nicht<br />

mehr <strong>das</strong> Evang. Joh. in <strong>das</strong> Ende des 2. Saec. verlegen kann, sondern gedrängt durch die patristi-<br />

1 Luther: Unsere ingratitudo, contemtus et fastidium verbi in tanta luce – die wird es tun, <strong>das</strong>s dadurch der Teufel gar<br />

zu uns hereinschlägt. Es soll wieder dazu kommen, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Wort von euch genommen wird <strong>und</strong> ihr den Teufel hören<br />

müsset.<br />

2 „Auf der Reise nach Damaskus riss sich Saulus von der Idee, <strong>das</strong>s die wahre Religion an den Tempel von Jerusalem<br />

geb<strong>und</strong>en sei, durch einen plötzlichen Schwung seiner Seele, den w<strong>und</strong>erbare Erscheinungen entweder hervorriefen<br />

oder bestätigten, unbedingt <strong>und</strong> auf immer los.“ Der hervorgehobene Zusatz zerstört den biblischen Bericht.<br />

3 Luther: Es ist der Teufel, der also gaukelt <strong>und</strong> würfelspielet mit der Schrift <strong>und</strong> drehet wie er will, <strong>das</strong>s wo man ihn<br />

angreifet, soll man den Aal bei dem Schwanz gefasset haben.

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