Akademische Vorlesungen über das Neue ... - Licht und Recht

§ 1. Von dem Leben und der Person des Apostels Johannes. 17
worden, weshalb sie Clem. Alex. ἐκλετῶν ἐκλκτοτέρους nennt. Sie waren die Zeugen seiner Verklärung
auf einem Berge Galiläas, Mt. 17,1; Mk. 9,2; Lk. 9,28; cf. 2. Petr. 1,16.17; sie waren bei der
Erweckung der Tochter des Jairus, Mk. 5,37, endlich von dem Herrn nur einen Steinwurf weit in
Gethsemane, Mt. 26,37; Mk. 14,33. Damit aber diesen Dreien nicht etwa ein persönlicher Vorzug
zuerkannt oder eine um so größere Fähigkeit bei ihnen vorausgesetzt werde, den Herrn in seinen
Wegen und Worten zu verstehen, so hat die evangel. Geschichte gerade von diesen Dreien uns einige
Züge aufbewahrt, wie auch sie sich neben dem einigen Meister als Toren und trägen Herzens gezeigt.
Lukas in demselben 9. Kap., worin er die Verklärung berichtet, meldet v. 49. 50, dass Johannes
dem Herrn berichtet habe und von ihm darüber zurecht gewiesen worden sei, dass sie Jemandem,
der in Christi Namen Teufel ausgetrieben, gewehrt hätten, weil er ihnen nicht nachgefolgt.
Und v. 54. 55 berichtet er von dem fleischlichen Eifer und Zorn der Söhne Zebedäi über die Samariter.
Aus Beidem ist ersichtlich, dass sie glaubten, ihre und ihres Meisters Ehre vor der Welt handhaben
zu müssen. Welche verkehrte Vorstellungen sie von dem Reiche Christi haben mochten, ersehen
wir aus ihrer Bitte, zur Rechten und Linken des Herrn zu sitzen, Mt. 20,20. Ambrosius, Hilarius
u. A. haben zwar der Mutter die ganze Schuld daran aufbürden wollen; es ist aber offenbar, dass die
Jünger selbst dabei beteiligt gewesen, denn an sie richtet Jesus die Antwort und die übrigen Jünger
werden über sie erzürnt. Wir sehen, dass bei Allem, was die Apostel besaßen, es doch noch einer andern
Gabe bedurfte, um sie auszurüsten, zu predigen und zu schreiben, was in Christo erschienen
und der Menschheit gegeben sei.
Spezielle Notizen über Johannes.
Bei dem letzten Passah ist es Joh., der mit Petrus vom Herrn geschickt wird, das Lokal für die
gemeinsame Feier zu bestellen, Lk. 22,8-13; bei der Mahlzeit selbst ist es Joh., der den Herrn wegen
des Verräters befragt. Ob ferner der Mk. 14,51.52 genannte Jüngling Joh. gewesen, wie Ambros.,
Gregor d. Gr., Beda, Erasmus u. A. denken, muss bezweifelt werden; es scheint vielmehr irgend
ein anderer Anhänger Jesu gewesen zu sein, der in der Nacht leicht gekleidet sich herbeimachte
und nun auch entwich, nachdem die Jünger schon vorher entflohen waren.
Bekannt sind die Worte Jesu am Kreuz zu Maria, seiner Mutter. Wenn hinzugesetzt wird: „und
von der Stunde nahm der Jünger die Mutter Jesu εἰς τὰ ἴδια“, so entsteht die Frage, wo der Apostel
nachher seinen festen Wohnsitz gehabt habe. Nachdem die Auferstehung von den Weibern gemeldet,
läuft Joh. mit Petro zum Grabe; er ist zugegen, als der Herr bei verschlossenen Türen erscheint,
er ist Zeuge der Erscheinungen des Herrn in Galiläa und seiner Himmelfahrt auf dem Ölberge.
Nach dem Pfingstfeste tritt er mit Petrus im Tempel auf, Act. 3. In Kraft des heil. Geistes verrichten
Petrus und Joh. die Heilung des Lahmen; sie werden der Predigt vom Auferstandenen wegen
vors Synedrium gestellt, und die ganze hohe Versammlung wundert sich der Freudigkeit und Kraft,
welche aus diesen ungelehrten Laien redet. Joh. wird sodann zum zweiten Male ergriffen mit den
übrigen Aposteln und gegeißelt: Act. 5,40. Er verwaltet mit den übrigen Aposteln das Amt der Lehre
und des Gebets für die täglich sich mehrende Gemeinde. In der Verfolgung, die mit des Steph.
Tötung sich erhob, blieben die Apostel in Jerusalem, und mit Petr. wurde Joh. nach Samarien abgeordnet;
Act. 8,14-15. Bis dahin hat die Apg. den ersten Teil ihres Berichtes durchgeführt (c. 1,8),
dass in Kraft des heil. Geistes von den Aposteln das Zeugnis Christi ausgegangen sei durch ganz Judäa
und Samaria. Sie berichtet nun weiter, wie dieses Zeugnis gedrungen sei auch bis an der Welt
Ende, mitten hinein in der Welt Hauptstadt, wo Alles zusammenströmte. Dies geschah durch Paulus.
Des Johannes geschieht nun von da ab nur selten Erwähnung.