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Akademische Vorlesungen über das Neue ... - Licht und Recht

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Vorwort. 9<br />

<strong>das</strong> richtig nach den Synoptikern am Schluss der Tätigkeit Jesu geschah, bei Joh. an den Anfang seines<br />

Zeugnisses gesetzt, obwohl es schon allein genügte, um die Katastrophe herbeizuführen. Und<br />

gleich darauf ist von seiner Auferstehung die Rede. Das ist sehr wenig künstlerisch nach unseren<br />

Begriffen. Um eine Steigerung in den W<strong>und</strong>ern aufzuzeigen <strong>und</strong> Zahlen dabei festzuhalten <strong>und</strong><br />

zwar nach der geographischen Scheidung von Galiläa <strong>und</strong> Judäa, hat man aus Speisung <strong>und</strong> Meerwandel<br />

<strong>und</strong> Heilung des Blinden <strong>und</strong> Auferweckung des Lazarus je ein Doppelw<strong>und</strong>er gemacht:<br />

sehr unwürdige Spielereien. Joh. schwebte so wenig eine Zahl bei den W<strong>und</strong>ern vor, wie wir sie<br />

entdecken werden. Ich zähle 12 Zeichen, 5 in Galiläa (Kana, Königischer, Speisung, Meerwandel,<br />

dritte Offenbarung an die Jünger), 7 in Judäa (Tempelreinigung, Blindenheilung, Auferweckung des<br />

Lazarus, Niederwerfung der Häscher, drei Offenbarungen des Auferstandenen). Mit vollem <strong>Recht</strong><br />

kann man auch die Stimme vom Himmel <strong>und</strong> die an dem Herrn erfüllten Weissagungen als mit ihm<br />

geschehene Zeichen betrachten (12,30; 19,35 – Beziehung auf den Glauben, wie bei den übrigen<br />

Zeichen). Dann hätten wir 15 W<strong>und</strong>er: von einer Absicht ist nichts in dieser Zahl zu ergrübeln.<br />

Man hat in verschiedenen Zahlen <strong>das</strong> Gesetz der Zusammensetzung des Evang. finden wollen.<br />

Die Sieben-, die Fünf- <strong>und</strong> vor allem die Dreizahl soll sich erkenntlich machen. Letztere ist benutzt,<br />

um aus dem Evang. ein Drama zu machen, in welchem der Knoten gelegt, geschlungen <strong>und</strong> schließlich<br />

gelöst wird. Daran ist einiges Wahre, aber die Durchführung oft sehr gesucht. Die Behauptungen,<br />

nach welchen der Schreiber die W<strong>und</strong>er erf<strong>und</strong>en habe, um an sie Reden anzuknüpfen <strong>und</strong> wir<br />

so in dem Schema: symbolisches W<strong>und</strong>er <strong>und</strong> darauf folgende Rede auch eine Anleitung für die Erkenntnis<br />

„der Komposition“ des Evang. haben, sind darum nichtig, weil wir Zeichen haben, die gar<br />

keine längeren Reden nach sich ziehen (Kana, Tempelreinigung, Blindenheilung, Auferweckung<br />

Lazari). Man kommt nirgends bei dem Evangelisten mit dem Gedanken durch, <strong>das</strong>s er eine bestimmte<br />

<strong>und</strong> in allem künstlerische „Disposition“ im Voraus sich fertig gelegt habe.<br />

Auch die lehrhafte Seite des Evang., nach welcher Joh. den Nachweis liefert, <strong>das</strong>s in Jesu <strong>das</strong><br />

Leben für den Glauben sei, tritt nirgends in einer einer dogmatischen Abhandlung ähnlichen Durchführung<br />

auf, so <strong>das</strong>s wir vielleicht loci <strong>über</strong> die ζωὴ αἰώνιος auch in der Einteilung zu suchen haben.<br />

Mit diesem Begriff des Lebens hängen wohl andere Begriffe des Evang. eng zusammen, aber<br />

sie sind nicht neujohanneisch, sondern Schriftbegriffe <strong>und</strong> stehen nicht in der Einheit eines philosophischen<br />

Systems, sondern in der Gemeinschaft großer Realitäten der Wahrheit, die der Glaube<br />

fasst, die wissenschaftliche Erkenntnis aber weder erfindet noch begreift.<br />

Wäre <strong>das</strong> Evang. die Darstellung eines Sieges der Logosidee, so würde dieser Sieg – wie Philosophen<br />

sich einmal solchen Sieg denken – mehr sichtbare Erfolge aufzuweisen haben; statt dessen<br />

bleibt <strong>das</strong> Volk in hartem Unglauben, <strong>und</strong> die Jünger zeigen sich selbst nach der Auferstehung noch<br />

blind <strong>und</strong> töricht. Es ist eben nur der Sieg des Wortes für den Glauben dargestellt – von dem Triumph<br />

einer neuen Gedankenwelt weiß <strong>das</strong> Evang. nichts. Man hat aus einem gewissen Rhythmus in<br />

den Einzelheiten der Abschnitte des Evang., aus einer parallelen Gliederung, wie sie sich zuweilen<br />

zeigt, auf besondere bewusste Absichten des Joh. schließen wollen, doch ist <strong>das</strong> mehr ein Herumtappen,<br />

statt ein gewisses Erkennen.<br />

Wir haben bei der Gliederung des Stoffes von jedem Gedanken einer „künstlerischen Komposition“<br />

abzusehen <strong>und</strong> nur für <strong>das</strong> große Ganze bestimmte auch dem Joh. bewusste Abteilungen anzunehmen.

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