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Akademische Vorlesungen über das Neue ... - Licht und Recht

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Vorwort. 7<br />

Es schien mir nötig, in diesem Vorworte eine Gliederung des Evang. zu geben, da dieselbe in einem<br />

besonderen Abschnitt in dem Kommentar nicht behandelt ist. Auch wollte ich damit zugleich<br />

einige Gedankenreihen entwickeln. 8<br />

Da Johannes ein Zeugnis inmitten der gläubigen <strong>und</strong> im Glauben zu bestärkenden Gemeinen niederlegen<br />

will, hat er <strong>das</strong>selbe wohl in einer Einteilung seines reichen Stoffes getan, auch in einem<br />

innern Zusammenhange <strong>und</strong> wachsendem Fortschritt der ihn bewegenden Gedanken, aber er hat<br />

keine „künstlerische Komposition“ oder einen besonders fein <strong>und</strong> mühevoll errichteten „Aufbau“<br />

seines Evang. gewollt. Solche Unterlegung geht von denen aus, die Johannes zu einem Dichter machen,<br />

der nicht nur die Tiefe seiner Gedanken, sondern auch deren virtuose Gestaltung <strong>und</strong> Durchführung<br />

seinen Lesern habe dartun wollen. Das Evang. ist ein spekulatives <strong>und</strong> formelles Kunststück,<br />

aber kein Bericht von Tatsachen. Es ist in Allem vollendet erdacht, aber nichts ist so geschehen.<br />

Dies beweist schon seine sinnvolle Form. Seit Baur hat man sich bemüht, bis ins Kleinste hinein<br />

die schaffende Arbeit der Hand des Künstlers nachzuweisen. Es liegt aber dem Ernste der<br />

Das sind wieder Ausdrücke, die eine Königs-Herrlichkeit beschreiben, von der der Änosch so wenig einen Rest<br />

hat, <strong>das</strong>s er noch viel weniger mit derselben gekrönt ist. Ein Änosch soll mit Kabod <strong>und</strong> Hadar gekrönt sein! Vergl.<br />

Röm. 3,23. Hier steht die gegebene Übersetzung am Rande der völligen Unbegreiflichkeit! (1. Mos. 9,6, Jak. 3,9<br />

sind hier nicht in Vergleichung zu ziehen, da dort gegen<strong>über</strong> dem Mörder <strong>und</strong> Lästerer die ursprüngliche Schöpfung<br />

festgehalten wird – hier aber ist von dem Änosch die Rede). Der Psalm sieht den gefallenen Menschen einer Zukunft<br />

entgegen gehen, wo er wieder zur vollen Lebensherrlichkeit <strong>und</strong> Lebensherrschaft umgestaltet ist <strong>und</strong> indem<br />

dies zunächst allein in Christo geschehen ist, ist der Psalm messianisch, so auch im N. T. verstanden <strong>und</strong> sehr wahrscheinlich<br />

die Ursache, <strong>das</strong>s der Herr selbst sich des Menschen Sohn genannt hat. – Die Kommission begeht ein Unrecht<br />

am N. T., an Luther, an der Tradition der christlichen Kirche, an der Mehrzahl der besten älteren Exegeten,<br />

wenn sie die Messianität des Psalmes entfernt <strong>und</strong> statt dessen eine reine Widersinnigkeit in denselben hineinbringt.<br />

Überschrift <strong>und</strong> Übersetzung sind zu entfernen <strong>und</strong> der alte Luthertext in seine heilige Ehre wieder einzusetzen. –<br />

Von Gottes Größe in der Schöpfung, namentlich am Himmel, ist in dem Psalme gar nicht besonders pointiert die<br />

Rede, sondern gerade im Gegenteil von der alle Schöpfung Gottes <strong>über</strong>strahlenden Herrlichkeit des Namens des<br />

Herrschers Jehovas auf der ganzen Erde in dem tief erniedrigten <strong>und</strong> in Christo wieder erhöhten Menschen. – Auch<br />

Hebr. 2,7 <strong>und</strong> 9 fasst v. 6 als einen vor<strong>über</strong>gehenden schmachvollen gerichtlichen Zustand. Es entspricht nicht dem<br />

gerühmten „Wahrheitssinn“, wenn nachdem alle Messianität des Psalmes entfernt ist, „nun doch wieder eine typi -<br />

sche Beziehung der Psalmworte auf Christum keineswegs ausgeschlossen sein soll.“ Worin soll dieselbe denn noch<br />

bestehen, wenn von dem Menschen der Gegenwart die Rede ist? – Will die Kommission ihre Übersetzung durchaus<br />

aufrecht halten, so setze sie wenigstens den Luthertext darunter, damit <strong>das</strong> Volk doch ein Regulativ gegen solche<br />

großen Irrtümer hat.<br />

2. Samuelis 7,19. (1. Chronik. 18,17.)<br />

Wenn es bei diesen schwierigen <strong>und</strong> dunklen Worten weder bei den Exegeten noch bei den Mitgliedern der<br />

Kommission zu einem irgendwie genügenden Resultate sicherer Erklärung gekommen ist, so wäre es gewiss besser,<br />

die Worte so zu lassen, wie Luther sie gegeben hat. Denn bei eigener Schwankung <strong>und</strong> Ungewissheit der Kommission<br />

muss immer der Luthertext den Vorzug haben. Noch mehr ist dieses Gesetz zu beachten bei der Stelle<br />

Daniel 9,24-27,<br />

wo gewiss allen verwirrten <strong>und</strong> unerquicklichen Verhandlungen <strong>über</strong> diese Worte ein Ende gemacht wird durch Beibehaltung<br />

der Übersetzung Luthers, die nach unserem Dafürhalten mit gutem <strong>Recht</strong> hier „bis auf Christum, den<br />

Fürsten“ hat. Damit wäre auch die einzige Stelle im A. T. erhalten, wo der Name Christus ausdrücklich vorkommt.<br />

6 Für <strong>das</strong> A. T. mache ich auf die Arbeiten von Prof. Böhl in Wien aufmerksam, obwohl die Anmut <strong>und</strong> Weihe, die auf<br />

den <strong>Vorlesungen</strong> von Wichelhaus ruht, denselben nicht eigen sind, auch inhaltlich man <strong>über</strong>all die systematische<br />

Vollendung <strong>und</strong> Ausreifung vermisst – doch bringen sie eine Reihe von vortrefflichen <strong>und</strong> entscheidenden Gedanken<br />

aus der Schule Kohlbrügges, dieses einzigen Lutherus redivivus in diesem Jahrh<strong>und</strong>ert, wie ihn Cuno mit <strong>Recht</strong> in<br />

der deutschen Biographie nennt.<br />

7 Vergl. den Vortrag von mir: Zwinglis Verdienste um die biblische Abendmahlslehre. Stuttgart 1884.<br />

8 <strong>Neue</strong>rdings haben sich mit dieser Frage beschäftigt: Holtzmann (Zeitschrift f. wiss. Theol. 24,3), Wild (Jahrb. d.<br />

histor. Gesellsch. Züricher Theol. 1877), Lomann (De bouw van het vierde evangelie 1877), Hausrath (Neutest.<br />

Zeitg. IV), Thoma (Die Genesis des Joh.-Evang. 1882, S. 373-732), Honig (Zeitschr. für wissenschaftl. Theol. 26,<br />

7), Franke (Studien <strong>und</strong> Kritiken 1884, Heft I).

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