Akademische Vorlesungen über das Neue ... - Licht und Recht
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1. Das Amt der Evangelisten in der Gemeinde. 21<br />
dem Messias hatten. Sie hielten immer den Herrn für einen Menschen, gleich ihnen selbst; nach eigenem<br />
Ermessen beurteilten sie ihn; <strong>das</strong> aber wussten sie, <strong>das</strong>s er ὁ ἅγιος, ὁ δίκαιος war, <strong>und</strong> weil<br />
sie dieses wussten, in sich selbst aber <strong>und</strong> der von ihnen verstandenen Schrift für ihr Leben <strong>und</strong> Gewissen<br />
den letzten Gr<strong>und</strong> all ihres Innewerdens <strong>und</strong> Gewissseins nicht hatten, so fassten sie um so<br />
fester alles von dem Herrn Gesagte in ihrem Herzen auf, eben weil sie’s nicht verstanden – nach<br />
dem Verständnis aber suchten. Sie fragten sich manchmal untereinander, was dieses oder jenes wohl<br />
wäre, was <strong>das</strong> zu bedeuten habe; sie suchten den Herrn zurückzuhalten – <strong>und</strong> wurden dann um so<br />
gewaltiger von ihm fortgedrängt. Ihrer Torheit unzählige Male <strong>über</strong>führt, ihres Vorwitzes wegen gestraft,<br />
in ihrem Unverstand mit Sanftmut belehrt, vom Herrn selbst auf die Zukunft verwiesen, wo<br />
ihnen Alles klar werden sollte, – war ihre Seele einem Ackerfelde zu vergleichen, welches den Samen<br />
des Worts aufgenommen <strong>und</strong> gleichsam begraben hat unter der finsteren <strong>und</strong> harten Scholle.<br />
Als nun endlich der Weg, während sie auf <strong>Licht</strong> gehofft hatten, in der Finsternis von Golgatha endete<br />
– da war in ihrer Seele Alles drunter <strong>und</strong> dr<strong>über</strong> geworfen. Die Schulweisheit <strong>und</strong> alle Vorurteile<br />
von dem Volke Gottes waren zu Grabe getragen – denn der Herr war von Israel <strong>und</strong> seinen Obern<br />
verworfen. Die Gedanken, welche sie von sich selbst gehegt, waren zu Schanden geworden, denn<br />
auch sie hatten den Herrn verlassen. Aus der Schrift entstahl sich auch nicht ein Funke <strong>und</strong> Trost,<br />
denn der war tot, von dem sie Alles gehofft. Da, am 3. Tage – wird <strong>das</strong> Siegel gelöst. Der Herr bei<br />
den Emmaus-Jüngern, ehe er sich selbst zu erkennen gab, eröffnete er ihnen die Schrift <strong>und</strong> zeigte<br />
ihnen aus dem Worte Gottes von Anfang bis zu Ende die Notwendigkeit, <strong>das</strong>s es gerade so hatte gehen<br />
müssen wie es gegangen, <strong>das</strong>s aller Menschen Vernunft <strong>und</strong> Gerechtigkeit musste an den Tag<br />
kommen, auf <strong>das</strong>s Gottes Gerechtigkeit <strong>und</strong> Wahrheit allein obwalte. Der, den sie nun gehört, gesehen<br />
<strong>und</strong> betastet hatten – stand auf von den Toten, fuhr vor ihren Augen auf gen Himmel. War denn<br />
nun <strong>das</strong> Band gelöst, war Christus nicht mehr bei ihnen? Vielmehr im Geiste, den der Vater sandte,<br />
kam er wieder zu ihnen; in der Verklärung <strong>und</strong> Herrlichkeit, die er nun beim Vater hatte, wurde den<br />
Aposteln Alles aufgedeckt. Und indem sie nun selbst in die Welt gesandt wurden, den Weg nun<br />
selbst geführt wurden, auf dem sie mit Christo gewandelt waren – da erinnerte sie der Geist alles<br />
dessen, was sie von Christo gehört, was sie ihn hatten tun <strong>und</strong> leiden sehen; gegen den Widerstreit<br />
<strong>und</strong> alle Einwürfe der Menschen reichte ihnen der Geist aus dem, was sie bei Christo gehört, dieselben<br />
Worte wieder dar – <strong>und</strong> sie wussten für sich selbst <strong>und</strong> die Gemeinde keinen bessern Trost, keine<br />
stärkere Ermahnung, als ihnen aus dem Schatze dessen, was sie selbst gesehen <strong>und</strong> gehört, die<br />
Anweisung darzureichen, wie sie Alles zu betrachten, was sie in der Welt zu erleben, <strong>und</strong> woran sie<br />
sich zu halten hätten, um auf demselben Weg der Leiden <strong>das</strong> Ziel der Herrlichkeit zu erreichen, dahin<br />
Christus vorangegangen.<br />
Der Apostel Einmütigkeit <strong>und</strong> Festigkeit, die Nüchternheit, Lauterkeit <strong>und</strong> Einfalt, welche sich<br />
unwidersprechlich in ihren Schriften k<strong>und</strong>gibt – sind die stärksten Fürsprecher ihrer Zuverlässigkeit,<br />
<strong>und</strong> ihr ganzes Wesen muss bei dem Unbefangenen den Eindruck machen, <strong>das</strong>s sie für sich<br />
nichts gesucht, einen Plan <strong>und</strong> Zweck irdischen Gelingens nicht verfolgt, <strong>das</strong>s sie vielmehr in unberechenbaren<br />
<strong>und</strong> unzähligen Anfechtungen, Gefahren <strong>und</strong> Irrwegen mit ihrem Glauben für sich <strong>und</strong><br />
die Gemeinde sich allein <strong>und</strong> ganz an <strong>das</strong> geklammert haben, was sie gesehen <strong>und</strong> gehört hatten.<br />
Denn dieses hatten sie erkannt als von Gott gekommen, so wie sie den Herrn auch leibhaftig in den<br />
Himmel hatten auffahren sehen. Das einstimmige Zeugnis des ganzen N. T. lautet also dahin, <strong>das</strong>s<br />
die Gr<strong>und</strong>lage der Lehre, worauf die Christen-Gemeinden erbaut sind – keine andere ist, als eine<br />
ganz getreue παράδοσις wirklicher <strong>und</strong> wahrhafter Geschichten, cf. 2. Petr. 1,16. Je einfacher, ungeschminkter<br />
<strong>und</strong> natürlicher alle diese biblischen Angaben von den verschiedensten Seiten sich zusammenstellen,<br />
desto frevelhafter ist die Behauptung derer, welche sagen, die evangelische Geschichte<br />
sei ganz oder zum Teil ein Gebilde der Phantasie, eine Einkleidung von Ideen ins Gewand