05.11.2013 Aufrufe

Akademische Vorlesungen über das Neue ... - Licht und Recht

Akademische Vorlesungen über das Neue ... - Licht und Recht

Akademische Vorlesungen über das Neue ... - Licht und Recht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

§ 3. Die kirchliche Tradition <strong>über</strong> den Apostel Johannes. 31<br />

Christi auf einem Ausspruch des Herrn bei Joh. In dem Briefe des Polycarp ist c. 7 eine wörtliche<br />

Anführung aus dem ersten Briefe Joh. c. 4,3. In den Briefen des Ignat. <strong>und</strong> Polyc. setzt der ganze<br />

dogmatische Ideenkreis die johanneischen Schriften voraus. Das Schweigen des Papias beweist<br />

nichts gegen die Abfassung von Joh.; da er den 1. Brief des Joh. benutzt hat, wird er auch <strong>das</strong><br />

Evang. gekannt haben.<br />

Wie bei den Orthodoxen war auch bei den Häretikern <strong>das</strong> Evang. Joh. bekannt. Der heidnische<br />

Philosoph Celsus nimmt darauf Rücksicht in seiner Polemik (Keim, Celsus’ wahres Wort, Zürich<br />

1873, S. 223, 229 ff.) Der Gnostiker Basilides unter Hadrian benutzt <strong>das</strong> Evang. in seinen Philosophumena,<br />

ebenso Valentinus <strong>und</strong> seine Schule für die Äonenlehre. Marcion verwarf <strong>das</strong> Evang.<br />

Joh., welches er in kirchlichem Gebrauch vorfand. In den Clementinischen Homilien, einer judenchristlichen<br />

Tendenzschrift, ist <strong>das</strong> Evang. benutzt worden. Auch in den Testamenten der 12 Patriarchen,<br />

unter Hadrian geschrieben, sind johanneische Reminiszenzen. Der Widerspruch, den die Aloger,<br />

eine kleine Partei, gegen <strong>das</strong> Evang. erhoben, war rein dogmatischer Art. Das grobe Missverständnis<br />

bei den Montanisten <strong>und</strong> die gnostische Schwärmerei rief nämlich einen Gegensatz hervor,<br />

der im Kampf gegen diese Richtungen auch gegen die Schriften sich kehrte, auf die sie sich beriefen<br />

(Luthardt a. a. O., S. 19 ff.). In einzelnen Worten <strong>und</strong> Stellen aller Schriften jener Zeit, in ganzen<br />

Richtungen des Denkens <strong>und</strong> Lebens gewahren wir den Einfluss des 4. Evang., welches, wenn<br />

auch missverstanden <strong>und</strong> irrig gedeutet, dennoch als <strong>das</strong> Wort eines Donnerkindes beides bei Kirchlichen<br />

<strong>und</strong> Häretikern alles durchhallt hat.<br />

§ 4. Die Angriffe gegen die Echtheit des Evangeliums aus inneren Gründen.<br />

Innerhalb der ganzen Kirche des 2. <strong>und</strong> 3. Saec. stehen die 4 Evangelien an der Spitze der apostolischen<br />

Schriften. Es zeigt sich dies besonders an einem Versuch des Irenäus, diese Zusammengehörigkeit<br />

zu erklären, adv. haer. 3, 1. Er vergleicht für die Vierzahl eine Menge Erscheinungen<br />

aus dem Naturleben, welche auch vierfach sich finden; wendet dann aber insbesondere die Gestalten<br />

der Cherubim darauf an <strong>und</strong> legt dem Joh. <strong>das</strong> Bild des Löwen, dem Lukas <strong>das</strong> des μόσχος, dem<br />

Matth. <strong>das</strong> des Menschen, dem Markus <strong>das</strong> des Adlers bei. Diese Verteilung der 4 Angesichter der<br />

Cherubim wurde sehr allgemein <strong>und</strong> doch schon von Augustin getadelt. Statt des Löwen wurde später<br />

dem Joh. der Adler zugesellt; <strong>und</strong> in Bezug darauf ist ein Vers im 13. Saec. gedichtet:<br />

Volat avis sine meta<br />

Quo nec vates nec propheta<br />

evolavit altius;<br />

tam implenda, quam impleta<br />

nunquam vidit tot secreta<br />

Purus homo purius. 13<br />

Jene 4 Angesichter stellen allerdings den Charakter Christi in seiner Menschwerdung dar – <strong>und</strong><br />

gehören also insofern alle 4 jedem Evangelio für sich an: τὰ πρόσωπα αὐτῶν εἰκόνες τῆς<br />

πραγματείας τõυ υἱοῦ θεοῦ. <strong>Neue</strong>rdings hat Th. Zahn in gelehrter Weise <strong>über</strong> diesen Punkt in den<br />

Beilagen zu seinem Theophilus von Antiochien gehandelt. Die nun bei den vier Evangelien aufgeworfenen<br />

Fragen, auf welche wir meistens vergeblich nach einer genügenden Antwort uns umsehen,<br />

sind schon bei den Kirchenvätern hauptsächlich folgende:<br />

Unter Evangelium verstand man eine Darstellung des Lebens Jesu. Da nun im Evang. Joh. Vieles<br />

gar nicht erzählt wird, was bei den Synoptikern sich findet, <strong>und</strong> umgekehrt, so suchte man sich die-<br />

13 Juvencus: Johannes fremit ore leo, similis rugienti Internat aeterna pandens mysteria vitae.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!