Akademische Vorlesungen über das Neue ... - Licht und Recht
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3. Die Inspiration. 25<br />
er, dem Gott seine Geheimnisse mitteilt: sondern dem Geiste Gottes gegen<strong>über</strong> ist ein Menschengeist<br />
blind, arm, leer <strong>und</strong> verfinstert, weil er aus Gottes Wort <strong>und</strong> Wahrheit herausgetreten; <strong>und</strong> so<br />
ist <strong>das</strong> wahre <strong>Licht</strong> lediglich ein Ausströmen von Gottes Gerechtigkeit, Wahrheit <strong>und</strong> Gnade in eine<br />
Seele. Da der heil. Geist Gott ist, so braucht er nicht die Mannigfaltigkeit der Geister zu zerstören,<br />
um seine Einheit zu behaupten, sondern wirkt ein ganz neues Sinnen <strong>und</strong> Regen, welches, weil es<br />
nicht des Menschen Geist ist, sondern von Gott ausgeht, auch allerwärts als eines Brunnquells Strömung<br />
sich erweist. Mit in tausend Abschriften sich gleichen Buchstaben auf Stein wäre uns nicht<br />
geholfen; wir sollen in den Herzen der Evangelisten lesen, wie darauf mit lebendiger Schrift, so wie<br />
ein Jeder in seiner Art gewesen ist, der Geist den Namen des Herrn Jesu eingegraben hat. Weshalb<br />
denn auch Paulus sagt, <strong>das</strong>s diejenigen, welche einen Paulus dem Petrus oder aber einem Apollo<br />
vorziehen <strong>und</strong> sich Diesem oder Jenem geistig näher verwandt glauben, nicht πνευματικοί, sondern<br />
σαρκικοί seien, da sie an eines Menschen Geist sich schließen <strong>und</strong> sich desselben rühmen. Mit<br />
<strong>Recht</strong> macht die Helvet. Konfession darauf aufmerksam, <strong>das</strong>s Gott, wo er Jemanden erleuchten<br />
wolle, doch nicht unmittelbar den Geist umwandle, sondern wie bei Cornelius durch seinen Engel<br />
an die ordentliche Predigt des Petrus verweise.<br />
Wir fassen <strong>das</strong> Gesagte so zusammen: Alles, was Johannes von dem Herrn berichtet hat, hat er<br />
nicht aus eigenem Geiste geschrieben, sondern getrieben von dem heil. Geiste, der ihn erinnerte alles<br />
Dessen, was Christus gesagt, <strong>und</strong> in alle Wahrheit ihn eingeleitet hat nach der Verheißung des<br />
Wahrhaftigen. Die Glaubwürdigkeit der evangel. Geschichte ist hierdurch für den Glauben festgestellt.<br />
Sie ist aber weiterhin im Evangelium Joh. insbesondere zu sichern gegen die dawider erhobenen<br />
Zweifel. Diese Zweifel haben aber insgesamt ihren Ausgangspunkt 1) in dem schwankenden<br />
Charakter der Tradition, 2) in den zwischen den Synoptikern <strong>und</strong> dem Joh. obwaltenden Differenz-<br />
Punkten. 12<br />
§ 3. Die kirchliche Tradition <strong>über</strong> den Apostel Johannes.<br />
Mit ziemlicher Übereinstimmung nennt die kirchliche Überlieferung Kleinasien <strong>und</strong> Ephesus als<br />
die Stätte der späteren Wirksamkeit des Johannes. Öfter erwähnt Irenäus in seiner Schrift wider die<br />
Häretiker (III, 3,4 vergl. Euseb. h. eccl. III, 23. III, 1, 1 vergl. Euseb h. eccl. V, 8, 4; II, 22, 5 vergl.<br />
Euseb. h eccl. III, 23, 3) den Aufenthalt <strong>und</strong> die Tätigkeit des Joh. in Ephesus. In dem Briefe an Florinus,<br />
seinen Jugendfre<strong>und</strong>, (Euseb. h. eccl. V, 20, 2-4) erinnert er diesen an sein Zusammensein mit<br />
Polycarp, <strong>und</strong> wie dieser von Joh. zu erzählen pflegte. In einem Briefe an den Bischof Victor von<br />
Rom aus Anlass des Paschastreites berichtet er von einem Besuche des Polycarp in Rom, bei welchem<br />
dieser gegen den Bischof Aniket den 14. Nisan als den Tag der Feier des Paschah betonte,<br />
weil er diesen immer mit Johannes, dem Jünger unseres Herrn, <strong>und</strong> den andern Aposteln, mit welchen<br />
er zusammenlebte, gefeiert habe. Da Irenäus von Polycarp auch berichtet (adv. haer. II, 3),<br />
<strong>das</strong>s er nicht nur mit Vielen, die Christum gesehen hatten, zusammengelebt habe, sondern auch von<br />
den Aposteln für ganz Kleinasien als Bischof in Smyrna eingesetzt worden sei – was auch Tertullian<br />
de praescr. c. 32 bestätigt – so wäre Polycarp, ein Gefährte von Ignatius <strong>und</strong> Papias (nach Irenäus V,<br />
33, Hieronym. in Chronico ad a. 101), ein Mittelglied zwischen Johannes <strong>und</strong> dem zweiten Jahrh<strong>und</strong>ert.<br />
Die Nachricht von der Einsetzung zum Bischof in Kleinasien ist dadurch etwas verdächtig,<br />
<strong>das</strong>s sie schon nach späteren hierarchischen Ansichten schmeckt. Auffallend ist auch, <strong>das</strong>s Irenäus<br />
<strong>und</strong> Eusebius, welche die Schrift des Papias Λογίων κυριακῶν ἐξγησις in den Händen gehabt haben,<br />
12 Die neueste Behandlung dieser Fragen bei Luthardt, Der johanneische Ursprung des vierten Evangeliums, Leipzig<br />
1874, 8. 93 ff.; Mangold, Bleeks Einleitung ins N. T., S. 167; Beyschlag, Zur Joh.-Frage, Gotha 1876, S. 9 ff.; Godet,<br />
2. Ausgabe des Comm. 1879, I. S. 25 ff.; Weiss bei Meyer, S. 3 ff. u. Keil Comm. 1881, S. 5 ff.; dagegen Keim,<br />
Dritte Bearbeitung der Geschichte Jesu, 2. Aufl. 1872, S. 41 f. u. S. 378 ff.