Akademische Vorlesungen über das Neue ... - Licht und Recht
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Spezielle Notizen <strong>über</strong> Johannes. 19<br />
te, <strong>und</strong> dahin er Zuflucht nahm aus der Finsternis <strong>und</strong> Sklaverei dieses Lebens, die er aufs Tiefste<br />
gefühlt. Den Herrn verworfen zu sehen, <strong>das</strong> war sein Schmerz, denn er kannte ihn als der Welt einziges<br />
Heil; alles Verlorene <strong>und</strong> dem Herrn Übergebene durch ihn errettet zu sehen zur Ehre des Vaters<br />
– <strong>das</strong> war der Glaube, der ihn getragen <strong>und</strong> auf dieser Erde seinen Blick helle erhalten hat, bis<br />
der Herr gekommen.<br />
Unter den Jüngern selbst scheint sich Joh. besonders an Petrum angeschlossen zu haben – ein<br />
Beweis, wie sehr der in sich gekehrte Joh. <strong>und</strong> der nach außen so tatkräftige Petrus in einem Geiste<br />
sich vereinigt fühlten. Er war mit Petro schon vor der Berufung des Herrn bekannt; den Saal zum<br />
Abendmahle zu besehen, wird er mit Petrus entsandt; beim Abendmahle lässt Petrus durch ihn den<br />
Herrn fragen, bei der Auferstehung läuft er mit Petro zum Grabe; Joh. c. 21 sind beide zusammen;<br />
nach dem Pfingstfeste sehen wir Petrus <strong>und</strong> Joh. vereinigt predigen, W<strong>und</strong>er tun, leiden für des<br />
Herrn Namen <strong>und</strong> die Gemeinde verwalten. Da sein Bruder Jak. gleichfalls des Herrn Apostel war,<br />
<strong>und</strong> auch die Mutter Salome ihm nachfolgte – so war Joh. in trautem, engem Kreise Solcher, die mit<br />
ihm gleich dachten <strong>und</strong> fühlten; aber sein Gesichtskreis ist keineswegs beschränkt gewesen. Er hat<br />
Jesum vor Augen gehabt als der Welt <strong>Licht</strong> <strong>und</strong> den Messias Israels; sein Eifer für die Ehre des<br />
Herrn <strong>und</strong> seiner Nachfolge, auch die Bitte der Mutter beweisen, wie sein ganzes Denken <strong>und</strong> Sinnen,<br />
wenn auch nicht κατ᾽ ἐπίγνωσιν – dahin gerichtet gewesen, <strong>das</strong>s die Verheißungen der Propheten<br />
erfüllt, <strong>das</strong> Königreich Gottes in seiner Macht aufgerichtet <strong>und</strong> entfaltet <strong>und</strong> <strong>das</strong>s Israel alles<br />
dessen teilhaftig werde, was in Christo geschenkt war. Der Herr mag mit Samaritern, mit einem Nikodemus,<br />
mit den Juden, mit dem engen Kreis seiner Jünger verkehrt haben – in der Erkenntnis der<br />
Allgenugsamkeit <strong>und</strong> Herrlichkeit Christi hat der Jünger <strong>und</strong> Apostel ein so weites Herz gehabt, die<br />
Bedürfnisse Aller zu umfassen, nach allen Seiten hin dem Wort <strong>und</strong> der Alles ans <strong>Licht</strong> bringenden<br />
Predigt seines Meisters zu folgen. Die Anschaulichkeit <strong>und</strong> Frische, womit er uns die verschiedenartigsten<br />
Gespräche Christi mitteilt, beweisen, wie sehr sie seinem Geiste gegenwärtig geblieben<br />
<strong>und</strong> wie er durch den heil. Geist in Alles eingeleitet worden ist.<br />
§ 2. Die Glaubwürdigkeit der evang. Geschichte.<br />
1. Das Amt der Evangelisten in der Gemeinde.<br />
Gerade die Anschaulichkeit <strong>und</strong> Lebendigkeit der Darstellung bei Joh., sowie die Mitteilung längerer<br />
Reden <strong>und</strong> Gespräche hat die Frage hervorgerufen – ob dieselben nicht mehr seine freie <strong>und</strong><br />
selbständige Reproduktion, als eine treue <strong>und</strong> zuverlässige Erzählung wirklich geschehener Dinge<br />
seien. Es ist nun wohl darauf zu achten, <strong>das</strong>s die evang. Geschichte, so wenig sie auch von dem Leben<br />
<strong>und</strong> der Person der Apostel berichtet, doch so viele feste Zeugnisse dem prüfenden <strong>und</strong> unbefangenen<br />
Leser an die Hand gibt, ihn der Zuverlässigkeit der Apostel zu vergewissern. Gott, der<br />
Seinen Sohn in die Welt gesandt als einen Heiland aller Zeiten <strong>und</strong> Geschlechter, hat auch darin sein<br />
Werk vollkommen dargestellt, <strong>das</strong>s uns, den Nachlebenden, eine so treue, bezeugte <strong>und</strong> wahrhaftige<br />
Predigt von Jesu Christo zukäme, als ob wir selbst mit eigenen Augen <strong>und</strong> Ohren Alles vernommen.<br />
Der Herr nahm zuerst Zwölfe geflissentlich <strong>über</strong>all mit sich, damit sie seine Zeugen sein könnten, –<br />
<strong>und</strong> Gott selbst hat schon damals die Wahl bestätigt, als an Petrus, Joh. <strong>und</strong> Jak. die Stimme vom<br />
Himmel kam „dies ist mein lieber Sohn, den höret.“ Nicht anders haben die Apostel selbst ihren Beruf<br />
aufgefasst. Als sie nach der Himmelfahrt wiederum alle beisammen waren, haben sie an des Ju<strong>das</strong><br />
Ischarioth Stelle Solche Gott zur Auswahl vorgestellt, welche von Anfang an bei Allem, was Jesus<br />
getan, zugegen gewesen. Dass sie untereinander alles den Herrn Betreffende, <strong>und</strong> was sie mit<br />
ihm erlebt, sich oft ins Gedächtnis gerufen, leuchtet ein, da wir von Anfang an in der Apg. die Apo-