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Akademische Vorlesungen über das Neue ... - Licht und Recht

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Vorwort. 5<br />

Wo <strong>das</strong> Wort uns genommen ist, da ist uns auch <strong>das</strong> Leben genommen, denn in ihm allein ist <strong>das</strong><br />

Leben – <strong>und</strong> so geht die Masse des deutschen Volkes ohne Glauben dahin <strong>und</strong> die kleinen pietistischen<br />

<strong>und</strong> gläubigen Kreise verdorren mehr <strong>und</strong> mehr, oder raffen sich zu öffentlichen Agitationen<br />

auf, die dem stillen sich zurückziehenden Geiste Jesu fern liegen. Die Liebe ist <strong>über</strong>all erkaltet.<br />

Misstrauen <strong>und</strong> Verachtung beherrschen alles. Selbst in den innigsten Verhältnissen <strong>über</strong>liefert ein<br />

Bruder den anderen zum Tode, <strong>und</strong> wenn er die furchtbaren Folgen erkennt, tröstet er sich damit,<br />

<strong>das</strong>s er es zur größeren Ehre Gottes getan habe. Es ist nur noch <strong>das</strong> Band der Gewöhnung, was auch<br />

die Besten zusammenhält. Dabei geht die sichtbare Welt immermehr ihrer völligen Auflösung entgegen<br />

– denn <strong>das</strong> Wort entzieht sich ihr.<br />

Ich denke bei meinen bescheidenen Arbeiten immer an die reformierte Kirche Deutschlands, deren<br />

Studenten keinen akademischen Lehrer mehr haben, der sich ohne Rückhalt der Schrift <strong>und</strong> dem<br />

Bekenntnis unserer Väter unterwürfe. Diese Söhne unserer Väter werden in den <strong>Vorlesungen</strong> von<br />

Wichelhaus einen festen Stab finden durch die Öde akademischer Zweifelsucht <strong>und</strong> dabei hoch erhabener<br />

Selbstgewissheit. Wenn sie neben denselben noch die vorzüglichen durch Klarheit <strong>und</strong> Bestimmtheit,<br />

feine geschmackvolle sprachliche Form ausgezeichneten Kommentare von Karl von<br />

der Heydt zu 9 Briefen Pauli (Elberfeld bei Friderichs) hinzunehmen – auch meine Wanderung<br />

durch die h. Schrift <strong>und</strong> die Abhandlung <strong>über</strong> <strong>das</strong> Gesetz Gottes nach der Lehre Pauli (Halle bei<br />

Mühlmann) kann ich nennen, so würden sie für <strong>das</strong> N. T. ruhiger <strong>und</strong> gegründeter werden gegen<strong>über</strong><br />

den Erklärungen solcher, denen der Glaube <strong>und</strong> damit <strong>das</strong> Verständnis des Wortes geschw<strong>und</strong>en<br />

ist, <strong>das</strong> sie doch unter ihren Händen haben. 6<br />

Die reformierte Kirche ist immer – eben weil sie die Wahrheit hat – geschmäht worden, auch<br />

wieder bei der großen Grabschmückung Lutheri, dieses völlig <strong>über</strong>hörten Propheten. Kann man<br />

denn Luther nur erhöhen, indem man Zwingli erniedrigt? Er hat doch ihm gegen<strong>über</strong> die Schrift in<br />

der Abendmahlslehre 7 vertreten, <strong>und</strong> man kann wohl Luthers Maßlosigkeiten begreifen, aber man<br />

soll sie nicht billigen. Sein Verhältnis zu den Schweizern ist die Tragik seines Lebens <strong>und</strong> der ganzen<br />

evangelischen Kirche. In Einem hat Zwingli Luther ohne Frage <strong>über</strong>troffen: in der Krone des<br />

Beide Reformatoren, Luther <strong>und</strong> Calvin, haben in der Stelle eine messianische Hoffnung ausgesprochen gef<strong>und</strong>en.<br />

Obwohl Calvin <strong>über</strong>setzt: Acquisivi Domino Virum, setzt er doch hinzu: Virum appellat infantem recens natum,<br />

quia genus humanum, quod sua culpa tam ipsa quam maritus perdiderat, renovatum adspicit. Mit <strong>Recht</strong> fällt ihm der<br />

Ausdruck Isch auf, weil darin der Geborene als in den Augen der Eva gewaltig <strong>und</strong> verheißungsvoll bezeichnet<br />

wird. Auch Keil findet eine Hoffnung des Heils in den Worten der Eva. – Der Gr<strong>und</strong>, den die Kommission angibt für<br />

ihre grammatisch falsche Übersetzung, <strong>das</strong>s „der evangelischen Gemeinde durch Luthers Übersetzung alle Erkenntnis<br />

des stufenmäßigen Fortschrittes der alttestamentlichen Heilsoffenbarung unmöglich gemacht würde“ (Riehm),<br />

ist ein Zugeständnis an moderne Anschauung von Entwicklung <strong>und</strong> Wachstum, deren <strong>Recht</strong> wir nicht anerkennen.<br />

Wenn in der Genesis ein Same verheißen wird, in dem alle Völker gesegnet worden sollen, so ist damit eine gottgleiche<br />

Stellung dieses Samens ausgesprochen; wenn im Segen Jakobs ein Schilo verheißen wird, dem die Unterwürfigkeit<br />

der Völker zufallen soll, so ist dieser Schilo kein anderer als der Sohn, der Erbe der Welt.<br />

Gerade Eva konnte nach ihren furchtbaren Erfahrungen <strong>und</strong> nach der Verheißung des Weibessamens in dem mit<br />

Schmerzen geborenen Sohne einen Mann erblicken, der ihr der Herr selbst war – ein allmächtiger Erretter, der El<br />

Gibbor nach Jesaja. Sollte es denn für Maria leichter gewesen sein, zu glauben, <strong>das</strong>s sie den Sohn des Höchsten<br />

empfangen werde, als für Eva? Etwa – weil sie auf eine jahrh<strong>und</strong>ertlange Entwicklung der Verheißung zurückblicken<br />

konnte? Ein solches Bekenntnis wie <strong>das</strong> der Eva <strong>und</strong> ein solcher Glaube wie der der Maria sind lediglich<br />

Wirkungen des heil. Geistes. Unsere Ansichten von Weissagung waren nicht die Luthers <strong>und</strong> wir können dieselben<br />

nicht einmal grammatisch schützen.<br />

Psalm 8.<br />

Wir verteidigen die Auffassung <strong>und</strong> Übersetzung von Luther, <strong>und</strong> die Sache scheint uns von so unendlicher<br />

Wichtigkeit, <strong>das</strong>s wir die Kommission dringend bitten, ihre Veränderungen noch einmal gründlich zu revidieren. Die<br />

Überschrift des Psalmes würde lauten: Die Herrlichkeit des Herrn auf der ganzen Erde in dem elenden <strong>und</strong> wieder<br />

verherrlichten Menschen <strong>über</strong>trifft die Herrlichkeit der Himmel <strong>und</strong> Gestirne.

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