kommunal - Österreichischer Gemeindebund
kommunal - Österreichischer Gemeindebund
kommunal - Österreichischer Gemeindebund
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
12<br />
Kommunal: Finanzen<br />
Richtlinien regeln Spekulationsgeschäfte und „erlaubte“ Finanzprodukte<br />
Finanzierungsrichtlinien:<br />
Die Gemeinden waren die Ersten<br />
2009 – dem Jahr 1 nach dem Platzen der US-Immobilienblase, die eine<br />
globale Finanzkrise ausgelöst hatte – war für betroffene Gemeinden in<br />
Österreich vieles unklar. Manchmal waren sogar jene Produkte, in denen<br />
die Gemeinde involviert war, unklar. Der <strong>Gemeindebund</strong> handelte<br />
damals sehr rasch – und verfügt deshalb heute als einzige österreichische<br />
Gebietskörperschaft über klare Vorgaben.<br />
Die <strong>kommunal</strong>en Finanzierungsrichtlinien<br />
präzisieren sehr genau,<br />
was hinter den gängigsten<br />
Finanzprodukten steckt und was<br />
man darunter versteht, skizziert<br />
Bgm. Alfred Riedl, Vizepräsident<br />
des Österreichischen <strong>Gemeindebund</strong>es,<br />
die wichtigsten Bestandteile<br />
der Richtlinien.<br />
Finanzgeschäfte im Sinne dieser<br />
Richtlinien sind insbesondere:<br />
3 Guthaben bei Kreditinstituten<br />
einschließlich Festgelder und<br />
Spareinlagen<br />
3 Kassenkredite, Darlehen,<br />
Schuldscheindarlehen, Kredite<br />
und sonstige Zahlungsverpflichtungen,<br />
die wirtschaftlich<br />
einer Kreditverpflichtung<br />
gleichkommen, sowie Kassenobligationen<br />
und andere Anleihen<br />
und Anleihefonds, jeweils<br />
ohne Fremdwährungsrisiko<br />
und Produkte mit hundertprozentiger<br />
Kapitalgarantie<br />
3 Darlehen, Schuldscheindarlehen,<br />
Kredite und sonstige<br />
Zahlungsverpflichtungen, die<br />
wirtschaftlich einer Kreditverpflichtung<br />
gleichkommen, sowie<br />
Kassenobligationen und<br />
andere Anleihen und Anleihefonds,<br />
jeweils mit Fremdwährungsrisiko,<br />
gemischte Fonds<br />
(mit maximal fünfzigprozentigem<br />
Aktienanteil), Immobilienfonds<br />
3 Aktien, aktienähnliche Wertpapiere,<br />
sonstige Beteiligungs-<br />
wertpapiere, Aktienfonds und<br />
Indexzertifikate<br />
3 Derivative Finanzinstrumente<br />
wie z. B. Optionen, Swaps, Futures<br />
etc.<br />
(Anmerkung: Diese Aufzählung<br />
ist nicht abschließend, sondern<br />
nur beispielhaft.)<br />
Auszüge aus den<br />
Richtlinien<br />
Bei Geschäften, bei denen die<br />
Gemeinde Gläubiger ist, ist nach<br />
den Richtlinien auf die Bonität<br />
der Vertragspartner stärker zu<br />
achten. Diese Bonität ist auch<br />
laufend zu beobachten und zu<br />
bewerten. Wesentlich dabei ist<br />
auch, ob die Gemeinde nicht nur<br />
Gläubiger, sondern auch Schuldner<br />
des Vertragspartners ist und<br />
ob im Falle einer Zahlungsunfähigkeit<br />
des Vertragspartners die<br />
wechselseitigen finanziellen Verpflichtungen<br />
aufgerechnet werden<br />
können.<br />
Geschäfte in Fremdwährungen<br />
müssen nachweislich von qualifizierten<br />
Personen erfasst und<br />
beobachtet werden. Schon bei<br />
Abschluss des Geschäfts muss es<br />
ein Szenario zur Begrenzung<br />
von Verlusten geben. Die Risiken<br />
sind laufend zu messen, streng<br />
zu limitieren und gezielt zu<br />
überwachen.<br />
Veranlagungen in Fremdwährung<br />
ohne Absicherung des<br />
Währungsrisikos müssen mindestens<br />
auf zehn Jahre angelegt<br />
sein und dürfen 30 Prozent der<br />
Gesamtnominale nicht überschreiten.<br />
Die Aufnahme von Krediten zum<br />
Zweck der Veranlagung ist nicht<br />
zulässig (= Spekulationsverbot).<br />
Kurzfristige Veranlagungen (zur<br />
Kassenhaltung) dürfen eine<br />
Laufzeit von 12 Monaten nicht<br />
übersteigen, um den Gemeinderat<br />
bei der Beschlussfassung des<br />
Budgetvoranschlags nicht zu<br />
präjudizieren. In diesem Bereich<br />
sind ausschließlich Guthaben<br />
bei Banken einschließlich Festgelder<br />
und Spareinlagen, Kassenobligationen<br />
und Bundesschatzscheine<br />
zulässig.<br />
Die abgeführten Punkte sind nur<br />
ein Auszug aus den detaillierten<br />
Bestimmungen der neuen Richtlinien.<br />
„Künftig soll es auch konkrete<br />
Ansprechpartner für Gemeinden<br />
geben, die sich bei Veranlagungen<br />
oder Finanzierungen<br />
beraten lassen wollen. Diese<br />
Ansprechpartner dürfen nicht<br />
z. B. von Banken oder Einrichtungen<br />
mit kommerziellem Interesse<br />
an der Veranlagung kommen.<br />
Daher haben wir die Kammer<br />
der Wirtschaftstreuhänder<br />
mit an Bord, die jederzeit solche<br />
Experten bereitstellen kann.“<br />
„Weiters“, so Riedl, „werde der<br />
<strong>Gemeindebund</strong> bei Bedarf auch<br />
die Mitarbeiter von Gemeinden<br />
oder Gemeindeaufsichtsbehörden<br />
zu diesen Richtlinien schulen.<br />
Dass wir diese Richtlinien<br />
und Empfehlungen allen Gemeinden<br />
auch direkt zur Kenntnis<br />
bringen, versteht sich von<br />
selbst.“<br />
Der Hintergrund<br />
Die Richtlinien wurden 2009<br />
unter Einbindung des Präsiden-