Behinderung und Ausweis - Landschaftsverband Rheinland
Behinderung und Ausweis - Landschaftsverband Rheinland
Behinderung und Ausweis - Landschaftsverband Rheinland
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
1. Ursachenbegriff<br />
a) Der versorgungsrechtliche Ursachenbegriff ist nicht<br />
identisch mit dem medizinischen.<br />
b) Ursache im Sinne der Versorgungsgesetze ist die Bedingung<br />
im naturwissenschaftlich-philosophischen<br />
Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg<br />
an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. Haben<br />
mehrere Umstände zu einem Erfolg beigetragen, sind<br />
sie versorgungsrechtlich nur dann nebeneinander stehende<br />
Mitursachen (<strong>und</strong> wie Ursachen zu werten),<br />
wenn sie in ihrer Bedeutung <strong>und</strong> Tragweite für den Eintritt<br />
des Erfolges annähernd gleichwertig sind. Kommt<br />
einem der Umstände gegenüber dem anderen eine<br />
überragende Bedeutung zu, ist dieser Umstand allein<br />
Ursache im Sinne des Versorgungsrechts.<br />
c) Die Ursache braucht nicht zeitlich eng begrenzt zu<br />
sein. Es können auch dauernde oder wiederkehrende<br />
kleinere äußere Einwirkungen in ihrer Gesamtheit eine<br />
Ges<strong>und</strong>heitsstörung verursachen.<br />
d) „Gelegenheitsursachen“, letzter Anstoß, Anlass sind<br />
begriffl ich keine wesentlichen Bedingungen. Eine<br />
„Gelegenheitsursache“ kann nur dann angenommen<br />
werden, wenn der Ges<strong>und</strong>heitsschaden mit Wahrscheinlichkeit<br />
auch ohne das angeschuldigte Ereignis<br />
durch ein alltäglich vorkommendes Ereignis zu annähernd<br />
derselben Zeit <strong>und</strong> in annähernd gleichem Ausmaß<br />
eingetreten wäre. So wird bei konstitutionsbedingten<br />
Leiden oft ein unwesentlicher äußerer Anlass<br />
von der Antrag stellenden Person als Ursache verantwortlich<br />
gemacht, zum Beispiel das Heben von leichten<br />
Gegenständen für das Auftreten von Hernien. In<br />
solchen Fällen hat die äußere Einwirkung bei der Entstehung<br />
der Krankheit nicht wesentlich mitgeholfen,<br />
sondern sie hat nur innerhalb einer bereits bestehenden<br />
Störung einem besonders charakteristischen<br />
Krankheitssymptom zum Durchbruch verholfen. Das<br />
Wort „Auslösung“ ist bei der Erörterung zu vermeiden,<br />
der Begriff ist zu unbestimmt. Bei der Beurteilung ist<br />
klarzustellen, welcher der zur Diskussion stehenden<br />
ätiologischen Faktoren die wesentliche Bedingung für<br />
den Eintritt des Erfolges <strong>und</strong> damit Ursache im versorgungsrechtlichen<br />
Sinne ist.<br />
e) Der Ursachenbegriff spielt eine Rolle bei der Beurteilung<br />
des ursächlichen Zusammenhangs zwischen<br />
schädigendem Vorgang <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsstörung<br />
oder Tod, des besonderen berufl ichen Betroffenseins,<br />
der Hilfl osigkeit, der Voraussetzungen für den Pauschbetrag<br />
für den Kleider- oder Wäscheverschleiß sowie<br />
im Bereich der Kriegsopferfürsorge <strong>und</strong> der Heilbehandlung<br />
wegen Schädigungsfolgen.<br />
2. Tatsachen zur Beurteilung des<br />
ursächlichen Zusammenhangs<br />
a) Zu den Fakten, die vor der Beurteilung eines ursächlichen<br />
Zusammenhangs geklärt („voll bewiesen“) sein<br />
müssen, gehören der schädigende Vorgang, die ges<strong>und</strong>heitliche<br />
Schädigung <strong>und</strong> die zu beurteilende<br />
Ges<strong>und</strong>heitsstörung.<br />
b) Der schädigende Vorgang ist das Ereignis, das zu einer<br />
Ges<strong>und</strong>heitsschädigung führt, wie zum Beispiel<br />
die Detonation eines Sprengkörpers, ein Kraftfahrzeugunfall,<br />
die Übertragung von Krankheitserregern oder<br />
eine Vergewaltigung. Auch besondere Belastungen,<br />
wie sie zum Beispiel im Fronteinsatz, in Kriegsgefangenschaft,<br />
bei Dienstverrichtungen in bestimmten<br />
Ausbildungsstufen der B<strong>und</strong>eswehr oder in rechtsstaatswidriger<br />
Haft in der ehemaligen DDR gegeben<br />
sein können, zählen dazu. Relativ selten sind daneben<br />
Auswirkungen von außerhalb der Dienstverrichtungen<br />
liegenden diensteigentümlichen Verhältnissen<br />
in Betracht zu ziehen; diensteigentümliche Verhältnisse<br />
sind die besonderen, von den Verhältnissen des<br />
zivilen Lebens abweichenden <strong>und</strong> diesen in der Regel<br />
fremden Verhältnisse des Dienstes (zum Beispiel das<br />
enge Zusammenleben in einer Kaserne). Unfall ist ein<br />
auf äußeren Einwirkungen beruhendes plötzliches,<br />
örtlich <strong>und</strong> zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden<br />
verursachendes Ereignis.<br />
c) Die ges<strong>und</strong>heitliche Schädigung ist die primäre Beeinträchtigung<br />
der Ges<strong>und</strong>heit durch den schädigenden<br />
Vorgang, wie zum Beispiel die Verw<strong>und</strong>ung,<br />
die Verletzung durch Unfall, die Resistenzminderung<br />
durch Belastung. Die verbleibende Ges<strong>und</strong>heitsstörung<br />
ist die Schädigungsfolge (Wehrdienstbeschädigungsfolge<br />
[WDB-Folge], Zivildienstbeschädigungsfolge<br />
[ZDB-Folge] <strong>und</strong> so weiter).<br />
d) Zwischen dem schädigenden Vorgang <strong>und</strong> der Ges<strong>und</strong>heitsstörung<br />
muss eine nicht unterbrochene<br />
Kausalkette bestehen, die mit den Erkenntnissen der<br />
medizinischen Wissenschaft <strong>und</strong> den ärztlichen Erfahrungen<br />
im Einklang steht. Dabei sind Brückensymptome<br />
oft notwendige Bindeglieder. Fehlen Brückensymptome,<br />
so ist die Zusammenhangsfrage besonders<br />
sorgfältig zu prüfen <strong>und</strong> die Stellungnahme<br />
anhand eindeutiger objektiver Bef<strong>und</strong>e überzeugend<br />
wissenschaftlich zu begründen.<br />
e) Für eine Reihe von Erkrankungen, für die eine traumatische<br />
Entstehung in Betracht kommt, muss auch<br />
eine lokale Beziehung zwischen dem Ort der traumatischen<br />
Einwirkung <strong>und</strong> dem Krankheitsherd vorliegen,<br />
zum Beispiel bei Geschwülsten oder Osteomyelitis.<br />
f) Die Fakten, auf die sich die Beurteilung des ursächlichen<br />
Zusammenhangs gründet, müssen voll bewiesen<br />
sein. Das bedeutet, dass sie belegt sein müssen<br />
oder dass – wenn Belege nicht zu beschaffen sind –<br />
zumindest nach den gegebenen Umständen (zum<br />
Beispiel auch aufgr<strong>und</strong> einer Glaubhaftmachung) die<br />
Überzeugung zu gewinnen ist, dass es so <strong>und</strong> nicht<br />
anders gewesen ist.<br />
3. Wahrscheinlichkeit des<br />
ursäch lichen Zusammenhangs<br />
a) Für die Annahme, dass eine Ges<strong>und</strong>heitsstörung Folge<br />
einer Schädigung ist, genügt versorgungsrechtlich<br />
die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs.<br />
Sie ist gegeben, wenn nach der geltenden<br />
142