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Algebraische Strukturen

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64 Andreas Gathmann<br />

10. TEILBARKEIT IN RINGEN<br />

Ein wichtiges Konzept in Ringen, das ihr für den Fall des Ringes Z bereits aus der Schule kennt,<br />

ist das von Teilern — also der Frage, wann und wie man ein Ringelement als Produkt von zwei<br />

anderen schreiben kann. Dies wollen wir jetzt in allgemeinen Ringen untersuchen, wobei die Polynomringe<br />

über Körpern letztlich neben Z die wichtigsten Anwendungsbeispiele sein werden. Um<br />

die Theorie dazu nicht zu kompliziert werden zu lassen, wollen wir uns dabei auf den Fall von Ringen<br />

beschränken, bei denen bei einem Produkt von zwei Elementen nur dann 0 herauskommen kann,<br />

wenn schon einer der beiden Faktoren 0 war.<br />

Definition 10.1 (Integritätsringe). Ein Ring R heißt Integritätsring, wenn er außer der Null keine<br />

Nullteiler besitzt, d. h. wenn für alle a,b ∈ R gilt: ist ab = 0, so ist bereits a = 0 oder b = 0.<br />

Beispiel 10.2.<br />

(a) Nach Lemma 7.9 (c) ist jeder Körper (also z. B. Q, R, C oder Z p für eine Primzahl p) ein<br />

Integritätsring.<br />

(b) Jeder Unterring eines Integritätsrings (also z. B. Z als Unterring von Q) ist offensichtlich<br />

wieder ein Integritätsring.<br />

(c) Ist n ∈ N >1 keine Primzahl, so ist Z n kein Integritätsring, denn wenn wir n = p · q mit 1 ≤<br />

p,q < n schreiben können, so ist zwar p,q ≠ 0, aber p · q = n = 0.<br />

Ein weiteres wichtiges Beispiel für Integritätsringe sind Polynomringe über einem Integritätsring.<br />

Lemma 10.3. Für jeden Integritätsring R gilt:<br />

(a) (Gradformel) Für f ,g ∈ R[t] ist deg( f · g) = deg f + degg, d. h. in Lemma 9.7 (a) steht bei<br />

der Multiplikation von Polynomen stets die Gleichheit.<br />

(b) R[t] ist ein Integritätsring.<br />

(c) Die Einheitengruppe des Polynomrings über R ist R[t] ∗ = R ∗ , besteht also genau aus den<br />

konstanten Polynomen mit Wert in R ∗ .<br />

Beweis.<br />

(a) Für f = 0 oder g = 0 ist die Formel wegen deg0 = −∞ trivialerweise richtig. Ist ansonsten<br />

n = deg f und m = degg, so können wir f und g als<br />

f = a n t n + ··· + a 1 t + a 0 und g = b m t m + ··· + b 1 t + b 0<br />

mit a n ,b m ≠ 0 schreiben. Damit ist<br />

f · g = a n b m t n+m + (Terme mit niedrigeren Potenzen von t).<br />

Da R ein Integritätsring ist, folgt nun a n b m ≠ 0 und damit deg( f ·g) = n+m = deg f +degg.<br />

(b) Sind f ,g ≠ 0, also deg f ,degg ≥ 0, so ist nach (a) auch deg( f · g) ≥ 0 und damit f · g ≠ 0.<br />

(c) Offensichtlich ist jede Einheit von R auch eine von R[t]. Ist umgekehrt f ∈ R[t] ∗ , so gibt<br />

es ein g ∈ R[t] mit f · g = 1. Aus der Gradformel (a) folgt daraus deg f + degg = 0, also<br />

deg f = degg = 0. Damit liegen f = a 0 und g = b 0 in R, und wegen f · g = a 0 · b 0 = 1 muss<br />

sogar f = a 0 ∈ R ∗ gelten.<br />

□<br />

Aufgabe 10.4. Ist der Potenzreihenring R[[t]] über einem Integritätsring R ebenfalls wieder ein Integritätsring?<br />

Bemerkung 10.5. Beachte, dass die analoge Aussage von Lemma 10.3 für Polynomfunktionen falsch<br />

wäre: betrachten wir noch einmal die Polynomfunktion t ↦→ t 2 + t = t(t + 1) über Z 2 aus Beispiel<br />

9.13, so ist diese ja die Nullfunktion — wir können sie aber auch als Produkt der beiden Polynomfunktionen<br />

t ↦→ t und t ↦→ t +1 schreiben, die beide nicht die Nullfunktion sind. Die Polynomfunktionen<br />

über einem Integritätsring bilden also in der Regel nicht wieder einen Integritätsring. Dies zeigt<br />

erneut, dass Polynome aus algebraischer Sicht die ”<br />

schöneren“ Objekte sind als Polynomfunktionen.

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