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Garcon - Essen, Trinken, Lebensart Nr.28

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Kulinarisches Gespräch LEBENSART<br />

Wieviel Zeit nehmen Sie sich täglich<br />

für`s <strong>Essen</strong>?<br />

Seit ich in Berlin bin, leider immer<br />

weniger.<br />

Weshalb? Zuviel zu tun?<br />

Über Mangel an Arbeit kann ich mich<br />

nicht beklagen, aber das war früher in<br />

Pforzheim auch nicht anders. Nein, das<br />

liegt sozusagen am Zeitgeist in Berlin.<br />

Wie meinen Sie das?<br />

Ich sage Ihnen ein Beispiel. In Süddeutschland<br />

ist es heute noch vielerorts<br />

üblich, zum Mittagessen zu gehen.<br />

Hier lassen sich die Leute vom Pizzaservice<br />

das Mittagessen ins Büro bringen,<br />

dazu eine Cola light, fertig. Oder<br />

Sie verzichten gleich ganz drauf.<br />

Vielleicht, weil <strong>Essen</strong> müde macht…<br />

Ach, kommen Sie, das Mittagessen<br />

war immer ein Zeichen für wirklichen<br />

Genuss. Bei Ihrem Kollegen Wolfram<br />

Siebeck habe ich mal den Satz gelesen,<br />

dass es ein Kulturverfall sei, wenn die<br />

Menschen nicht mehr mittag essen.<br />

Sie stammen aus Baden-Württemberg<br />

und kamen 2004 nach Berlin,<br />

mit einer fixen Idee…<br />

Wenn Sie mit fix „feststehend“ meinen,<br />

stimmt das Attribut, wenn Sie es<br />

als Synonym etwa für „töricht“ gebrauchen,<br />

dann nicht.<br />

Dann sage ich, „feste Vorstellung“.<br />

Und ich sage: ja, so war es. Vor ungefähr<br />

zehn Jahren stieß ich in einem<br />

Buch über historische Uhren auf die<br />

Leonhard R. Müller im Gespräch mit Kempinski-Direktorin Birgitt Ullerich.<br />

Marke Askania, die ich nicht kannte,<br />

obwohl ich in einer Uhrenstadt aufgewachsen<br />

bin und viele Jahre auch für<br />

eine Schweizer Uhrenfirma tätig war.<br />

Ich recherchierte, fand eine beeindruckende<br />

Berliner Unternehmensgeschichte<br />

und entschloss mich, den Versuch<br />

zu wagen, das wieder aufleben zu<br />

lassen, was 1871 in Friedenau einmal<br />

begonnen hatte.<br />

Sie gründeten die Askania AG.<br />

So schnell schießen nicht mal die<br />

Preußen. Ich ließ von einem Pforzheimer<br />

Uhrmachermeister zwei Askania-<br />

Fliegeruhren nachbauen, mietete auf<br />

der ILA 2004, der Internationalen Luftfahrtausstellung<br />

in Berlin, einen klei-<br />

nen Stand und dachte mir, mal sehen,<br />

was passiert.<br />

Und, was passierte?<br />

Das Interesse an diesen handgefertigten<br />

mechanischen Uhren war enorm.<br />

Die Besucher lobten die Robustheit,<br />

Schlichtheit und Funktionalität der Askania-Modelle<br />

und ich beschloss, den<br />

nächsten Schritt zu gehen.<br />

Der führte wohin?<br />

Zu Siemens. Für kleines Geld kaufte<br />

ich die Askania-Markenrechte, die inzwischen<br />

bei dem Konzern lagen und<br />

brachte mit Hilfe investitionswilliger<br />

Banken und einem Drittel Eigenkapital<br />

das Berliner Traditionsunternehmen zurück<br />

an den Markt.<br />

„Ich bin ein Gutedel-Fan“: Leonhard R. Müller und Restaurantmanager Dirk Hoffmann.<br />

GARÇON 115

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