Garcon - Essen, Trinken, Lebensart Nr.28
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Bäckerei Beumer & Lutum LOKALTERMIN<br />
Tony Beumer wirkt eher nachdenklich<br />
und ernst und ist es wohl auch.<br />
„Wenn Du über unser Jubiläum<br />
schreibst, vergiss die Mannschaft nicht,<br />
ein Unternehmer kann zwar etwas unternehmen,<br />
aber niemals ohne eine Belegschaft,<br />
die an die Sache glaubt.“<br />
So ist Tony Beumer, und diese Bescheidenheit<br />
spielt er nicht etwa, um<br />
sich interessant zu machen, die lebt er.<br />
Der gebürtige Münsterländer studierte<br />
in Berlin Sozial- und Literaturwissenschaften<br />
und war 1983 Mitgründer<br />
des Mehlwurm-Kollektivs, einer<br />
Gruppe junger Leute, die angetreten<br />
war, der Geschmacksgleichheit und<br />
–freiheit des massenproduzierten Brotes<br />
etwas Handwerkliches, Gesundes,<br />
Geschmackvolles entgegenzusetzen.<br />
Heute beschäftigt Beumer&Lutum<br />
130 Mitarbeiter, bildet derzeit 18 Lehrlinge<br />
aus, backt rund 50 Bio-Brotsorten<br />
und wird neben den drei Filialen<br />
in Kreuzberg nun noch eine vierte in<br />
Prenzlauer Berg eröffnen.<br />
Eine Geburtstagsbilanz, auf die man<br />
mit Recht stolz sein kann. „Ja, stolz…“,<br />
sagt Tony Beumer und lässt die Antwort<br />
irgendwie offen. Vielleicht ist es der<br />
Unternehmer ja innerlich.<br />
Mein Favorit:<br />
Schweizer Brot.<br />
Bis vor sechs Jahren stand Christa<br />
Lutum noch selbst in der Backstube,<br />
inzwischen kümmert sie sich um den<br />
Berufsnachwuchs — als Lehrlingswartin<br />
der Berliner Bäckerinnung, deren<br />
Vorstand sie auch angehört und im Berufsbildungsausschuss<br />
des Deutschen<br />
Bäckerhandwerks.<br />
Ihre Begründung für dieses Engagement:<br />
„Du kannst nicht nur motzen, du<br />
musst selbst was machen.“<br />
Das tut wohl auch Not, denn dem<br />
Bäckerhandwerk fehlt der Nachwuchs,<br />
sowohl in Deutschland im Allgemeinen<br />
als auch in Berlin im Besonderen.<br />
„Während der Konditor zum Modeberuf<br />
geworden ist, hunderte Bewerbungen<br />
jedes Jahr, will kaum noch einer<br />
Bäcker werden“, fasst Christa Lutum<br />
die Entwicklung der letzten Jahre zusammen.<br />
40 Bäckerlehrlinge pro Jahr in Berlin<br />
— ein deutliches Alarmsignal. Kein<br />
Wunder, dass die Zahl der Handwerksbäcker<br />
immer weiter sinkt.<br />
Die Meisterin ist angetreten, ihren<br />
Berufsstand vor dem Aussterben zu bewahren.<br />
Sie weiß, dass es nicht reicht,<br />
dafür nur ein Schild ins Schaufenster zu<br />
hängen: Wir bilden aus.<br />
Mein Favorit:<br />
Paderborner Brot.<br />
Beumer&Lutum, dem Betrieb mit dem<br />
großen Herz für schwierige Fälle.<br />
„Ich musste zwei Sprachen richtig<br />
lernen“, erzählt Al-Hakim, „die deutsche<br />
und die Bäckersprache. Und dann<br />
noch alles andere, was dazu gehört,<br />
das war wirklich extrem hart.“<br />
An der Seite von Meisterin Christa<br />
Lutum gelang es. „Sie hat alle Zeit der<br />
Welt investiert, damit ich es schaffe“,<br />
sagt Kerar Al-Hakim, der nach bestandener<br />
Gesellenprüfung bei Beumer&<br />
Lutum blieb und sogar noch die Meisterschule<br />
besuchte. Von 24 Gesellen,<br />
die mit ihm die Ausbildung begannen,<br />
schafften am Ende nur sechs die Meisterprüfung,<br />
einer davon Al-Hakim. Darauf<br />
ist der 30-Jährige natürlich besonders<br />
stolz.<br />
Er arbeitet als stellvertretender<br />
Schichtleiter bei Beumer&Lutum, zuständig<br />
für Croissants, Hörnchen,<br />
Rosinenbrötchen und die anderen<br />
sogenannten Feinbackwaren der Bio-<br />
Bäckerei.<br />
Gleichzeitig ist er verantwortlich für<br />
die innerbetriebliche Ausbildung. „Wille<br />
und Liebe, das sind die wichtigsten<br />
Voraussetzungen für den Bäckerberuf“,<br />
sagt er uns und seinen Lehrlingen.<br />
Mein Favorit:<br />
Dinkelsprossenbrot.<br />
GARÇON<br />
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