LOKALTERMIN Brasserie Lamazère POUR MON PAPA DIE BRASSERIE LAMAZÈRE IN BERLIN-CHARLOTTENBURG VON JÖRG TEUSCHER 38 GARÇON
Brasserie Lamazère LOKALTERMIN Roger Lamazère (1929-2000): Magier und Küchenkünstler. Das 8. Arrondissement im Nordwesten der französischen Hauptstadt wird geprägt von den Champs Elysées, dem Prachtboulevard zwischen Place de la Concorde und Place Charles de Gaulle. Während hier der Kommerz regiert, gibt es in den vielen Seitenstraßen nette Cafés, freche Bars und pfiffige Restaurants — etwa das Market des Elsässers Jean- Georges Vongerichten oder das Maison de l´Aubrac, Treffpunkt vieler Pariser Küchenchefs, nachdem ihre eigenen Restaurants Am Tisch: Roger Lamazère und seine Frau Isgard, Foto 1976. geschlossen haben. Dazu kommen die Drei-Sterne-Küchen von Alain Ducasse, Pierre Gagnaire, Erich Frechon und anderen Cuisiniers, die das Arrondissement kulinarisch berühmt machten. Dieses Attribut gebührte zweifellos auch Roger Lamazère, Inhaber des Restaurants Lamazère in der Rue de Ponthieu. Als junger Mann hatte er jahrelang als professioneller Zauberer gearbeitet, mit 27 Jahren kaufte er das Hotel Proust, später folgte das Feinschmeckerlokal Lamazère, das vor allem mit Gänseleber- und Trüffelzubereitungen punktete und über dem schnell zwei Michelin-Sterne strahlten. Klaus Besser, damals neben Gert von Paczensky und Wolfram Siebeck einer der drei Könige der deutschen Gastrokritik, beschrieb Mitte der 1970er Lamazères beste Kreation so: „Eine heiße Trüffel dampft pechschwarz neben kalter gekochter Gänseleber, die auf der Gabel sanft auf Trüffelstückchen vor sich hin schmilzt“ und verpasste dem „Küchen-Zauberer“ flugs den zusätzlichen Beinamen „Mister Trüffel“. Dem wurde Roger Lamazère auch mit einem kulinarischen Patent gerecht. Dieses „Brevet d´Invention“ trägt die Nummer 102.927 und den Titel „Verfahren für die Zubereitung von konservierten oder für den unmittelbaren Verbrauch bestimmten Trüffeln“ und wurde bereits 1967 vom französischen Ministére de l´Industrie ausgestellt. Lamazère beschreibt darin, wie durch eine spezielle Methode das volle Aroma des frischen Trüffels für rund 12 Monate konserviert werden kann. Lamazères Sohn Regis war 17 als sein Vater starb. Ihm zu Ehren gab er seiner Mitte August 2013 eröffneten Brasserie am Stuttgarter Platz in Berlin-Charlottenburg den Namen „Lamazère“. „Pour mon Papa.“ Und der wäre sicher ziemlich stolz auf seinen Sohn, obwohl es in dem kleinen Laden keine Gänseleber gibt und Trüffel nur ein marginales Dasein fristen. Wer zuletzt kommt, den bestraft das Leben. Reiner Veit gabelte bereits am letzten Augustsamstag die Brasserie Lamazère am Stuttgarter Platz auf, lobte die lockere Atmosphäre und die französischen Klassiker auf der kleinen Bistrokarte. Eine gute Woche später folgte Heinz Horrmann in der Berliner Morgenpost, der sich an den mutigen Aromakombinationen erfreute — „einfach köstlich“ — und natürlich besonders begeistert war, dass die Weinliste mit dem 2000er Saint-Emilion Grand Cru aus dem Châ- teau Mangot auch einen respektablen Bordeaux offerierte. Zitat Horrmann: „Da keine halben Flaschen im Angebot sind, sagte man mir völlig entspannt, ich solle aus der Flasche so viel genießen, wie ich mag, und danach wird der Wein berechnet. Schließlich stand von dem vorzüglichen Bordeaux mit 30 Euro nur eine knappe halbe Flasche auf der Rechnung.“ Zudem traf der Kritiker bei seinem Besuch noch den Zwei-Sterne-Koch Christian Lohse, „der hier an jedem freien Tag genießt“. Was soll man da noch schreiben? Wir halten uns also an Karl Valentin, stellen fest, dass schon alles gesagt worden ist — nur noch nicht von jedem und machen uns auf den Weg. Der Stuttgarter Platz ist — gastronomisch gesehen — alles andere als Niemandsland. Cafés, Bistros, Restaurants drängen sich, deutsch, italienisch, alpenländisch und jede Menge bunter Melange. Wer hier neu herkommt, muss schon ein gutes Konzept mitbringen. „Habe ich“, sagt Regis Lamazère und fügt hinzu: „Ich wollte unbedingt nach GARÇON 39