Albvereinsblatt_2011-04.pdf
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FACHBEREICH KULTUR<br />
Hirtenmusik in Europa<br />
Sterbender Beruf – Lebendige Musik<br />
TJ-Ensemble in Bosnien<br />
Zur weiteren Ausbildung reiste das TJ-Ensemble des Schwäbischen<br />
Albvereins eine Woche lang, von Donnerstag, 1., bis Mittwoch, 7.<br />
September, nach Bosnien. »Es geht darum, bei den Nachbarn zu<br />
lernen«, betont Kulturratsvorsitzender Manfred Stingel, Auslandsreisen<br />
seien wichtig, um internationale Standards und Gepflogenheiten<br />
kennenzulernen. Die TJs sind die »Tanzleiter Jugend«,<br />
also junge Leute, die im Schwäbischen Albverein eine Tanzoder<br />
Musikgruppe leiten wollen. Die TJ-Ausbildung erfolgt jedes<br />
Jahr im Haus der Volkskunst und wird mit einem Zertifikat abgeschlossen.<br />
Einige der Teilnehmer sind von der Volkstanzgruppe<br />
Frommern Schwäbischer Albverein, die anderen jungen Leute aus<br />
den verschiedensten Albvereinsgruppen.<br />
Nach einer längeren Fahrt durch eine herrliche Landschaft mit<br />
wilden Schluchten und tollen Kanu-Wildwasseranlagen erreichte<br />
das TJ-Ensemble Novi Travnik in Bosnien. Der größere Teil der<br />
Bevölkerung ist kroatisch, das alte Travnik jedoch muslimisch. Die<br />
Wunden des Krieges, etwa Munitionseinschläge und große Zerstörungen<br />
sind noch sichtbar. Felder und Wälder sind noch weiträumig<br />
mit Minen verseucht.<br />
Zur Arbeit der Hirten gehört von alters her die Musik. Instrumente<br />
wie Sackpfeife, Flöten, Schalmei und Hirtenhorn sind praktisches<br />
Arbeitsgerät. Sie dienen etwa zur Signalgebung und zur Führung<br />
und Kontrolle der Herden. Aber natürlich werden die Instrumente<br />
auch zur Unterhaltung gespielt. Durch diese ungewöhnliche Doppelfunktion<br />
der Instrumente entstand eine ganz eigene, reiche Musikkultur<br />
mit fantastischen Melodien und Klängen. Kühe, Schafe<br />
und Ziegen wurden in ganz Europa gehütet, Hirtenmusik gehört<br />
deshalb zum gemeinsamen europäischen Kulturerbe.<br />
Mit der Ausstellung bzw. mit dem EU-Kooperationsprojekt »Hirtenmusik<br />
in Europa – Sterbender Beruf – Lebendige Musik«, wollen<br />
wir nachhaltig zur Bewahrung dieses europäischen Kulturerbes<br />
beitragen.<br />
Die Dauerausstellung »Europäische Hirtenhörner« im Haus der<br />
Volkskunst, die im Oktober eröffnet wurde, führt die Formenvielfalt<br />
vor Augen, die das Hirtenhorn in ganz Europa entwickelte:<br />
Historische und aktuelle Hirtenhörner aus vielen Ländern bilden<br />
eine eindrucksvolle Sammlung. Eine Vielzahl von Bildquellen<br />
belegt die Bedeutung des Instruments für die Musikgeschichte.<br />
Im interaktiven Teil der Ausstellung gibt es zahlreiche Hörbeispiele<br />
in Ton und Bild – und nicht zuletzt Instrumente zum Ausprobieren.<br />
So lässt sich Musikgeschichte hautnah erleben!<br />
43<br />
Die 34 jungen Mitglieder des TJ-Ensembles wurden von den Gastfamilien<br />
herzlich aufgenommen. Am Samstag, dem Haupttag des<br />
4. Volkstanzfestivals in Novi Travnik, reisten 15 Gruppen, meist<br />
aus Bosnien oder Kroatien an. Mit einem großen Festzug durch<br />
die Stadt wurden die Gruppen vorgestellt, Volkstrachten und historische<br />
Musikinstrumente wurden bewundert. Das TJ-Ensemble<br />
mit Trachten aus verschiedenen Städten und Dörfern aus ganz Baden-Württemberg<br />
war der einzige internationale Gast, erhielt viel<br />
Beifall und wurde prompt von einer Gruppe zu deren Festival im<br />
Juni 2012 eingeladen. Beim Programm in der Stadthalle tanzte jede<br />
Gruppe ungefähr acht Minuten, nur die Gäste aus Schwaben 20<br />
Minuten. So viel herzlichen und spontanen Beifall habe man selten<br />
bekommen, erzählt Manfred Stingel begeistert, beim Webertanz<br />
habe es immer wieder Szenenapplaus gegeben. Nach Geschenk-<br />
und Urkundenübergabe und dem Abendessen gab es einen<br />
schwungvollen Tanzabend, der alle mitriss.<br />
Am Sonntag gab das TJ-Ensemble beim Volkskundemuseum, neben<br />
dem viele regionale Produkte auf einem Handwerkermarkt<br />
aufgebaut waren, in Novi Travnik eine Abschiedsvorstellung. Ein<br />
bosnisches Fernsehteam zeichnete den Auftritt auf.<br />
Annette Müller<br />
Haus der Volkskunst, Tel. 0 74 33 / 43 53,<br />
info@schwaben-kultur.de, www.schwaben-kultur.de