TIMSS 2007: Erste Ergebnisse - Bifie
TIMSS 2007: Erste Ergebnisse - Bifie
TIMSS 2007: Erste Ergebnisse - Bifie
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>TIMSS</strong> <strong>2007</strong>: <strong>Erste</strong> <strong>Ergebnisse</strong> 63<br />
groß. In Österreich äußern 75 % der Schüler/innen eine<br />
große Freude an Naturwissenschaft und 79 % großes Vertrauen<br />
in die eigenen Fähigkeiten. Beide Werte liegen über<br />
dem EU-Schnitt. Zwischen Mädchen und Buben sind keine<br />
nennenswerten Unterschiede zu beobachten.<br />
Chancengerechtigkeit<br />
Neben dem Leistungsniveau ist das Ergebnis eines Landes<br />
auch durch andere Merkmale zu beurteilen – unter anderem<br />
dadurch, wie gut es gelingt, benachteiligten Kindern<br />
durch erfolgreiche schulische Kompensation faire Chancen<br />
zu geben. Das zeigt sich etwa darin, wie gut Schülerinnen<br />
und Schülern aus bildungsfernen Schichten sowie Kindern<br />
mit Migrationshintergrund wesentliche Grundkompetenzen<br />
vermittelt werden.<br />
Allerdings ist bei 9-/10-Jährigen die Erfragung sozioökonomischer<br />
Daten nur sehr eingeschränkt möglich und bei<br />
<strong>TIMSS</strong> wird kein Elternfragebogen eingesetzt. Die Kinder<br />
wurden aber nach der Anzahl zu Hause vorhandener Bücher<br />
gefragt; ein Merkmal, das auf Grund der Erkenntnisse<br />
aus verschiedenen anderen Studien (z. B. PIRLS, PISA) gut<br />
als Indikator für die Bildungsnähe der Familie verwendet<br />
werden kann.<br />
Vergleicht man die Leistungen von Schülergruppen, die<br />
nach der Anzahl der zu Hause vorhandenen Bücher gebildet<br />
werden, zeigt sich, dass sich in allen Teilnehmerländern ein<br />
bildungsnahes Elternhaus günstig auf die Kompetenzen der<br />
Kinder auswirkt. Diesen Einfluss gering zu halten, gelingt<br />
in den verschiedenen Ländern aber unterschiedlich gut. Österreich<br />
gehört zu jenen Ländern, in denen die Leistungsunterschiede<br />
zwischen Kindern aus bildungsfernen und bildungsnahen<br />
Familien relativ groß sind. Schüler/innen aus<br />
Familien mit zumindest 100 Büchern im Haushalt erreichen<br />
im Mittel 53 Punkte mehr auf der Mathematikskala<br />
und 63 Punkte mehr in Naturwissenschaft als Kinder aus<br />
Familien mit wenig oder gar keinen Büchern (0–25 Bücher).<br />
Im EU-Schnitt trennen diese beiden Gruppen 50<br />
bzw. 54 Punkte, in dem europäischen Land mit dem geringsten<br />
Zusammenhang zwischen Bildungsnähe und Leistung,<br />
Italien, liegen 24 bzw. 33 Punkte zwischen diesen<br />
beiden Gruppen.<br />
Ein weiteres Kriterium für ein gutes Schulsystem ist die Vermittlung<br />
von grundlegenden Kompetenzen an Kinder mit<br />
Migrationshintergrund. In den europäischen Teilnehmerländern<br />
(mit einem Anteil an Migrantinnen und Migranten<br />
von über 10 %) sind deutliche Kompetenzunterschiede zwischen<br />
Kindern mit Migrationshintergrund und einheimischen<br />
Kindern zu beobachten. In Österreich erreichen die<br />
einheimischen Schüler/innen in Mathematik einen Mittelwert<br />
von 513 Punkten, Kinder der 2. Einwanderergeneration<br />
(Eltern im Ausland, Kind aber schon in Österreich geboren)<br />
erzielen mit einem Mittelwert von 477 um 36 Punkte<br />
weniger und die 1. Migrantengeneration (Eltern und Kind<br />
eingewandert) erreicht 462 Punkte und liegt damit um 51<br />
Punkte hinter den einheimischen Schülerinnen und Schülern.<br />
Ein ähnliches Bild, allerdings mit noch größeren Abständen,<br />
zeigt sich in Naturwissenschaft: Im Vergleich zu einem<br />
Mittelwert von 538 Punkten der Einheimischen erreicht die<br />
2. Generation einen Mittelwert von 476, also 61 Punkte<br />
weniger, und die 1. Generation 454 (84 Punkte weniger als<br />
die einheimischen Kinder).<br />
Kinder mit Migrationshintergrund (16 % der Population)<br />
sind in Österreich unter den Schülerinnen und Schülern<br />
mit sehr geringen Kompetenzen (auf und unter Kompetenzstufe<br />
1) sowohl in Mathematik (36 %) als auch in Naturwissenschaft<br />
(50 %) deutlich überrepräsentiert. Dennoch<br />
ist ein beträchtlicher Anteil der leistungsschwachen Schüler/innen<br />
einheimisch: in Mathematik sind etwa 2/3, in Naturwissenschaft<br />
etwa die Hälfte der leistungsschwachen<br />
Schüler/innen einheimisch.<br />
Rahmenbedingungen des Unterrichts<br />
Sowohl die Schüler/innen als auch die Lehrer/innen und die<br />
Schulleiter/innen wurden in den Fragebögen nach den Rahmenbedingungen<br />
des Unterrichts gefragt. Österreichische<br />
Schüler/innen bekommen im Vergleich zu jenen aus anderen<br />
Ländern häufige und lange Hausübungen in Mathematik,<br />
in Naturwissenschaft hingegen wenige, und wenn überhaupt<br />
meist kurze. Die Lerngruppen (Klassen) sind in<br />
Österreich im EU-Vergleich relativ klein (der Durchschnitt<br />
liegt bei 20,4 Kindern pro Klasse) und die Lehrer/innen<br />
nehmen vergleichsweise geringe Beeinträchtigungen des<br />
Unterrichts durch die Klassenzusammensetzung wahr. Die<br />
Arbeit der Lehrer/innen ist in den meisten EU-Ländern wenig<br />
von Kooperation und Zusammenarbeit geprägt, in Österreich<br />
ist dies besonders deutlich zu beobachten. Eine<br />
Beeinträchtigung des Unterrichts durch einen Mangel an<br />
Ressourcen wird von den österreichischen Schulleiterinnen<br />
und Schulleitern kaum festgestellt. Ein auffälliges Detail<br />
zeigt sich bezüglich der Ausstattung der Volksschulen mit<br />
Wissenschaftslaboratorien: Während in den führenden ostasiatischen<br />
Nationen Singapur und Taiwan fast 90 % der<br />
Schüler/innen Schulen besuchen, die mit solchen Labors<br />
ausgestattet sind, trifft dies in Österreich nur auf 1 % der<br />
Viertklässler/innen zu.<br />
In den nächsten Monaten werden sich Expertinnen und Experten<br />
aus Bildungsforschung, Fachdidaktik und Soziologie<br />
eingehend mit den Daten aus <strong>TIMSS</strong> <strong>2007</strong> beschäftigen.<br />
Dabei werden vor allem die Rahmenbedingungen des Unterrichts<br />
und Zusammenhänge mit den Schülerleistungen<br />
im Mittelpunkt des Interesses stehen sowie der detaillierte<br />
Vergleich der <strong>Ergebnisse</strong> zwischen 1995 und <strong>2007</strong>. Interessierte<br />
Leser/innen verweisen wir auf diesen Ende 2009 erscheinenden<br />
umfassenden Expertenbericht (Hinweise dazu<br />
finden Sie auf www.bifie.at).