Pfarrbrief 2013-06 - Kath-kirche-haan.de
Pfarrbrief 2013-06 - Kath-kirche-haan.de
Pfarrbrief 2013-06 - Kath-kirche-haan.de
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Wer kennt ihn nicht, <strong>de</strong>n Song<br />
von Reinhard Mey: „Über <strong>de</strong>n<br />
Wolken muss die Freiheit wohl<br />
grenzenlos sein”? Auf einem<br />
Flug über <strong>de</strong>n Atlantik, dreizehntausend<br />
Meter über <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>,<br />
zehn Stun<strong>de</strong>n in strahlen<strong>de</strong>r<br />
Sonne über <strong>de</strong>n Wolken, dachte<br />
ich, das sei so. Als aber an <strong>de</strong>r<br />
Südspitze Grönlands im Flugzeug<br />
Feuer ausbrach (zum Glück<br />
keine Panik), als Tonnen von<br />
Kerosin abgelassen wur<strong>de</strong>n, wir<br />
umkehren und in Island notlan<strong>de</strong>n<br />
mussten, da wusste ich, dass<br />
das mit <strong>de</strong>r grenzenlosen Freiheit<br />
wohl nicht stimmen konnte, nicht<br />
über <strong>de</strong>n Wolken und nicht dort<br />
unten auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>.<br />
Das Wort „Freiheit” wird -<br />
nicht erst seit <strong>de</strong>r französischen<br />
Revolution - genau wie<br />
„Gleichheit”, „Brü<strong>de</strong>rlichkeit”,<br />
„Frie<strong>de</strong>” o<strong>de</strong>r „Liebe” - rund um<br />
<strong>de</strong>n Globus immer und immer<br />
wie<strong>de</strong>r ge- und missbraucht. Der<br />
Mensch ist - sich selbst überlassen<br />
- zur Verwirklichung dieser<br />
I<strong>de</strong>ale nicht fähig, weil er Tag<br />
für Tag in einem Spinnennetz<br />
von Abhängigkeiten hängt. Und<br />
so ist es menschlich, dass die<br />
menschgedachte, -gemachte, -erklärte<br />
und -verklärte Freiheit <strong>de</strong>s<br />
Einen immer wie<strong>de</strong>r Grenzen hat<br />
Zum Thema<br />
Freiheit<br />
und zur Unfreiheit eines An<strong>de</strong>ren<br />
führt. Uns Älteren klingt noch<br />
<strong>de</strong>r Ruf nach Freiheit in <strong>de</strong>r ehemaligen<br />
DDR im Ohr. Für <strong>de</strong>ren<br />
Bürger war <strong>de</strong>r Westen Deutschlands<br />
„die Freiheit” schlechthin,<br />
in <strong>de</strong>r es alles gab, was man ihnen<br />
verweigerte. Den Versuch dorthin<br />
zu kommen bezahlten viele<br />
mit ihrem Leben. Doch als sich<br />
die Tore zur Freiheit öffneten,<br />
kamen häuig die Ernüchterung<br />
und Enttäuschung, dass die nicht<br />
so war wie erträumt. Ein Überluss<br />
an Konsumgütern, die Freiheit<br />
<strong>de</strong>r Re<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r Versammlung<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Reise sind nur periphere<br />
Freiheiten. Gesetzlich garantierte<br />
Freiheiten be<strong>de</strong>uten nicht, dass<br />
man alles tun und lassen, erwarten<br />
o<strong>de</strong>r for<strong>de</strong>rn kann. Wohlstand<br />
kann zu einer gewissen Zufrie<strong>de</strong>nheit<br />
fuhren, bringt aber nur<br />
eine sehr bedingte Freiheit. Mit<br />
Geld verbin<strong>de</strong>t man gerne die<br />
Freiheit, alles kaufen zu können,<br />
wonach einem <strong>de</strong>r Sinn steht.<br />
Doch die hört auf, wo die Macht<br />
<strong>de</strong>s Gel<strong>de</strong>s dazu dient, die Freiheit<br />
an<strong>de</strong>rer zu manipulieren, zu<br />
unterdrücken o<strong>de</strong>r gar zu kaufen.<br />
Die Re<strong>de</strong>freiheit hat ihre Grenzen,<br />
wo sie die Wahrheit verlässt<br />
o<strong>de</strong>r die Wür<strong>de</strong> an<strong>de</strong>rer verletzt.<br />
Die Freiheit über sich o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re<br />
zu verfügen hat dort ein En<strong>de</strong>,<br />
wo Leben gefähr<strong>de</strong>t o<strong>de</strong>r vernichtet<br />
wird.<br />
Freiheit ist mehr, braucht mehr.<br />
Sie braucht vor allem Gerechtigkeit.<br />
Deren Grundsubstanz ist<br />
die Wahrheit. Wo bei<strong>de</strong> fehlen,<br />
gibt es nirgendwo Freiheit. Jan<br />
Roß, Journalist <strong>de</strong>r „Zeit”, evangelischer<br />
Hamburger, wies in<br />
einer österreichischen Kirchenzeitung<br />
auf die enge Verbindung<br />
zwischen Freiheit und Religiosität<br />
hin: „Glaube kann nur in Freiheit<br />
ge<strong>de</strong>ihen. Er befreit von einer<br />
Fülle von Abhängigkeiten. Religion<br />
leistet nicht nur Wi<strong>de</strong>rstand<br />
gegen Tyrannen, son<strong>de</strong>rn inspiriert<br />
gegen politischen und gesellschaftlichen<br />
Konformismus.<br />
Sie repräsentiert und präsentiert<br />
die Erinnerung an eine an<strong>de</strong>re<br />
Dimension <strong>de</strong>r menschlichen<br />
Existenz. Der heutige Freiheitswahn<br />
und seine Freiheitskultur<br />
halten ständig eine Überfülle von<br />
Abhängigkeiten bereit.“ Je mehr<br />
er abhängig ist, <strong>de</strong>sto weniger ist<br />
<strong>de</strong>r Mensch frei. Wer nicht in <strong>de</strong>r<br />
wahren Freiheit <strong>de</strong>s Glaubens<br />
an einen allmächtigen Gott lebt,<br />
verliert über kurz o<strong>de</strong>r lang seine<br />
geistige und damit seine ganze<br />
innere und äußere Freiheit an die<br />
Pseudo-Freiheit dieser Welt.<br />
28