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Fatale Bilanz. Die LINKE fordert einen grundlegenden ...

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Im Blick: der Landtag<br />

in Saarbrücken<br />

(Rückseite) und<br />

die Saar bei Mettlach<br />

(Bild unten).<br />

Im Einsatz: Mario<br />

Bender, einer der<br />

vielen Aktiven im<br />

Landesverband.<br />

© Stefan Richter (3)<br />

gen. Und wenn der neue Mitglieder mitbringt ...« Ja, pflichtet<br />

ihm sein Gegenüber bei: Wir müssen die Organisation stark<br />

machen. Einiges habe man erreicht. Wer hätte denn gedacht,<br />

dass sie in kurzer Zeit auf 35 Mitglieder kommen könnten.<br />

Nur eben heute Abend, da sind sie bloß sieben. Eine Tagesordnung<br />

gibt es nicht, also auch kein Protokoll. Es wird<br />

wie gewünscht eine muntere Diskussion: über die guten<br />

Chancen der Partei, die Aufgaben, den Tagesausflug am 29.<br />

September (»Jeder ist gerne gesehen, ob Parteimitglied oder<br />

nicht!«), über Urteile in einem Kinderschänderprozess und<br />

den Soli-Zuschlag und eine Müllverbrennungsanlage. Nach<br />

75 Minuten bricht Mario auf, er muss zum nächsten Ortsverein<br />

(weil er neuerdings auch im Kreis Verantwortung trägt),<br />

der Mercedes fährt Richtung Saarbrücken.<br />

Der 41-Jährige besitzt seit 1995 eine Abrissfirma. Unternehmer<br />

zu sein und sozial gerecht, das ist für ihn kein Widerspruch.<br />

»<strong>Die</strong> Leute sollen von ihrem Lohn leben können.«<br />

Deswegen unterstützt er die Forderung nach einem gesetzlichen<br />

Mindestlohn. Im Baugewerbe gibt’s den ja, und Mario<br />

zahlt ihn; mehr sei ihm nicht möglich, reich werde er nicht.<br />

Zehn Stunden vorher ging’s rund in der Dudweiler Straße<br />

51. Vorn ein Wahlkreisbüro, hinten Arbeitsplätze und Lagerflächen<br />

der Landesgeschäftsstelle. Letzte Vorbereitungen für<br />

den Gründungsparteitag. Thomas Lutze, viele Jahre bewährter<br />

Geschäftsführer mit Überblick, bringt vormittags noch die Daten<br />

für <strong>einen</strong> Flyer in die Druckerei und holt 200 rote Regenschirme<br />

von einer Werbefirma. Auf der Rücktour kurzer Halt<br />

in der »Heißen Theke« in Bildstock, einem Ortsteil von Friedrichsthal.<br />

Peter Sebastian verkauft hier üblicherweise selbst<br />

gemachten Wurstsalat, Kaffee, Bier und ein paar Lebensmittel<br />

und lagert derzeit Material für <strong>einen</strong> Wahlkampf. Denn in<br />

Friedrichsthal wird ein neuer Bürgermeister gesucht, und die<br />

<strong>LINKE</strong> hat <strong>einen</strong> Kandidaten: Jürgen Trenz. Am 16. September<br />

ist Wahltag.<br />

An diesem Tag wird von der Heißen Theke aus das Wahltaxi<br />

starten. Wahltaxis müssen eine saarländische Spezialität<br />

sein: <strong>Die</strong> Parteien bieten <strong>einen</strong> Fahrdienst für Wähler an<br />

– in der Hoffnung auf deren Stimmen. Viele nutzen das gern<br />

– und machen ihr Kreuz dann doch bei einer anderen Partei,<br />

erklärt Thomas wissend.<br />

In der Dudweiler Straße werden Fernsehleute erwartet, also<br />

noch mal geguckt, was bildmäßig wirkt. Wie so oft legt<br />

Ewa Tröger mit Hand an. Sie stammt aus Thüringen und folgte<br />

2001 ihrer Tochter und deren Familie als gute Fee an die Saar.<br />

Seit Jahren kümmert sie sich um die Finanzen der Partei und<br />

alles, was anfällt. Es fällt viel an.<br />

Mario Bender kommt gleichfalls vorbei. Und Hans-Kurt<br />

Hill. Er ist Bundestagsabgeordneter und war Chef der PDS im<br />

Land. Wie ging’s für ihn los? »1998 fragte ich mich, wen ich<br />

wählen soll. Nach der zweiten, dritten Einladung vom PDS-<br />

Landesvorstand ging ich hin.« Bald wurde er Landesvorsitzender.<br />

»Im Schnitt waren wir 120. Man kannte alle, zumindest<br />

die aktiven.« Inzwischen steht die <strong>LINKE</strong> bei 1.730 Mitgliedern,<br />

bis Jahresende soll eine »2« vorn stehen. Ein Drittel<br />

gehörte früher zur WASG, ein Drittel zur PDS, der Rest war in<br />

der SPD, der CDU, bei den Grünen oder in überhaupt keiner<br />

Partei. Hills Freude über diesen Weg klingt leise, aber deutlich.<br />

<strong>Die</strong> Kolleginnen vom Saarländischen Rundfunk treffen ein.<br />

Zunächst ein paar »Arbeits-«Bilder hinten, dann Interviews<br />

vorn. Was sie sich von der <strong>LINKE</strong>N erhoffe, wird Ewa Tröger gefragt<br />

– »Ich will darauf achten, dass wir nicht eine zweite Sozialdemokratie<br />

werden.«<br />

Neben ihr sitzt ein (ehemaliger) Sozialdemokrat: Jürgen<br />

Trenz, 55. Nach zig Jahren verließ er 2005 die SPD: »Da war<br />

auch Wut: Mein Vater war Betriebsratsvorsitzender und hat<br />

das soziale System mit aufgebaut. Und ausgerechnet unter<br />

der SPD-Führung wird das kaputt gemacht!« Von der Fernsehfrau<br />

angesprochen auf erste Austritte aus der <strong>LINKE</strong>N, entgegnet<br />

Trenz ruhig: »In keiner Partei geht es reibungslos zu.<br />

Entscheidend ist, in welchem Stil man die Auseinandersetzung<br />

führt.«<br />

Das Saarland wurde vor 50 Jahren Bundesland. Zu diesem<br />

Jubiläum gab’s eine extra Internetseite (www.50jahresaarland.de),<br />

in der Sätze zu lesen sind wie: »Das Saarland<br />

ist von der Natur reich ausgestattet und überschaubar; die<br />

Saarländer (sind) weltoffen und lebensfroh. Das hatten in<br />

früheren Zeiten schon Preußen, Bayern und die benachbarten<br />

Franzosen erkannt. Achtmal wechselte das Land in 200<br />

REPORTAGE<br />

DISPUT September 2007 026

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