Möglichkeiten und Grenzen von UN-Sanktionen - Geschwister ...
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2 <strong>UN</strong>-<strong>Sanktionen</strong> als Instrument der kollektiven Friedenssicherung<br />
2.1 Zum Sanktionsbegriff<br />
Nichtmilitärische <strong>Sanktionen</strong> nach Artikel 41 der <strong>UN</strong>-Charta gelten als eines der Mittel im<br />
Instrumentarium zur kollektiven Friedenssicherung, zu denen der Sicherheitsrat greifen kann.<br />
Der Begriff „Sanktion“ taucht allerdings weder in Artikel 41 noch an einer anderen Stelle der<br />
<strong>UN</strong>-Charta auf. 24 Vermutlich ist dies auf den mit dem Begriff der Sanktion konnotierten<br />
Strafcharakter zurückzuführen. 25 Geoff Simons sieht die Funktion <strong>von</strong> <strong>Sanktionen</strong><br />
hauptsächlich als Form der Bestrafung: „A sanction [...], is generally intended to serve as a<br />
form of punishment, a practical signal that the targeted state is manifestly derelict in its<br />
ethical or legal behaviour.” 26 Es sei gleich, ob Staaten konzertiert über internationale Organe<br />
oder unilateral agieren, in allen Fällen seien <strong>Sanktionen</strong> synonym mit einer “bestrafenden<br />
Sanktion”. Von soziologischer Warte gesehen sind <strong>Sanktionen</strong> aber nicht ausschließlich<br />
negativ besetzt, sondern sollen „gewünschtes, normkonformes Verhalten [...] erzielen <strong>und</strong><br />
Abweichung unterbinden“ 27 . Hier ist also auch eine Art Belohnung als Reaktion, eine so<br />
genannte positive Sanktion, denkbar. Im völkerrechtlichen Sprachgebrauch wird dagegen als<br />
Sanktion ausschließlich eine Zwangsmaßnahme verstanden, mit der ein Völkerrechtssubjekt<br />
auf das Verhalten eines anderen Völkerrechtssubjekts reagiert. 28 Logisch ergibt sich daraus<br />
auch das Bestreben, die Politik dieses Völkerechtsubjekts so zu beeinflussen, dass es seine<br />
Haltung ändert. Somit ist die negative Komponente <strong>von</strong> <strong>Sanktionen</strong>, die auch durch das<br />
Synonym „Zwangsmaßnahme“ vermittelt wird, nicht <strong>von</strong> der Hand zu weisen. Was aber das<br />
Hauptanliegen bei nichtmilitärischen <strong>Sanktionen</strong> des Sicherheitsrates sein soll, ist die<br />
Wiederherstellung des Friedens, <strong>und</strong> nicht die Bestrafung an sich. Vorwiegend ist <strong>von</strong><br />
Bedeutung, dass das Objekt der <strong>Sanktionen</strong> sein Verhalten ändert. Somit führt ein Betonen<br />
das Strafaspektes wie bei Simons in die Irre: Strafe stellt kein eigenständiges Ziel staatlichen<br />
Handelns dar. 29 Zudem ist es falsch, gar einen Vergeltungsgedanken aus <strong>UN</strong>-<strong>Sanktionen</strong><br />
herauszulesen. <strong>UN</strong>-Maßnahmen sind nicht – wie eine staatliche Strafe – rückwartsgewandt.<br />
Sie knüpfen auch nicht an einen vergangenen Sachverhalt an, sondern an einen<br />
fortbestehenden. Der Sicherheitsrat legt in seinen Entscheidungen Maßnahmen fest, die zur<br />
Wiederherstellung <strong>und</strong> Wahrung des Friedens erforderlich sind. Dagegen soll eine Strafe<br />
gemäß Strafrecht eine Antwort auf das verschuldete Unrecht geben, die diesem gleichwertig<br />
24 Allerdings wird er in anderen <strong>UN</strong>-Dokumenten verwendet, wie z.B. den Berichten des Generalsekretärs.<br />
25 Vgl. Lapidoth, Ruth: Some Reflections on the Law and Practice Concerning the Imposition of Sanctions by the<br />
Security Council, in: Archiv des Völkerrechts, Bd. 30, 1992, S. 114-127, S. 114-116.<br />
26 Simons, Geoff: Imposing Economic Sanctions. Legal Remedy or Genocidal Tool?, London/Sterling 1999, S. 9 f.<br />
Hervorhebung im Original.<br />
27 Lamnek, Siegfried: Sanktion, in: Endruweit, Günter/Trommsdorff, Gisela: Wörterbuch der Soziologie, Stuttgart,<br />
²2002, S. 464.<br />
28 Vgl. Weber, Klaus (Hrsg.): Creifelds Rechtswörterbuch, München 18 2004, S. 1132 f.<br />
29 Vgl. Starck, Dorothee: Die Rechtmäßigkeit <strong>von</strong> <strong>UN</strong>O-Wirtschaftssanktionen in Anbetracht ihrer Auswirkungen<br />
auf die Zivilbevölkerung, Berlin 2000, S.73 f.