Möglichkeiten und Grenzen von UN-Sanktionen - Geschwister ...
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Papier <strong>und</strong> Druckerschwärze, nur das staatliche Fernsehen verfügte über<br />
Produktionsausrüstung <strong>und</strong> nur Milosevics Sozialistische Partei hatte die Mittel für<br />
Propaganda. Unabhängige regimekritische Medien konnten aufgr<strong>und</strong> der <strong>Sanktionen</strong> auch<br />
keine Hilfen <strong>von</strong> internationalen Organisationen empfangen. Als Folge der <strong>von</strong> Milosevic<br />
verbreiteten Argumentation fühlte sich die Mehrheit der Bürger als Opfer einer Aggression<br />
der Weltgemeinschaft. 204<br />
Der Irak stellt das eklatanteste Beispiel für die Ausnutzung des Wagenburg-Effektes dar, weil<br />
Saddam Hussein <strong>und</strong> seine Regierung die <strong>Sanktionen</strong> auf besonders erschreckende Weise<br />
für eigene Propagandazwecke missbrauchten. Als Reaktion auf bis zum Spätsommer 1991<br />
erschienene Berichte über die sich verschlimmernden Bedingungen unter der<br />
Zivilbevölkerung verabschiedete der Sicherheitsrat am 15. August 1991 Resolution 706,<br />
welche dem Irak den begrenzten Verkauf <strong>von</strong> Öl für den Wert <strong>von</strong> 1,6 Milliarden US-Dollar<br />
innerhalb einer Zeitspanne <strong>von</strong> sechs Monaten gewährte. 205 Die Verkaufserlöse sollten auf<br />
ein Treuhandkonto der <strong>UN</strong> fließen <strong>und</strong> gemäß einer spezifizierten Aufteilung für<br />
verschiedene Aufgaben verwendet werden, hauptsächlich für den Kauf <strong>und</strong> Transport<br />
humanitärer Hilfsgüter. Doch der Irak verweigerte eine Annahme <strong>von</strong> Resolution 706 mit der<br />
Begründung, der vorgeschlagene Hilfsmechanismus stelle eine Verletzung der irakischen<br />
Souveränität dar. Ein Vorschlag des Sicherheitsrates durch Resolution 712, auch<br />
eingefrorene irakische Vermögen ausschließlich für humanitäre Zwecke in das<br />
Treuhandkonto einfließen zu lassen 206 , erwirkte keine Zustimmung durch die irakische<br />
Regierung. 207 Die Hungersnöte, die sich durch Verweigerung der Resolutionen 706 <strong>und</strong> 712<br />
verschärften, werden generell als <strong>von</strong> der irakischen Regierung absichtlich forciert gesehen.<br />
Der Irak hielt humanitäre Lieferungen bewusst zurück, um den Eindruck zu erwecken, dass<br />
die Bevölkerung durch die internationalen <strong>Sanktionen</strong> gefährdet würde. 208 Zudem arbeitete<br />
die Regierung sorgfältig daran, ihre Ressourcen an ihre engsten Unterstützer zu lenken.<br />
Mitglieder der Baath-Partei <strong>und</strong> Saddam Hussein nahestehende Armeeoffiziere, höhere<br />
Beamte <strong>und</strong> Sicherheitskräfte erfuhren eine bevorzugte Behandlung, während der kurdisch<br />
dominierte Norden <strong>und</strong> die vorwiegend schiitische Bevölkerung im Süden unter gewaltsamen<br />
Repressalien zu leiden hatten. Wie im Fall Jugoslawien profitierten Loyalisten vom<br />
florierenden Schwarzhandel knapper oder verbotener Güter. Somit waren die sich stark<br />
vergrößernden ärmsten Schichten der irakischen Gesellschaft damit beschäftigt,<br />
204 Vgl. Devin/Dashti-Gibson, a.a.O., S. 180 f., <strong>und</strong> Licht, a.a.O., S. 158.<br />
205 Vgl. S/RES/706 vom 15.08.1991, Ziffer 1.<br />
206 Vgl. S/RES/712 vom 19.09.1991, Ziffer 8.<br />
207 Vgl. Oette, Vereinbarkeit, a.a.O., S. 62-64.<br />
208 Vgl. Reuther, David E.: <strong>UN</strong> Sanctions Against Iraq, in: Cortright/Lopez (Hrsg.): Economic Sanctions, a.a.O.,<br />
S.121 – 139, S.127.