Arbeitspapiere - Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft ...
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ihre privilegierte Stellung zu legitimieren. Allein die USA, Russland, Deutschland, Frankreich,<br />
Großbritannien und Japan kommen <strong>für</strong> zwei Drittel des regulären Haushalts auf. 32 Die institutionelle<br />
Dominanz der kerntechnisch entwickelten Staaten innerhalb der IAEO und damit<br />
letztendlich von Staaten die in ihrer überwiegenden Mehrheit der nördlichen Hemisphäre<br />
zuzuordnen sind, ist konstitutiv <strong>für</strong> die Konflikte in der Organisation. Die fortgeschrittenen<br />
Nuklearstaaten haben historisch betrachtet die Agenda der IAEO beherrscht. Im Hinblick auf<br />
das Aufgabenspektrum der Behörde kam und kommt dies in einer Präferenz <strong>für</strong> die Safeguards-Programme<br />
zum Ausdruck. Gleichzeitig liegt das primäre Interesse der nuklearen Entwicklungsländer<br />
an der IAEO in der technischen Hilfe <strong>für</strong> ihre Atomprogramme, also der<br />
zweiten zentralen Funktion der Organisation. Ein ständiger, bis zum heutigen Tage virulenter<br />
Konflikt um die Ausgewogenheit dieser beiden Organisationsziele ist die Folge. Dabei unterstellen<br />
die Entwicklungsländer den technologisch fortgeschrittenen Ländern eine einseitige<br />
Bevorzugung von Sicherungsmaßnahmen zuungunsten der Programme <strong>für</strong> technische<br />
Hilfe. Eine gewisse Ausgeglichenheit bei der Finanzierung von Safeguards und technischer<br />
Hilfe ist mithin eine wichtige politische und symbolische Frage <strong>für</strong> den Konsenserhalt innerhalb<br />
der Organisation. Die beschriebene Auseinandersetzung ist Kern einer latenten Nord-<br />
Süd-Polarisierung in der IAEO. 33<br />
Insgesamt gilt es festzuhalten, dass die IAEO in ihrer Geschichte einen gewissen Wandel<br />
durchgemacht hat: von einem „technischen Sekretariat“ 34 , das, so könnte man es ausdrücken,<br />
eher auf Harmonie bedacht war und politische Themen am liebsten außen vor ließ, zu<br />
einer Organisation, die zumindest implizit (welt-)politische Konflikte, siehe Nordkorea und<br />
Iran, zu bearbeiten hat und folglich auch vermehrt zur Arena politischer Konfrontationen wird.<br />
2.2.3 Bedeutungszuwachs der IAEO durch den Atomwaffensperrvertrag<br />
Die IAEO erfuhr mit der Etablierung des Atomwaffensperrvertrages eine enorme Aufwertung<br />
ihrer Daseinsberechtigung. Die Behörde avancierte nun zur Vertrags- und Überwachungsorganisation<br />
eines der wichtigsten internationalen Vertragswerke im Bereich globaler Friedensund<br />
Sicherheitspolitik. Die Organisation war fortan offiziell mit der Verifikation der Nichtverbreitungsnorm<br />
des Vertrages beauftragt. Der NVV als das zentrale Instrument des Nichtverbreitungsregimes<br />
half der IAEO, ihren Nichtverbreitungsauftrag von hieran ernsthaft zu<br />
verfolgen. In den Zeiten vor dem Inkrafttreten des NVV besaß die IAEO zwar auch ein Kontroll-<br />
und Verifikationsmandat im Bereich der Nukleartechnologie. Dieses galt aber nur im<br />
Hinblick auf bilaterale Abkommen, zumeist zwischen den Vereinigten Staaten als Lieferland<br />
von Nukleartechnologie und den jeweiligen Empfängerländern. Das Mandat der IAEO lautete,<br />
einen Missbrauch der (von den USA) gelieferten Technologie <strong>für</strong> militärische Zwecke zu<br />
32 Vgl. Andersen/Woyke, Handwörterbuch Internationale Organisationen, 1995, S. 156.<br />
33 Vgl. Scheinman, Die Rolle der Internationalen Atomenergiebehörde bei der Nichtweitergabe von Kernwaffen,<br />
1988, S. 43ff.<br />
34 Vgl. Gröning/Rudischhauser, Die Organe der IAEO, 2007, S. 32.