Arbeitspapiere - Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft ...
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kels wird festgelegt, dass IAEO-Safeguards „bei allen friedlichen nuklearen Tätigkeiten, die<br />
im Hoheitsgebiet dieses Staates“ stattfinden, Anwendung finden. Vor diesem Hintergrund<br />
spricht man von „umfassenden Safeguards“, waren IAEO-Kontrollen nach INFCIRC/66 letztlich<br />
nur <strong>für</strong> importierte Nuklearanlagen und –material vorgesehen.<br />
Diese Prinzipien einer Anwendung von Kontrollmaßnahmen auf sämtliches Kernmaterial im<br />
Gebiet eines Staates wurden dann auch ausdrücklich im Safeguards-Modellabkommen<br />
INFCIRC/153 niedergelegt, das schließlich in der Folge als Blaupause <strong>für</strong> alle bilateralen<br />
Safeguardsabkommen zwischen den NVV-Mitgliedsstaaten und der IAEO diente. Des Weiteren<br />
verpflichtet INFCIRC/153 die Staaten ein nationales Erfassungs- und Kontrollsystem <strong>für</strong><br />
sein Nuklearmaterial einzurichten. Die Befunde dieses Systems sollen dann von der IAEO<br />
verifiziert werden. Das klassische Safeguardssystem unterscheidet zwischen Ad-hoc-<br />
Inspektionen, Routineinspektionen und Sonderinspektionen, wobei insbesondere die so genannten<br />
Sonderinspektionen auf dem Papier sehr weitreichende Rechte <strong>für</strong> die IAEO-<br />
Inspektoren vorsehen. Sie ermöglichen das Einfordern zusätzlicher Informationen jenseits<br />
der übermittelten Berichte und sehen auch Inspektionen an nicht offiziell deklarierten Orten<br />
vor. In der Praxis spielten sie gleichwohl kaum eine Rolle. Im Zusammenhang der klandestinen<br />
Nuklearaktivitäten des Irak und Nordkoreas Anfang der 1990er Jahre erlebte die Debatte<br />
um dieses Instrument gleichwohl eine Renaissance. Das Instrument der Sonderinspektionen<br />
war jedenfalls Ausgangspunkt <strong>für</strong> die Reformdebatte und den Prozess zur Verbesserung der<br />
Safeguards im letzten Jahrzehnt.<br />
2.3.2 Kritik an den klassischen Safeguards und das IAEO-Zusatzprotokoll<br />
Vor allem die Aufdeckung des militärischen Parallelprogramms des Irak im Zuge der Waffeninspektionen<br />
nach dem 2. Golfkrieg warf ein Schlaglicht auf die Defizite des klassischen Safeguardsmodells<br />
und entfachte eine Debatte über die Wirksamkeit und notwendige Verschärfungen<br />
der Safeguards. Die Kritik an INFCIRC/153 zielte im Wesentlichen auf folgende Unzulänglichkeiten<br />
des klassischen Safeguardskonzepts ab 44 : Wesentlicher Gedanke dieses<br />
Verifikationsmodells war und ist es, einerseits ein hohes Maß an Effektivität zu gewährleisten,<br />
gleichzeitig aber die Kosten niedrig zu halten und nur wenige externe Eingriffe in den<br />
Betriebsablauf von nuklearen Anlagen zuzulassen. Darauf drängten bei der Etablierung des<br />
NVV nicht zuletzt Deutschland und Japan, die Wettbewerbsverzerrungen im Vergleich etwa<br />
mit den USA be<strong>für</strong>chteten, das als offizieller Kernwaffenstaat nach dem NVV seine Nuklearanlagen<br />
keinen Safeguards zu unterwerfen hatte. Die Kontrolle des Spaltstoffflusses steht<br />
dabei im Mittelpunkt dieser Konzeption. „An bestimmten strategischen Punkten“ nuklearer<br />
Anlagen, wie es im NVV heißt, soll diese Kontrolle ausgeübt werden. Herausragendes In-<br />
44 Vgl. zu den allgemein konstatierten Defiziten des klassischen Safeguardsmodells Fischer/Stein, Stand und<br />
Perspektiven der Bemühungen um die Verschärfung der IAEA-Safeguards, 1994, S.287ff; Liebert/Kalinowski,<br />
Safeguards und Verifikation der Nichtverbreitung von Kernwaffen, 1994, S. 24ff; Fischer, Nuclear Non-<br />
Proliferation and Safeguards, 2000, S. 11ff; Schriefer, Die Eckpfeiler des Safeguardssystems, 2007, S. 78ff.